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0827 - Der Rosenfluch

0827 - Der Rosenfluch

Titel: 0827 - Der Rosenfluch
Autoren: Jason Dark
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haben.« Ich blieb bei meiner Lüge, und Iris hob die Schultern.
    »Ja, kann auch sein.«
    »Und wo stand der Mann mit den Blumen? Wie ich sehe, ist er nicht hier, meine Liebe.«
    Iris kam auf mich zu. Ich sah ihr Gesicht und auch das auf ihm liegende Lächeln. »Jetzt habe ich Zeit, John. Er war hier, aber nicht an dieser Stelle.«
    »Verstehe, wir müssen noch weiter gehen.«
    »Aber nicht mehr weit.«
    »Dann geh mal vor.«
    Das tat sie jedoch nicht, sondern sprach davon, dass man noch in die Ruine hineinklettern konnte. Man musste durch ein Fenster klettern, was auch viele taten, wie sie mir glaubhaft versicherte. »Da hast du dann den besten Ausblick.«
    »Aus dem Fenster?«
    »Auch. Aber davor ist ein kleiner Balkon.«
    »Stand dort der Mann mit den Rosen?«
    »Nein, da doch nicht.« Sie schüttelte den Kopf, kümmerte sich nicht mehr um mich und ging vor.
    Ich folgte ihr. Wir gingen um eine mächtige, aber unterschiedlich hohe Mauer herum auf die andere Seite der Burg zu, wo unser Blick nach Westen, in die Wachau hineinfallen würde und bei klarem Wetter auch bis weit in das Waldviertel.
    Das war bei diesem Licht nicht zu sehen. Stattdessen sahen wir den dunklen Himmel über uns, schimmernde Sterne, die wie Diamantensplitter grüßten, und einen Mond, der sehr blass, aber auch scharf in seinem Umriss auf uns niederschaute.
    Wir mussten beide Acht geben, dass wir auf dem glatten Boden nicht ausrutschten oder stolperten. Das Mädchen steckte es locker weg. Ich folgte seinem Umriss und sah plötzlich, dass es verschwunden war. Einfach nach rechts weggetaucht, wo ich weiterhin den mächtigen Umriss der alten Mauer sah.
    Ich ging Iris nach, gelangte in einen ehemaligen Raum, der allerdings jetzt zur Hälfte zerstört war.
    Rechts und links standen alte Mauerstücke. Vor uns nicht. Da war der Blick frei, und er flog dorthin, wo sich die Berge wie vereiste Wellen abzeichneten, die jemand schwarz angestrichen hatte.
    Das aber interessierte mich nicht. Ich war froh darüber, dass noch etwas Helligkeit in diesen nach vorn hin offenen Raum hineinfiel, denn so konnte ich sehen, dass Iris und ich nicht allein waren. Eine dritte Person befand sich in unserer Nähe.
    Ihr Gesicht sah ich nicht. Der Mann hatte uns den Rücken zugedreht. Er trug einen langen Mantel, der ihm bis zu den Knöcheln reichte und sich von dem Grau der Umgebung kaum abhob. So wirkte er auf mich wie ein düsteres Gespenst.
    Das musste der geheimnisvolle Rosenverkäufer sein. Auch Iris sagte kein Wort. Sie deutete mit dem Finger auf den Rücken des Mannes und dann schräg nach unten.
    Ich folgte der Bewegung. Dort stand so etwas wie eine kleine Wanne oder ein übergroßer Eimer. Sicherlich zur Hälfte mit Wasser gefüllt, was nicht weiter wichtig war, denn über den Rand hinweg schauten die Blüten zahlreicher Rosen.
    Kaum hatte ich daran gedacht, da spürte ich schon den Duft, der mir entgegenwehte.
    Rosenduft?
    Im Prinzip schon, aber trotzdem anders, denn diese Rosen rochen unwahrscheinlich intensiv, viel stärker als im Sommer, wenn die Rosen voll erblüht waren.
    Diese standen noch in einer dichten Pracht, aber ihr Aroma erinnerte mich an eine faulige Umgebung. An den Friedhof im November, an eine sterbende Natur, die nicht mehr bereit war, sich wieder zur vollen Blüte zu erheben.
    Der Mann rührte sich nicht von der Stelle. Er schien mit dem Erdboden verwachsen zu sein, er tat nichts. Für mich sah er aus, als würde er nicht einmal atmen.
    Ich bewegte mich auf ihn zu. Dabei achtete ich darauf, so wenig Geräusche wie möglich zu verursachen. Ich wollte ihn möglichst leise erreichen, aber Iris winkte heftig ab. Sie wollte das Kommando übernehmen. Ich ließ sie.
    Dabei schaute ich zu, wie sie tief Luft holte. Dann sprach sie mit leiser Stimme und in ihrer Heimatsprache, die der fremde Rosenmann wohl verstand.
    »Ich bin wieder da. Erinnerst du dich noch?«
    Der Mann nickte. »Freust du dich?«
    Diesmal gab er eine Antwort, aber anders, als ich sie erwartet hatte. Er seufzte schwer, als würde er alles Leid der Welt auf seinen Schultern tragen.
    Ich stand da, schaute und hörte zu. Dabei fühlte ich mich, als würde man mich aus der Realität herausreißen und in eine andere Welt zerren, die nicht zu meiner passte. Es war alles so unwirklich, als hätte sich die Normalität in Träumen verloren.
    »Willst du mich nicht sehen?«
    Der Mann hob die Schultern.
    Kinder können manchmal Geduld haben. Dann gingen sie zumeist den Erwachsenen auf die
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