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0827 - Der Rosenfluch

0827 - Der Rosenfluch

Titel: 0827 - Der Rosenfluch
Autoren: Jason Dark
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denn über den Himmel hinweg schoben sich die ersten Schatten wie lange Wände, um die Helligkeit zu vernichten.
    Die Luft war klar und kühl. Ich schmeckte keinen Abgasgeruch. Eine Wohltat zu der Luft, die ich aus London gewohnt war. Eigentlich hätte mich so etwas wie eine Urlaubsstimmung ergreifen können, was allerdings nicht der Fall war, wenn ich an Iris dachte.
    Sie war schon weiter gelaufen. Ich sah sie nicht mehr, aber ich hörte ihre Stimme. »John, wo bist du?«
    »Keine Sorge, ich komme.«
    »Gleich wird es dunkel.«
    »Das weiß ich.«
    Iris wartete an der nächsten Kurve auf mich. Sie hatte sich breitbeinig auf einen mächtigen Stein gestellt, hielt den Kopf gesenkt und schaute mir entgegen.
    Ich blickte in ihr Gesicht. Die Augen glänzten, als hätte sie eine bestimmte Sorte von Tropfen hineingeträufelt. Sie war völlig aus dem Häuschen und rief: »Ist das nicht toll hier?«
    »Ja, recht nett.«
    »Nein, das ist toll.«
    »Okay, toll. Aber wie weit müssen wir denn noch laufen, Iris?«
    »Nicht mehr lange. Ein paar Kurven, und wir sind da.«
    Dem traute ich nicht so recht. Die paar Kurven waren zwar vorhanden, aber die Strecke bis zum höchsten Punkt der Ruine zog sich noch hin. Es war eben wie so oft. Wer einen Weg, den er nicht kennt, hochsteigt, der steigt und steigt, und hat das Gefühl, der Weg wird nie ein Ende nehmen.
    Iris schwitzte nicht einmal. Mir dagegen stand der Schweiß auf der Stirn.
    Hin und wieder gönnte ich mir einen Blick auf das Donautal. Über dem Fluss schwammen bereits die ersten Schatten.
    Die Hügel verschwanden in einem leichten Dunst. Auch sie hatten ihre Farbe verändert. Sie sahen aus wie graue Buckel, und ich konnte mich beinahe fühlen wie in einer Dino-Welt, wären da nicht die vielen Lichter gewesen, die in den Tälern leuchteten, wo sich die kleinen Wachau-Weinorte befanden.
    Auf den Straßen bewegten sich die Fahrzeuge. Ihre Glotzaugen wanderten schnell weiter und stachen mit langen, hellen Bahnen in die anbrechende Dämmerung hinein.
    »John…«
    Die Stimme des Mädchens klang fern. Ich rief zurück. »Wo bist du denn, Iris?«
    »Schon da.«
    »Und ich bin hier!«
    »Kommst du?«
    »Ja!«
    »Nun geh schon weiter, alter Mann!«
    Ich schnellte herum und sah eine schattenhafte Gestalt hinter einem Baum hervortreten. Es war mein Freund Suko, der mir locker zuwinkte. Ich freute mich darüber, dass er mir auf den Fersen geblieben war, und er hatte sich dabei wirklich lautlos bewegt.
    »Alles klar?« fragte ich ihn.
    »Bis jetzt schon.«
    »Okay, ich gehe den letzten Rest.«
    Suko nickte. »Iris scheint den Mann mit den Rosen noch nicht gefunden zu haben. Sonst hätte sie dir Bescheid gegeben.«
    »Falls er dort wartet.«
    Suko hob den rechten Daumen und wartete, bis ich hinter der nächsten Kurve verschwunden war.
    Riesige Steine häuften sich zu beiden Seiten des Wegs. Kolosse, die in der grauen Dämmerung richtig gefährlich wirkten. Spielzeug für Riesen in einem märchenhaften Land. Und märchenhaft sah die Umgebung schon aus.
    Es war still, ich hörte nur meine eigenen Tritte. Das Knistern, wenn ich Laub zertrat, das Schleifen der Sohlen über Steine, den leicht keuchenden Atem, und ich hörte wieder die Stimme des Mädchens. »Du bist aber langsam, John.«
    »Nein, nein, ich bin schon fast da.«
    Ein Irrtum, wie ich sehr bald feststellte. Es dauerte seine Zeit, bis ich all die Kehren überwunden hatte. Natürlich sah ich schon die Reste der Burg und wunderte mich über die dicken Mauern, die trotz allem noch stehen geblieben waren.
    Sie wirkten auf mich wie riesige Klötze, als wollten sie das Gelände noch heute gegen irgendwelche Angreifer verteidigen. Bäume wuchsen hier nicht mehr, nur Sträucher und Unkraut. Der leise Wind spielte mit den Zweigen. Über mir hatte der Himmel eine dunkle Färbung angenommen, die allerdings an einigen Stellen aufgerissen war, denn dort leuchtete noch der hellere Hintergrund durch.
    Auf einem von einer halbrunden Mauer umgebenen Platz blieb ich stehen. Der Platz war leer und gleichzeitig ein idealer Aussichtspunkt. Im Sommer und bei schönem Wetter wimmelte es hier sicherlich von Besuchern. Zu dieser Zeit stand nur eine Person dort - Iris.
    Sie klatschte in die Hände, als ich stehen geblieben war. »Endlich bist du hier, John, das hat lange gedauert.«
    »Ich bin eben nicht so schnell wie du.«
    »Ha, das glaube ich nicht. Aber du hast mit jemandem gesprochen.«
    »Wie?«
    »Ich habe es gehört.«
    »Du musst dich geirrt
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