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0827 - Der Rosenfluch

0827 - Der Rosenfluch

Titel: 0827 - Der Rosenfluch
Autoren: Jason Dark
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einen sehr außergewöhnlichen Fall zusammen erlebt und gemeistert hatten.
    Ich ging deshalb auf ihn zu, damit er einen Blick in mein Gesicht werfen konnte.
    »Erkennen Sie mich nicht, Professor?«
    Müde hob er seinen rechten Arm, wischte durch das zerfurchte Gesicht und strich seine grauweißen Haare zurück, deren untere Spitzen zu Strähnen auseinander liefen. »Ja, doch, ich – ich habe Sie schon gesehen. Es ist lange her.«
    »Sicher.«
    »John Sinclair, nicht?«
    »Sehr gut.«
    Chandler nickte. »Viel Zeit ist verstrichen. Es sind seltsame und rätselhafte Dinge geschehen. Obwohl ich lebte, habe ich es vergessen, John.«
    »Wie soll ich das verstehen?«
    Er hob die Schultern. »Es ist alles vorbeigerauscht…«
    »Und Sie haben Ihre Forschungen eingestellt?« erkundigte ich mich.
    Chandler überlegte und suchte nach einer Antwort. »Nein, das nicht. Ich habe immer weiter geforscht, denn ich wollte tiefer in die richtigen Geheimnisse dieser Welt eindringen. Sie wissen ja, wie sehr mich die Vergangenheit fasziniert hat.« Mit jedem Wort, das er sagte, kehrte wohl ein Teil seiner Erinnerung zurück. »Sie hat mich fasziniert, so sehr, dass ich von ihr besessen wurde und viele Dinge übersah.« Er nickte sich selbst zu. »Ja, so ist es gewesen.«
    »Was haben Sie übersehen, Professor?«
    »Mich selbst.«
    »Ist das eine Antwort?«
    »Ich weiß, es ist keine. Ich habe mich trotzdem selbst übersehen. Ich habe nicht auf meine innere Stimme gehört. Man soll manchmal nicht mit Dingen spielen, die besser im Dunkeln bleiben. So ist es mir ergangen. Ich habe nicht aufgepasst und war einfach zu besessen.«
    Mir war nicht klar, was er damit meinte, deshalb schwieg ich. Auch das Mädchen sagte kein Wort. Es wartete genau wie ich mit großer Spannung ab, was der Professor noch alles von sich geben würde, und er tat uns auch den Gefallen.
    »Der Fluch war tief in der Vergangenheit verborgen, aber ich habe ihn hervorgeholt.«
    »Aus einer anderen Welt?«
    Er hob die Schultern. »Ich weiß es nicht. Vielleicht beides. Aus einer anderen Welt und einer anderen Zeit. Ich habe es nicht gewollt, aber ich habe den Rosenfluch geweckt. Ja, ich trage die Schuld daran, dass er zurückkehrte.«
    »Die Blumen also sind es?«
    Er nickte. »Es treibt mich immer her. Jeden Tag. Immer bei Dunkelheit, aber meine Hoffnung erfüllt sich nicht. Ich werde diesen Fluch einfach nicht los.«
    Genaues wusste ich nicht über die Rosen. Es hielt mich auch niemand auf, als ich auf die kleine Wanne zuging, vor ihr stehen blieb und mich bückte. Erst dann erreichte mich die Stimme des Mädchens. »Sei vorsichtig, John, das habe ich auch getan.«
    »Ich weiß.«
    Der Professor stand neben mir. Er schwieg und schaute zu, wie ich die kleine Lampe aus der Tasche hervorholte, weil ich die Rosen endlich im Licht sehen wollte.
    In der Dunkelheit waren die Farben nicht zu erkennen gewesen. Im kalten Licht der Lampe jedoch änderte sich einiges. Jetzt war es mir möglich, die Naturfarbe dieser seltsamen Blumen zu sehen, und ich konnte mich nur wundern.
    Keine war normal.
    Nicht von der Form her. Sie hatten wunderbare Blütenblätter und wirkten wie gemalt, aber alle Rosen schimmerten in einem schmutzigen Grünbraun.
    Bis auf eine!
    Sie war die Perle unter den Rosen. Ihre Farbe war von einem wunderschönen und kräftigen Hellblau. Sie war wie die Sonne unter den Blumen, die erste und diejenige, die alle anderen Blumen beherrschte. Ich spürte dies sehr genau, und auf meinem Rücken lief ein leichter Eisschauer entlang nach unten.
    »Es ist die blaue Blume«, hörte ich den Kommentar des Professors. »Die Blume, nach der die Wanderer suchten. Die blaue Blume der Erkenntnis, der Weisheit. Blau ist das Symbol des philosophischen Geistes und des Intellekts. Ich habe die Blume gefunden, es ist eine blaue Rose.«
    Ich richtete mich wieder auf. Was dieser Professor da gesagt hatte, musste einfach unglaublich in den Ohren anderer Menschen klingen. Ich jedoch hatte mich davon befreit, etwas als unglaublich hinzunehmen. Dazu war ich schon zu oft überrascht worden. Dieses eine Wort hatte ich wirklich aus meinem Wortschatz gestrichen.
    »Dann hast du sie gefunden.« Ich war in einen vertrauten Tonfall gefallen, weil mir Chandler so nahe stand.
    »Es wird mir niemand glauben, John Sinclair.«
    »Aber du bist nicht glücklich darüber?«
    »So ist es.«
    »Darf ich den Grund erfahren?«
    »Die blaue Rose ist ein Fluch. Sie ist eine Todesrose, denn sie bringt Unglück. Sie ist
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