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0822 - Flüstern, schreien, töten

0822 - Flüstern, schreien, töten

Titel: 0822 - Flüstern, schreien, töten
Autoren: Jason Dark
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hatte sie angesprochen, obwohl ich nicht wusste, ob das richtig war.
    Sie reagierte nicht auf mich, wurde nur blass. Ihr Mund zitterte, die Zunge erschien für einen Moment, zog sich wieder zurück, und tief aus der Kehle drang ein Laut, der von einem geflüsterten Wort abgelöst wurde.
    Ein Wort.
    »Engel…«
    Ich glaubte, mich verhört zu haben, konnte leider nicht nachfragen und konzentrierte mich weiterhin auf ihr Verhalten.
    Sie wiederholte das Wort.
    »Engel…«
    Ich begann zu überlegen. Wenn dieses eine Wort wichtig war, dann erhielt der Fall eine ganz andere Dimension. Dann war es gut, dass ich mich eingemischt hatte, denn mit Engeln, egal ob gut oder böse, hatte ich in den letzten Monaten meine Erfahrungen machen müssen.
    An der Spitze stand natürlich Daniel, der Beschützer des Jungen Elohim.
    Lief der Fall in diese Richtung?
    Noch musste ich abwarten und darauf hoffen, dass es nicht bei der einen Bemerkung blieb.
    Vorbei war es mit der Ruhe. Als ich Kate Schweiß von der Stirn abtupfte, zog sie plötzlich die Beine an, der Oberkörper schnellte hoch, und die Worte drangen wie ein Stoß aus ihrem Mund.
    »Nein, nicht!«
    Sofort danach öffnete sie die Augen, aber sie erkannte mich nicht, obwohl sie mich anstarrte. Zwischen ihr und meiner Person hatte sich eine Wand aufgebaut. Eine Wand aus Angst, aus Todesangst. Die Frau musste Schreckliches durchmachen, sie litt die Leiden einer anderen Person.
    Es war nicht der Killer, sie sah sich in die Rolle des Opfers gedrängt. Auf irgendeine Art und Weise war sie mit dieser Person verbunden, um deren Qualen mitzuerleben.
    Hatte die Angst bereits ihren Höhepunkt erreicht?
    Es sah so aus, denn Kate war wieder ruhig geworden. Lange hielt der Zustand nicht an, plötzlich bäumte sie sich wieder auf. Gleichzeitig drang ein Schrei aus ihrem Mund, der gegen die Decke schmetterte. Sie hob zudem noch einen Arm, legte die Hand gegen den Hals, und für mich sah es so aus, als wollte sie sich jeden Augenblick selbst das Fleisch von der Kehle reißen.
    Dabei würgte und schrie sie. Speichel trat hervor. Die Augen waren weit aufgerissen, und es sah so aus, als sollten sie aus den Höhlen geschoben werden.
    Kate Duvall röhrte. Sie schlug plötzlich um sich. Ein Treffer erwischte klatschend meine Wange. Ich hörte sie hart röcheln und dabei sprechen.
    »Blut… Blut… es brennt… es tut so weh. Hör doch auf… hör doch auf. Mach ein Ende… nicht die Schmerzen… nicht… der Engel ist nicht gut… der Engel ist böse… Tod und…«
    Ihre Stimme erstickte, als hätte sie eine Faust zurück in die Kehle gestoßen. Aber die Laute blieben, wenn auch anders. Ich hörte sie wild keuchen, und immer wieder bäumte sich ihr Körper auf.
    Auch der Kopf wurde davon nicht verschont. Er ruckte mir entgegen. Ich musste höllisch Acht geben, dass sie mich nicht erwischte und ihre Stirn in mein Gesicht krachte.
    Kate Duvall litt schrecklich. Als sie dann redete, war sie kaum zu verstehen. Ihre Worte sackten einfach weg, als wären sie irgendwo in der Kehle verloren gegangen.
    Dann lag sie auf einmal ruhig.
    War es vorbei?
    Ich hoffte es für sie, aber ich hatte mich geirrt. Sie drehte sich plötzlich auf die rechte Seite. Bevor ich es verhindern konnte, kroch sie weg. Sie wollte aus dem Bett, und ihr Kopf befand sich bereits über der Kante, als ich meinen Arm ausstreckte, sie an der Schulter zu fassen kriegte und zurückhielt.
    »Lass mich…«
    Ihre Stimme erschreckte mich. Sie hatte anders geklungen, als spräche aus ihr die Person, die so schrecklich gelitten hatte. Die Beine zog sie an, streckte sie wieder aus. Die kraftlose Bewegung glich der eines müden Frosches.
    Sie blieb liegen.
    Ich hörte sie röcheln und stöhnen. Sie zuckte, die Hände hatte sie in das Laken verkrallt. Als ich sie anfasste – es war nur eine sehr sanfte Berührung –, schrie sie auf. Dann wuchtete sie ihren Körper herum, ihre Arme bewegten sich, als würden sie nicht zu ihr gehören, und ich konnte in ihr Gesicht schauen.
    Mein Erschrecken war tief.
    Was ich dort sah, wollte ich im ersten Augenblick nicht glauben. Es sah aus, als hätte mir Kate einen Blick in ihre Zukunft erlaubt, als wollte sie mir zeigen, wie sie als Tote aussah.
    So und nicht anders glotzte sie mich an, und dieser leere Ausdruck in den Augen ließ über meinen Rücken einen Schauer rieseln. Auch ich kriegte es mit der Angst zu tun, weil ich befürchtete, sie überfordert zu haben.
    War sie gestorben?
    Das wäre furchtbar
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