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0822 - Flüstern, schreien, töten

0822 - Flüstern, schreien, töten

Titel: 0822 - Flüstern, schreien, töten
Autoren: Jason Dark
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sich auf dem Weg, der hierher führte. Es kam ihm so vor, als hätten sich all die Gläubigen zurückgezogen und ihre Kirche verlassen, weil sie diese nicht mehr mochten.
    Falco stand im Regen, drückte seine Schultern hoch, streckte die Arme aus und zog so heftig an seinen Fingern, dass die Gelenke knackten. Das Wasser nieselte auf sein glattes, schwarzes Haar nieder und ließ es ölig schimmern.
    Er hatte es nicht eilig, als er sich der Kirche näherte. Trotzdem ging er zügig. Seine Schritte waren nicht zu hören, nur hin und wieder knarrte das Leder seiner dunklen Jacke.
    Kirchen sind nur selten abgeschlossen, das wusste er. Sie sollten offen für Gläubige sein, die hineingingen, um die Minuten der Muße zu erleben, wenn sie sich ihren Gebeten widmeten.
    Das hatte Falco nicht vor.
    Für ihn kam nur das Gegenteil in Frage.
    Er schob die Unterlippe vor, als er daran dachte. Er freute sich auf die neue Herausforderung. Er würde es diesem Bau schon zeigen. Er würde sich rächen, sie sollten alle spüren, was sie ihm angetan hatten. Sie hätten in ihm einen großen Diener gehabt, aber sie hatten die Chance nicht begriffen.
    Jetzt war es zu spät.
    Falco leckte sich einen Wassertropfen von der Oberlippe. Er schmeckte etwas salzig, nach Schweiß. Noch zwei Schritte, und er stand vor der mächtigen Eingangstür aus dickem Holz.
    Mittlerweile kannte er sich mit Kirchentüren aus und hatte auch festgestellt, dass fast alle die gleichen Klinken hatten. Sie waren geschwungen, bestanden aus Metall und waren größer als die normalen Klinken.
    Falco ging vorsichtig zu Werke. Er rechnete fest damit, allein zu sein, aber er wollte auch irgendwelche fremden Geräusche nach Möglichkeit vermeiden.
    Die Tür war groß und ließ sich nur schwer aufziehen, dann öffnete sich ihm die andere Welt, die mit der draußen nichts mehr zu tun hatte.
    Er trat ein in die mächtigen Schatten, die zwischen den ebenfalls mächtigen Mauern wie breite Tücher lagen und sich hochzogen bis hin zur Decke.
    Als er die Tür wieder hinter sich zugedrückt hatte, ging er vor bis zum Taufbecken und blieb neben der Rundung stehen. Er sah das Wasser, über dessen Oberfläche der Lichtschein zahlreicher Kerzen huschte, die auf einer Bank an der Seite standen. Am liebsten hätte er in das Wasser gespuckt, aber das war ihm zu billig. Er dachte an die anderen, die großen Dinge.
    In zwei Hälften teilte sich das Innere des Kirchenschiffs. Rechts und links des breiten Mittelgangs standen die Holzbänke, und an den Seiten gab es noch einmal zwei kleine Bankreihen, in denen die Gläubigen Platz nehmen konnten.
    Der Boden war mit hellen Steinen bedeckt. Hell waren auch die Wände, aber sie wirkten bei diesem Dämmerlicht doch sehr grau, als hätten sie einen Teil der Schatten aufgesaugt.
    Die Kirche machte in ihrem Innern einen schlichten Eindruck. Da war nichts von der Pracht mancher Barockkirchen zu sehen, hier standen auch keine wertvollen Antiquitäten, man hatte sich praktisch allein auf die Funktion beschränkt.
    Natürlich war die Treppe zur Kanzel etwas Besonderes. Geschnitzt aus einem harten Holz, das auch all die Jahrhunderte überdauert hatte. Die Treppe interessierte den Mann nicht. Auch nicht die Bilder des Kreuzwegs an den Wänden und die Motive in den hohen Kirchenfenstern. Er ging zum Altar. Für ihn war er der große Gegner.
    Hinter dem Altar fiel tagsüber Licht durch ein wunderschönes Fenster mit bunten Motiven. Zu dieser Jahreszeit und bei diesem Wetter wirkte selbst das Fenster grau, und auch der von zwei mächtigen Blumensträußen eingerahmte Altar machte einen müden Eindruck. Ebenso das mächtige Kreuz hinter ihm. Es war ein Standkreuz, das die unmittelbare Umgebung des Altars beherrschte. Denjenigen, die es anschauten, verlieh es Hoffnung und Mut.
    Auch Falco schaute es an.
    Er aber reagierte anders.
    Sein Mund verzog sich, und ein hasserfüllter Ausdruck trat in sein Gesicht. Seine Hände verkrampften sich zu harten Fäusten. Er wusste genau, dass die Herausforderung dicht bevorstand, und er wusste, dass er sie gewinnen würde.
    Durch die Fenster fiel zwar Licht, aber der Regen und die hereinbrechende Dämmerung machten es trübe, sodass es wie Schleier durch die Fenster fiel. Es weichte die Konturen auf und ließ selbst die Gestalt des Eindringlings aussehen wie ein Gespenst.
    Falco war bereit.
    Andere knieten vor dem Altar, er aber stand und begann damit, seine ureigene Gymnastik zu betreiben. Er bewegte die Arme und Beine, er
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