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082 - In den Katakomben der Gräfin Redziwihl

082 - In den Katakomben der Gräfin Redziwihl

Titel: 082 - In den Katakomben der Gräfin Redziwihl
Autoren: Larry Brent
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liebt?«
    »Wer,
Towarischtsch?« fragte der bärtige Russe.
    »Eben das
möchte ich erfahren.«
    »Läßt du dir
aus der Hand lesen oder ich?«
    »Versuchen
wir es beide«, meinte Larry unternehmungslustig.
    »Erst du,
dann ich. Ein Dollar pro Person. Das ist der Spaß wert. Ich habe schon von
Chiromanten gelesen, die nehmen zwanzig Dollar pro Sitzung.«
    Einige
Neugierige drängten sich um den Stand der Zigeunerin. Aber niemand wollte
offenbar einen Dollar investieren. Die dunklen, tiefliegenden Augen der alten
Frau musterten jeden, der in die Nähe ihres Stands kam.
    Ein junger
Mann entschloß sich, ihre Kunst auszuprobieren.
    Sie winkte
ihn auf den Stuhl in der kleinen Kabine, zog den Vorhang vor, und nur ihre
Silhouetten waren noch zu sehen.
    Larry und
Iwan warteten in der Gruppe, die den Stand umlagerte.
    Madame Wondra
brauchte etwas mehr als fünf Minuten, um ihren Dollar zu verdienen, danach öffnete
sie wieder den Vorhang.
    Der junge
Mann nickte der Alten grüßend zu und ging. Auf seinen schmalen Lippen spielte ein
verlorenes, nachdenkliches Lächeln.
    »Scheint sich
nicht mehr viel abzuspielen in seinem zukünftigen Leben«, meinte Iwan
Kunaritschew. »Die ganze Zukunft in fünf Minuten?« Der Russe blickte seinen
Freund an.
    »Vielleicht
komprimiert sie sehr stark«, vermutete Larry. »Man kann in fünf Minuten oft
mehr sagen als in einer halben Stunde. Nicht auf die Quantität, sondern auf die
Qualität kommt es an. Wer macht den Anfang?«
    Iwan
Kunaritschew hob wie ein kleiner Junge, der sich in der Schule meldet, den
Zeigefinger. Er trat an den Tisch. Die alte Zigeunerin lächelte ihn an, als er
seinen Dollar auf die Tischplatte legte.
    »Treten Sie
näher«, sagte sie.
    Das war
leichter gesagt als getan. Die Kabine war zu niedrig.
    Ein Riese wie
Iwan mußte sich ducken. Larry wollte wortlos mitkommen.
    »Nachher,
junger Mann!« Madame Wondra deutete mit ihrem Zeigefinger in seine Richtung.
    Ein schwerer
goldener Ring steckte darauf.
    »Er kann
ruhig mitkommen«, schaltete sich Iwan ein. »Wir unternehmen alles gemeinsam.«
    Sie zuckte
die Achseln. »Wenn Sie nichts dagegen haben, soll es mir recht sein.«
    Sie bat auch
Larry in die Kabine.
    Iwan
Kunaritschew hockte sich breitbeinig der Zigeunerin gegenüber. Die Augen der
Alten waren in ständiger Bewegung. Ihnen entging nichts.
    Madame Wondra
ließ sich Iwans rechte Hand geben.
    Sie machte
nur kurz einige detaillierte Angaben über seine Gesundheit, stutzte dann und
bemerkte, daß er einen schweren, gefahrvollen Beruf ausübe, und daß er sich in
acht nehmen müsse. Larry sah, wie sich der Blick der alten Frau nicht mehr auf
die Handinnenfläche richtete, sondern ihre Augen zu schmalen Schlitzen wurden
und sich nur noch auf die Ströme konzentrierte, die sie intuitiv empfingen.
    »Da gibt es
ein Mädchen«, murmelte sie, als ob sie Bilder verfolgte, die sich vor ihrem
geistigen Auge abhoben. »Weit weg von hier, in einem anderen Land - kalt und
rauh. Sie wartet auf Sie, Mister, und sie ist Ihnen treu.«
    Larry bekam
große Augen, Iwan strahlte von einem Ohr zum anderen und sagte: »Damit sagen
Sie mir nichts Neues, Madame. War nicht anders zu erwarten. Einen Mann wie mich
betrügt man nicht. So einen wie mich muß man lieben.«
    Larry Brent
kratzte sich im Nacken. Man sah dem Amerikaner an, daß ihm eine Bemerkung auf
der Zunge lag, aber er unterließ sie. Er hob sie sich für später auf.
    Madame Wondra
gab Iwan noch ein paar gute Ratschläge mit auf den Weg und ließ auch nicht
unerwähnt, daß es vielleicht besser sei, das Rauchen ein wenig einzuschränken.
    Die beiden
Freunde blickten sich an.
    Madame Wondra
ließ Iwan Kunaritschews Hand los. Larry erwähnte, daß auch er sich gerne aus
der Hand lesen lassen wolle.
    Er legte
einen Dollar auf den Tisch und nahm den Platz seines Freundes ein.
    Madame Wondra
bescheinigte Larry eiserne Gesundheit und ein langes Leben, allerdings das
letztere unter Vorbehalt. »Sie begeben sich oft in Gefahr«, murmelte sie. Ihre
Lippen bewegten sich kaum. »Von Ihrer Verfassung her könnten Sie alt werden,
aber Ihr Beruf bringt es mit sich, daß Ihr Leben schon morgen zu Ende sein
kann.« Es folgten ähnliche Hinweise wie bei Iwan Kunaritschew, und Madame
Wondra kam zu dem Schluß, daß sie wohl beide für dasselbe Unternehmen tätig
seien. Intuitiv erfasse sie, daß sie einen ungewöhnlichen, aber äußerst
wichtigen Dienst am Menschen leisteten. Vor allen Dingen wies Madame Wondra
darauf hin, daß es in Larrys
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