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0817 - Gefahr aus dem Drachenland

0817 - Gefahr aus dem Drachenland

Titel: 0817 - Gefahr aus dem Drachenland
Autoren: Achim Mehnert
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Strophanthus-Samen verfeinerten Tabakspfeifen geschmaucht hatten.
    Ein schauriges Heulen, das die Stille wie ein Messer zerteilte, ließ den Jäger zusammenzucken. Es stammte von einem Tier, da war er sicher. Nur konnte er nicht sagen, von welchem. Auch das hatte es noch nie gegeben, denn Manolo kannte die Stimmen sämtlicher Waldbewohner. In ihm keimte die verwegene Hoffnung, auf eine besonders ausgefallene Beute gestoßen zu sein.
    »Was war das, Padre?« Juanita zog den Kopf ein. Ein ängstlicher Ausdruck war in ihrem Gesicht erschienen. »Das klang gefährlich, wie ein großes, böses Tier.«
    »Hier gibt es keine gefährlichen Tiere.« Nachdenklich schaute Manolo sich um. Aus welcher Richtung war das Heulen gekommen?
    Als er sich zu orientieren versuchte, erklang es erneut. Ohne nachzudenken, ließ er seinen Käfig fallen und packte die Büchse fester, die er ebenfalls geschultert hatte. Die Waffe glitt in seine Hände, und er lief los.
    »Beeil dich, Juanita!«, trieb er das Mädchen an.
    Unachtsam trampelte er hüfthohe Farne nieder und sprang über Unterholz hinweg. Juanita war solche gelegentlichen Eskapaden gewohnt, wenn ihr Vater sich einer außergewöhnlichen Beute sicher wähnte. Trotz ihrer jungen Jahre schaffte sie es, an seiner Seite zu bleiben, auch wenn sie lauthals gegen die Rennerei protestierte.
    Wasser, das sich in den gefiederten Farnwedeln gesammelt hatte, tränkte Manolos Leinenhose und durchnässte sie bis auf die Haut. Er bemerkte es ebenso wenig wie einen Insektenstich auf seiner Wange. Die Gier nach etwas, das er nie zuvor gesehen hatte, trieb ihn voran. Der archaische Jagdinstinkt seiner längst vergessen geglaubten Vorfahren erwachte und übernahm die Kontrolle über sein Denken.
    Der unbekannte Tierruf brach so schnell wieder ab, wie er aufgeklungen war. Manolo stieß eine Verwünschung aus. Er war seinem Ziel ganz nahe, und nun hüllte die vermeintliche Beute sich in Schweigen. Unversehens stolperte er auf eine Lichtung, geriet ins Straucheln und schaffte es gerade noch, auf den Beinen zu bleiben.
    Er stand in knöchelhohem Gras, von grellem Sonnenlicht geblendet, das die Lichtung flutete. Sein Atem ging keuchend, sein Gesicht und der Oberkörper waren in Schweiß gebadet.
    Hatte er die Spur verloren? Ringsum herrschte weiterhin Stille, und auch das Heulen war verklungen. Es konnte ihn nicht mehr leiten.
    Er vergaß es in einem Augenblick, denn im Gras lag etwas Weißes, das in der Sonne schimmerte.
    Juanita schrie verzückt auf, als sie das Objekt ebenfalls erkannte.
    Verwundert trat Manolo einige Schritte näher. Das, was dort im weichen Grad lag, konnte nicht von allein an diesen Ort gelangt sein. Es war ein Ei. Größer als jedes andere Ei, das er in seinem Leben gesehen hatte.
    Unwillkürlich fragte er sich, von welchem Tier es stammte…
    ***
    Gardir schlug die Augen auf und bemerkte, dass sein Körper zitterte. Die Anstrengung hatte ihn viel Kraft gekostet. Er hatte nicht erwartet, dass es so schwierig sein würde, sein Ziel zu erreichen, doch schließlich war es ihm gelungen.
    Dieses Ziel war der ahnungslose Fooly.
    Er machte ein paar Schritte über die Waldlichtung, um wieder zu Kräften zu kommen, und überlegte. Es gab keine Garantie, dass alles so klappte, wie er sich das vorstellte. Die Welt der Menschen war voll von Geschichten und Legenden. Manches davon entsprach sogar der Wahrheit, aber es war schwierig, das herauszufinden. Aus den spärlichen Gedankenfetzen, die er hin und wieder von Fooly empfangen hatte, war ein Bild entstanden. Auch wenn es nicht vollständig war, zeigte es immerhin, dass Fooly existierte.
    Die gelungene Kontaktaufnahme war der endgültige Beweis. Nun kam es nur noch darauf an, was der Jungdrache unternahm. Würde er dem für ihn unverständlichen Lockruf folgen oder ihn ignorieren? Die meisten Jungdrachen in seinem Alter waren verspielt und neugierig genug, sofort darauf zu reagieren. Allerdings war ungewiss, ob die Gesellschaft der Menschen nicht einen anderen Einfluss auf Fooly genommen hatte.
    Mit einem tiefen Brummen hielt Gardir inne. Ein Lächeln erschien auf seinem Gesicht, als er seinen künftigen Nachwuchs betrachtete. Der Elter hatte sich bereits einen Namen für sein Kind überlegt. Olang sollte es heißen.
    Wenn es denn kräftig genug war, die schwere erste Zeit zu überleben.
    Ungewissheit und Angst brachten Gardir beinahe um den Verstand . Sie verwandelten sich in Ärger und Zorn, als er an seine Heimat, das Drachenland dachte.
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