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0815 - Die Schlangenschwester

0815 - Die Schlangenschwester

Titel: 0815 - Die Schlangenschwester
Autoren: Christian Montillon
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erst von dem Wasser getrunken, nachdem er auch Nicole Zugang dazu verschafft hatte, indem er die Hüterin dazu brachte, Wasser in einem Gefäß mitnehmen zu dürfen.
    Ein ungeheuerlicher, beispielloser Vorgang…
    »Letztlich hängt das, was wir tun müssen, mit der Quelle des Lebens zusammen«, fuhr Andrew fort.
    »Ich störe mich an dem Wörtchen ›müssen‹«, warf Nicole ein.
    »Ja, Merlin bereitete mich schon darauf vor, dass ihr allergisch darauf reagieren würdet.« Millings seufzte. »Dennoch werde ich meinen Auftrag erfüllen.«
    »Und wir werden dir helfen«, versprach Zamorra. »Nachdem du uns alles darüber erzählt hast.«
    »Hier liegt der Haken«, meinte Andrew. »Ich werde euch keine weiteren Informationen geben können. Ihr müsst mir vertrauen.«
    Zamorra und Nicole wechselten einen raschen Blick.
    »Nennen wir es Merlin-Syndrom«, sagte Nicole fatalistisch. »Wer mit dem Alten zu lange zu tun hat, auf den färbt seine Informationspolitik offenbar ab.«
    »Oder seine Nicht-Informationspolitik«, brummte Zamorra.
    »Helft ihr mir, oder helft ihr mir nicht?«, fragte Andrew Millings, der Unsterbliche.
    »Wir helfen dir«, sagte Zamorra, der spürte, dass es um ein Kapitel aus seinem Leben ging, das dringend aufgearbeitet werden musste. Bezüglich der Quelle und allem, was damit zusammenhing, waren längst noch nicht alle Fragen beantwortet.
    ***
    Sandrines Augen standen offen, aber sie nahmen nichts wahr.
    Willenlos war sie gestern dem Hexer gefolgt, zurück in Carmens Wohnung.
    Es hatte sie nicht einmal geschockt, dass die Freundin ermordet worden war. Den Tod Carmens hatte sie schon vorher in den Augen des Hexers gelesen.
    Auf seinen Befehl hin hatte sie sich auf einen Stuhl gesetzt, und die wenigen Worte waren wie glühende Nadeln in ihren Verstand vorgedrungen: »Sieh dir deine Freundin an. Und dann denke nach. Ich habe einen Auftrag für dich. Führe ihn aus - oder teile ihr Schicksal.«
    Dann war er gegangen.
    Nicht eine Sekunde lang hatte Sandrine ernsthaft an Flucht gedacht. Dieser Kerl würde sie überall finden. Ihrem Schicksal konnte sie nicht entkommen.
    Also gab es nur zwei Alternativen: den Auftrag des Hexers ausführen, worin auch immer dieser bestehen mochte - oder so wie Carmen sterben!
    Im ersten Augenblick war sie sich sicher gewesen, was sie zu tun hatte: den Auftrag ausführen. Was sonst?
    Doch je länger sie darüber nachdachte, desto unsicherer wurde sie.
    Sterben… Wie Carmen das Elend hinter sich lassen…
    Eigentlich eine verlockende Alternative.
    Nicht mehr dem Fluch unterworfen zu sein, sich zu jedem Vollmond in eine reißende Bestie zu verwandeln und Menschen zu töten. Sandrine hatte Hunderte von Büchern gelesen, die sich mit diesem Thema beschäftigen. Man nannte es wohl Lykantrophismus. Ein Mensch verwandelt sich zum Vollmond in einen Wölf, einen Werwolf - eine reißende Bestie, eine dämonische Kreatur.
    Das Wer in der Bezeichnung stammte dabei vom alten Wort für Mann ; eigentlich bedeutete der Begriff also Mannwolf. Dass der Fluch aber auch vor Frauen nicht halt machte, diese bittere Erfahrung hatte Sandrine durchlebt.
    Dabei war sie keineswegs ein klassischer Werwolf. Vieles sprach dagegen. So war sie etwa nicht von einem anderen Werwolf gebissen und mit dem Werwolfskeim infiziert worden. Und in einem wichtigen anderen Punkt widersprachen sich die verschiedenen Berichte, wohl vor allem deswegen, weil Sandrine ihr Wissen überwiegend aus Romanen bezog und die Beschreibungen der Fantasie der verschiedenen Autoren entsprangen.
    So war sie sich nicht sicher, ob ein Werwolf normalerweise - es erschien ihr wie reiner Hohn, in diesem Zusammenhang von Normalität zu sprechen - in seiner »nichttierischen« Phase ein denkender, von Entsetzen über seine Taten zerrissener Mensch war, so wie sie selbst und so wie Carmen es gewesen war.
    Auch hatte sie nirgends - weder in Romanen noch in den okkult-mystischen Abhandlungen - gelesen, dass jemand durch einen Schwarzmagier mit dem Wolfskeim infiziert worden war, wie ein Verbrecher seinem Gegner möglicherweise irgendwelche Krankheitsviren verabreichen würde. Also nahm sie an, sie sei eine Ausnahme, nach Carmens Tod möglicherweise ein Unikum schlechthin.
    Sie hatte bereits einmal versucht, sich zu töten. Warum also sollte sie die Gelegenheit, die sich ihr nun bot, nicht beim Schopf packen und sich umbringen lassen? Die ganze Qual wäre zu Ende, es müssten keine Menschen mehr sterben…
    Die Antwort kam sofort.
    Weil sie im
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