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0809 - Mensch aus dem Nichts

Titel: 0809 - Mensch aus dem Nichts
Autoren: Unbekannt
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huschte auf Zehenspitzen den schmalen Korridor entlang, den David mit dem hohen, selbstgewebten Teppich aus Tierwolle ausgelegt hatte. Der Geruch kalten Rauches im Wohnraum war ein vertrauter, wohliger Eindruck, die Gedanken an Hubert Kelassny irritierten sie.
    Tobby holte einen Becher vom Regal hinunter, kippte den schweren Krug -ein Glasbehälter, den Jothan, der Müllfinder, irgendwo aufgetrieben hatte - und goß den Becher voll.
    Sofort durchzog der Geruch nach sonnengereiften Früchten und Beeren durch den Raum. Tobby ging langsam, den Becher sorgsam balancierend, zurück in ihr Zimmer, setzte sich auf die breite Fensterbank und ließ sich, während sie die Sterne anstarrte und die Landschaft im Sternenlicht betrachtete, beim Nachdenken von den Moskitos stechen.
    Wenn MayIpancer von diesem „Mehrfachterraner" erfuhr, würde er ihn gefangennehmen und untersuchen lassen. Die Überschweren waren dafür berüchtigt, daß sie Menschen so untersuchten, als wären sie auseinanderschraubbare Maschinen. Eine MateriaIprüfung, die meistens mit Zerstörung - in diesem Fall Tod - endete. Was konnte sie tun?
    Sie mußte Hubert, falls sich seine Erzählungen als Wahrheit erwiesen, verstecken und weg transportieren.
    Das NEI würde an diesem Phänomen brennend interessiert sein. Sie, Tobby, erkannte bereits jetzt die augenscheinlichen Vorteile eines Körpers mit sieben, sich selbst einschaltenden Bewußtseinen. Sieben Spezialisten, ausgesucht nach Können und Begabung, in einem schlagkräftigen Körper - das war tatsächlich eine Superwaffe. Sie vereinigte siebenfache geistige Kapazität, die ihrerseits die Leistungen des einzigen Körpers steigerte oder zumindest variierte.
    Flucht in den Dschungel oder in die Berge?
    Und zwar so, daß kein Verdacht auf sie und David fiel. Und schließlich, nach vermutlich langer Zeit, würde sie vielleicht jene Männer und Frauen wieder treffen, denen sie während ihrer Ausbildung alles berichtet hatte, was sie über die Blues und den Planeten Wirgier gewußt hatte.
    Nur durch diesen Kontakt konnte das Phänomen in die richtigen Hände gelangen.
    Sie trank einen winzigen Schluck nach dem anderen, schlug gedankenlos nach den Moskitos und dachte nach.
    Immer wieder schob sich der kühn geschnittene Kopf mit den faszinierenden Augen vor ihre Überlegungen. War sie verliebt?
    Tobby Beugner versuchte, tief in sich hineinzuhorchen, um diese Frage zu klären.
    Sie schüttelte schweigend den Kopf. Nein. Sie war nicht verliebt. Es konnte aber passieren, wenn weiterhin Hubert Kelassny den Körper mit seiner „Persönlichkeit" oder seinem „Bewußtsein" erfüllte.
    Auch wenn er selbst keine oder wenige Erinnerungen hatte und sich als Ausgesetzter empfand.
    Aber bei der Vorstellung, sich in einen der sechs anderen zu verlieben, einschließlich des wichtigen Mechanikers, schauderte sie zusammen. Hastig trank sie einen halben Becher des hochprozentigen, nichtsdestoweniger mild schmeckenden Alkohols.
    Was sollte sie tun?
    Wie sollte sie sich verhalten?
    Was sollten David und sie mit diesem Fremdling anfangen, ohne selbst in Gefahr zu geraten?
    Auch das mußte in den nächsten Tagen geklärt werden.
    Zwar mußte Wirgier wie alle anderen Kolonialplaneten immer mit einer überraschenden Kontrolle der Überschweren rechnen, aber für die nächste Zeit würde wohl Ruhe herrschen.
    Es war noch niemals vorgekommen, daß Patrouillen kurz hintereinander gelandet waren. Sie kamen stets in einigermaßen gleichmäßigen Abständen.
    „Tobby, du bist einigermaßen ratlos!" murmelte sie im Selbstgespräch, schlug einen Moskito tot, der sich auf ihrem nackten Oberschenkel niederließ, dann trank sie den Becher leer.
    Sie gähnte, hörte die Atemzüge und gelegentliches Schnarchen der beiden Männer aus dem Innern des Hauses und schlief schließlich selber ein.
    Chung Lo erwachte erst, als die Sonne schon hoch am Himmel stand. Der Tag auf Wirgier dauerte fünfundzwanzig Stunden und etwas mehr als zwölf Minuten. Er fühlte sich wohl, selbst der Schmerz im Knöchel war einem dumpfen Gefühl gewichen, das ihn nicht belästigte. Er gähnte, stand auf und tappte verschlafen unter die Dusche.
    Das eiskalte, prickelnde Wasser brachte ihn schlagartig in die Wirklichkeit zurück. Er fühlte sich wohl.
    Er befand sich in einer Umgebung, die einem terranischen Lebewesen entsprach: unter seinen Füßen der Boden, über ihm ein stahlblauer Himmel, um ihn herum die von einem milden Wind bewegte Luft.
    Nichts war künstlich, alles
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