Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0808 - Anruf aus dem Jenseits

0808 - Anruf aus dem Jenseits

Titel: 0808 - Anruf aus dem Jenseits
Autoren: Michael Breuer
Vom Netzwerk:
heraus. Die letzte, wie er mit hängenden Mundwinkeln feststellte. Aber als kleiner Schlummertrunk würde sie schon ausreichen.
    Vielleicht, so sinnierte er, während er nach dem Öffner suchte, hätte er sie zurückstellen sollen. Er war sich schmerzhaft bewusst, dass er seit einiger Zeit etwas zu viel trank. Genauer gesagt, seit zwölf Monaten.
    Seit der Nacht, in der Zindler gestorben war.
    Beim Gedanken an das schreckliche Schicksal des Österreichers verwarf Gougeon die Idee, das Bier wegzustellen. Schnell nahm er einen gewaltigen Schluck aus der Flasche. Im gleichen Moment, in dem das Getränk eiskalt seine Kehle herunterrann, spürte Gougeon auch schon, wie er wieder ruhiger wurde.
    Mit der Flasche marschierte er zurück ins Wohnzimmer, um es sich noch ein bisschen vor dem Fernseher gemütlich zu machen. Vielleicht würde das seine Stimmung ja ein bisschen aufhellen…
    Er drapierte sich auf der Couch, trank schmatzend einen weiteren Schluck, um gleich darauf ein markerschütterndes Rülpsen hören zu lassen. Wäre seine Partnerin zu Hause gewesen, hätte er sich wohl spätestens jetzt einen tadelnden Blick eingefangen. Doch Marie war nicht da. Sie war mit einer Gruppe von Freundinnen unterwegs und machte das nächtliche Lyon unsicher.
    Gougeon rieb sich über den beachtlichen Bauch und angelte dann mit der freien Hand nach der Fernbedienung. Im nächsten Moment gefror er mitten in der Bewegung.
    Das TV-Gerät hatte sich bereits von selbst eingeschaltet.
    Stirnrunzelnd stierte Gougeon auf die Mattscheibe, die statt eines Senders nur reges Schneetreiben zeigte. Leises Knistern war zu hören.
    Mit etwas Verspätung griff er nun doch nach der Fernbedienung und versuchte, auf einen anderen Kanal zu schalten. Ohne Erfolg. Das Gerät zeigte weiterhin nur Schnee.
    Gougeons Mundwinkel fielen nach unten. Dass die Kiste den Geist aufgab, hatte ihm zu seinem Glück wirklich noch gefehlt!
    Er spielte gerade mit dem Gedanken, probeweise mit der flachen Hand auf das Gehäuse zu schlagen, als ein blaues, energetisches Knistern über die Bildröhre lief.
    Gougeon zuckte zusammen. Sofort fühlte er sich an die Lichterscheinungen erinnert, die sich bei der Dämonenbeschwörung gezeigt hatten. Sein Atem ging schneller, als die schrecklichen Ereignisse mit einem Mal wieder glasklar vor seinem geistigen Auge standen.
    Hastig drückte er auf den »Aus«-Knopf der Fernbedienung.
    Nichts geschah.
    Spätestens jetzt war ihm klar, dass hier etwas nicht mit rechten Dingen zuging.
    Langsam erhob er sich, schob sich seitlich am Couchtisch vorbei und pirschte in Richtung Steckdose, um den Apparat vom Netz zu nehmen.
    Als er jedoch nach dem Kabel tastete, erhielt er einen schmerzhaften elektrischen Schlag, der ihn keuchend zurücktaumeln ließ.
    Gougeon rieb sich die schmerzende Hand und starrte aus geweiteten Augen auf die Mattscheibe. Blaue Schlieren liefen über den Bildschirm, die sich nach einiger Zeit zu Worten zusammensetzten.
    »Ihr habt mich im Stich gelassen«, las er. »Dafür werdet ihr alle sterben!«
    Gougoun erschauerte. Er betrachtete sich selbst als durchaus bodenständigen Menschen. Als aufgeklärter Student der Naturwissenschaften an der angesehenen ›Université Catholique de Lyon‹ gab es so etwas wie Geister für ihn selbstverständlich nicht.
    Dennoch wusste er in diesem Moment unzweifelhaft, dass er gerade eine Botschaft aus dem Jenseits empfing.
    Während sich Gougeon noch fragte, ob er möglicherweise den-Verstand verlor, schaltete sich das Gerät selbsttätig wieder ab. Nichts erinnerte mehr an die grausige Botschaft.
    Unter anderen Umständen hätte Gougeon über eine solche Drohung laut gelacht. Einen anonymen Brief hätte er wohl auf kürzestem Weg in den nächsten Papierkorb befördert, in diesem Fall war das nicht möglich.
    Diese Botschaft musste er ernst nehmen!
    Fahrig griff Gougeon nach dem zerknautschten Päckchen Zigaretten, das auf dem nahen Couchtisch lag, um sich mit zitternden Fingern eine anzuzünden.
    Nervös rauchend setzte er sich an den Schreibtisch, auf dem sich Papiere und Lehrbücher stapelten. Er schob sie achtlos beiseite und vergrub das Gesicht in den Händen.
    Vergeblich versuchte er, seine Gedanken zu sammeln und ein wenig zur Ruhe zu kommen. Zwölf lange Monate hatte er mit Hilfe von vielen Litern Bier die Nacht, in der Zindler gestorben war, aus seinem Gedächtnis verdrängt. Nun war alles mit einem Schlag wieder da!
    Erneut sah Gougeon vor sich, wie sich die blau leuchtende Kugel
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher