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08 - Tod Auf Dem Pilgerschiff

08 - Tod Auf Dem Pilgerschiff

Titel: 08 - Tod Auf Dem Pilgerschiff
Autoren: Peter Tremayne
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Niemand tut dir etwas.« Noch während Fidelma ihr das zurief, merkte sie, wie hohl solche Versicherungen klingen mußten, selbst für jemanden, dessen Geist gestört war.
    Murchad, der neben Fidelma stand, berührte ihren Arm und schüttelte den Kopf.
    »Sie kann dich nicht hören bei dem Wind da oben.«
    Fidelma starrte weiter hinauf. Der Wind zerrte am Haar und an der Kleidung des Mädchens, das in der Takelage hing. Murchad hatte recht. Dort hinauf trug kein Schall.
    »Ich klettere ihr nach«, erbot sich Fidelma. »Jemand muß sie herunterholen.«
    Murchad hielt sie zurück. »Du kennst die Gefahren nicht, wenn man bei so starkem Wind nach oben geht. Ich mach das.«
    Fidelma zögerte, dann trat sie zurück. Ihr wurde klar, daß nur jemand, der in der Takelage sicherer war als sie, in der Lage wäre, die geistesgestörte junge Frau herunterzubringen.
    »Erschreck sie nicht«, meinte sie. »Sie ist vollständig verrückt und zu allem fähig.«
    Murchads Miene war düster.
    »Sie ist nur ein kleines Mädchen.«
    »Es gibt ein altes Sprichwort, Murchad: Wenn ein gesunder Hund mit einem tollen Hund kämpft, dann wird eher dem gesunden Hund ein Ohr abgebissen.«
    »Ich passe auf«, versicherte er ihr und fing an zu klettern.
    Er war noch nicht weit gekommen, als Schwester Ainder einen Warnschrei ausstieß. Fidelma blickte auf.
    Gormán hatte mit den Füßen den Halt verloren, hing verzweifelt mit einer Hand an einem Tau und versuchte, mit der anderen die Takelage zu fassen.
    »Halt dich fest!« schrie Fidelma, doch ihr Ruf verflog im Wind.
    Auch Murchad hatte es gesehen und beeilte sich. Doch er war kaum einen Meter höher gekommen, als Gormáns Griff sich löste und sie mit einem dumpfen Laut auf dem Deck aufschlug.
    Fidelma war als erste bei ihr.
    Sie brauchte nicht mehr nach dem Puls zu fühlen. Es war klar, daß Gormán sich bei dem Fall das Genick gebrochen hatte. Fidelma beugte sich nieder und drückte ihr die starren Augen zu. Schwester Ainder sprach ein Totengebet.
    Murchad war wieder heruntergeklettert und trat zu ihnen.
    »Es tut mir leid«, keuchte er. »Ist sie …«
    »Ja, sie ist tot. Du kannst nichts dafür«, sagte Fidelma und erhob sich.
    Cian schaute Bruder Dathal über die Schulter und auf die Leiche des Mädchens hinunter.
    »Na«, sagte er erleichtert, »das wäre das.«
     

K APITEL 22
    Fidelma stand in der warmen Herbstsonne am Kai und atmete die exotischen Düfte der malerischen kleinen Hafenstadt ein, die sich im Schutz eines alten römischen Leuchtturms erstreckte, der als der »Turm des Herkules« bekannt war. Die »Ringelgans« lag am Kai vertäut. Die übriggebliebenen Passagiere hatten sich über Land auf ihre Pilgerschaft zum Schrein des heiligen Jakobus begeben. Fidelma hatte es abgelehnt, mit ihnen gemeinsam zu wandern, unter dem Vorwand, sie müsse einen Bericht über die Fahrt für den Oberrichter von Cashel verfassen, damit Murchad ihn auf der Rückreise gleich mitnehmen könne.
    Schon eine Stunde, nachdem die »Ringelgans« in diesen Hafen an der Nordwestküste Iberias eingelaufen war, vielleicht demselben Hafen, von dem aus Golamh und die Kinder Gaels vor mehr als einem Jahrtausend nach Éireann übergesetzt hatten, war das Schlußdrama dieser Überfahrt vonstatten gegangen.
    Cian war wieder vom Schiff verschwunden, aber diesmal mit Schwester Crella. Fidelma war davon nicht sonderlich überrascht.
    »Erinnerst du dich noch, daß Cian vom Schiff auf die Insel Ushant geflohen ist?« fragte sie Murchad. »Es war klar, daß er dabei Hilfe gehabt hatte.«
    Der Kapitän war verblüfft und sagte es auch.
    »Ein Mann, der seinen rechten Arm nicht gebrauchen kann, ist nicht in der Lage, das Skiff zur Insel zu rudern, geschweige denn es zum Schiff zurückzubringen.«
    Murchad schien beschämt, daß ihm das nicht aufgefallen war.
    »Daran habe ich nicht gedacht.«
    »Er mußte eine Komplizin haben. Er überredete Crella, ihm zu helfen, so wie jetzt auch. Vielleicht hätte ich versuchen sollen, sie davor zu warnen, sich noch einmal mit Cian einzulassen, aber ich glaube nicht, daß sie auf mich gehört hätte. Er wußte von jeher die Frauen zu nehmen. Wenn Not am Mann ist, kann er die Vögel auf den Bäumen bezaubern.«
    »Wo wollen sie jetzt hin? Nach Éireann können sie doch sicher nicht zurück.«
    »Wer weiß? Vielleicht ist er unterwegs zu dem Arzt Mormohec, um zu sehen, ob der seinen Arm heilen kann. Vielleicht auch nicht. Die arme Crella tut mir leid. Eines Tages wird sie ein böses
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