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08-Die Abschussliste

08-Die Abschussliste

Titel: 08-Die Abschussliste
Autoren: Lee Child
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sein. Er hat Besseres verdient. Er war sechzehn Jahre lang dabei.«
    Danach herrschte Schweigen. Sie sahen eine Menge Papierkram vor sich, und ich sah mich wieder als Hauptmann der Militärpolizei. Keine Sondereinheit mehr. Aber das war keine Überraschung. Das hatte ich erwartet, vorausgeahnt, seit ich im Flugzeug die Augen geschlossen und mir vorgestellt hatte, wie die Dominosteine einer nach dem anderen purzelten.
    »Eine Bitte«, sagte ich. »Ich möchte noch zwei Tage Aufschub. Ab heute.«
    »Wozu?«
    »Ich muss auf eine Beerdigung. Ich will meinen Kommandeur nicht um Urlaub bitten müssen.«
    Der Oberstleutnant wich meinem Blick aus.
    »Genehmigt«, sagte er.
     
    Ich ging in meine Unterkunft und packte alles, was ich besaß, in meinen Seesack. Dann ließ ich mir vom Zahlmeister einen Scheck einlösen, hinterlegte in einem Briefumschlag zweiundfünfzig Dollar für meine Sergeantin und schickte Franz seine fünfzig Dollar in einem Brief. Ich holte das von Marshall benutzte Brecheisen vom Pathologen und legte es zu dem, das wir uns von dem Eisenwarenhändler geliehen hatten. Dann ging ich auf der Suche nach einem Wagen, den ich mir leihen konnte, zur MP-Fahrbereitschaft. Zu meiner Überraschung sah ich dort noch Kramers Mietwagen stehen.
    »Niemand hat uns gesagt, was wir damit tun sollen«, erklärte der Dispatcher.
    »Warum nicht?«
    »Sir, sagen Sie’s mir. Das war Ihr Fall.«
    Ich wollte etwas Unauffälliges, und der kleine rote Ford stach zwischen all den olivgrünen und schwarzen Fahrzeugen förmlich heraus. Aber dann erkannte ich, dass die Situation draußen
genau umgekehrt sein würde. Dort würde niemand den Ford eines zweiten Blickes würdigen.
    »Ich bringe ihn selbst zurück«, sagte ich. »Ich bin ohnehin zum Dulles Airport unterwegs.«
    Papierkram gab es keinen, weil der Ford kein Fahrzeug der Army war.
     
    Ich verließ Fort Bird um zehn Uhr zwanzig und fuhr nach Norden in Richtung Green Valley. Ich machte keine Pause, um zu Mittag zu essen. Die Polizeistation Green Valley erreichte ich um fünfzehn Uhr fünfzehn. Dort traf ich Detective Clark an seinem Schreibtisch im Bereitschaftsraum an. Ich erklärte ihm, sein Fall sei abgeschlossen. Teilte ihm mit, die näheren Einzelheiten werde er von Summer erfahren. Ich ließ mir das Brecheisen geben, das er sich ausgeliehen hatte, und fuhr die zehn Meilen nach Sperryville zu dem Eisenwarenladen. Die Schaufensterscheibe war inzwischen ersetzt, das Sperrholzquadrat verschwunden. Ich nahm alle drei Brecheisen, ging in das Geschäft und gab sie dem alten Kerl hinter dem Ladentisch zurück. Dann setzte ich mich wieder hinters Steuer und folgte der einzigen aus der Kleinstadt hinausführenden Straße bis nach Washington, D. C.
     
    Ich fuhr den Beltway ein kurzes Stück entgegen dem Uhrzeigersinn und machte mich auf die Suche nach einem heruntergekommenen Stadtteil. Auswahl gab es reichlich. Ich entschied mich für ein vier Straßenblocks umfassendes Gebiet, das hauptsächlich aus verfallenden Lagerhäusern mit engen Gassen bestand. Was ich suchte, entdeckte ich in der dritten Gasse, als ich beobachtete, wie ein ziemlich ausgezehrt aussehendes Strichmädchen aus dem Eingang eines Klinkergebäudes kam. Ich ging hinein und fand dort einen Kerl, der besaß, was ich brauchte. Es dauerte ein paar Minuten, bis wir Vertrauen zueinander fassten. Letztlich tat Cash jedoch seine Wirkung und bereinigte alle Meinungsverschiedenheiten zwischen uns. Ich erstand ein paar Marihuana-Zigaretten, etwas Amphetamin und zwei Zehnerwürfel
Crack. Diese Menge beeindruckte den Mann wenig. Für ihn war ich ein Amateur.
     
    Dann fuhr ich nach Rock Creek, Virginia. Dort kam ich kurz vor siebzehn Uhr an. Parkte dreihundert Meter vom Stabsgebäude der 110th Special Unit entfernt und etwas erhöht, damit ich über den Zaun hinweg den Parkplatz beobachten konnte. Ich hatte keine Mühe, Willards Auto zu identifizieren. Er hatte es mir eingehend beschrieben. Ein klassischer Pontiac GTO, der in der Nähe der rückwärtigen Ausfahrt stand. Ich rutschte möglichst tief hinters Lenkrad und hielt die Augen offen.
     
    Er kam um siebzehn Uhr fünfzehn heraus. Dienstzeiten wie ein Banker. Er fuhr rückwärts aus der Parklücke. Ich hatte mein Fenster einen Spaltweit offen, um frische Luft zu bekommen, und konnte selbst aus dreihundert Metern Entfernung das volltönende Brummen der Auspuffrohre hören. Sie erzeugten einen ziemlich guten V-8-Klang. Summer hätte dieser Sound bestimmt gefallen. Ich
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