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08-Die Abschussliste

08-Die Abschussliste

Titel: 08-Die Abschussliste
Autoren: Lee Child
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Zusatzprofit für sich gesehen. Ich glaube, dass sie die Aktentasche geklaut hat.«

    Garber überlegte einen Augenblick.
    »Kann das ein Problem werden?«, fragte er.
    »Hängt davon ab, was sich sonst noch in der Aktentasche befand«, antwortete ich.

2
    Ich legte den Hörer auf und entdeckte einen Zettel, den meine Sergeantin mir hingelegt hatte: Ihr Bruder hat angerufen. Keine Nachricht. Ich faltete ihn einmal zusammen und ließ ihn in den Papierkorb fallen. Dann ging ich in meine Unterkunft zurück, um drei Stunden zu schlafen. Stand fünfzig Minuten vor dem Morgengrauen wieder auf. Das Motel erreichte ich genau bei Tagesanbruch. Auch im Morgenlicht sah die Gegend nicht besser aus. Sie wirkte heruntergekommen und verlassen. Nichts regte sich. Der Highway war leer. Es gab keinerlei Verkehr. Überhaupt keinen.
    Das Schnellrestaurant der Raststätte war geöffnet, aber menschenleer, der Empfang des Motels nicht besetzt. Ich ging die Reihe entlang zum vorletzten Zimmer. Kramers Zimmer. Die Tür war abgesperrt. Ich kehrte ihr den Rücken zu und stellte mir vor, ich sei eine Nutte, deren Freier eben abgekratzt war. Ich hatte mich unter ihm hervorgewälzt, mich hastig angezogen, mir seinen Aktenkoffer geschnappt und wollte damit abhauen. Was würde ich tun? Der Aktenkoffer selbst interessierte mich nicht. Ich wollte das Bargeld aus der Geldbörse und vielleicht die American-Express-Karte. Also würde ich sie durchwühlen, das Geld und die Karte behalten und den Aktenkoffer irgendwo loswerden wollen. Aber wo?
    Am besten hätte ich ihn im Zimmer gelassen. Aber das war aus irgendeinem Grund nicht geschehen. Vielleicht war ich in Panik geraten. Vielleicht stand ich unter Schock und wollte nur schnell weg von hier. Wo also sonst? Ich sah zu dem Striplokal
hinüber. Dorthin würde ich wohl wollen. Von da war ich vermutlich gekommen. Aber dorthin konnte ich den Aktenkoffer nicht mitnehmen. Er würde meinen Kolleginnen auffallen, weil ich schon eine große Handtasche trug. Nutten tragen immer große Handtaschen. Sie haben viel zu transportieren: Kondome, Massageöle, vielleicht ein Messer oder einen Revolver, vielleicht ein Gerät für Kreditkartenquittungen. Daran erkennt man Nutten am sichersten. Man hält Ausschau nach einer Frau, die wie für einen Ball angezogen ist, aber eine Handtasche dabeihat, als wollte sie eine Urlaubsreise machen.
    Ich sah nach links. Vielleicht war ich zur Rückseite des Motels gegangen. Dort wäre alles ruhig gewesen. Alle Fenster führten nach hinten hinaus, aber es war Nacht, und ich konnte damit rechnen, dass die Vorhänge zugezogen sein würden. Ich marschierte nach links, bog noch mal links ab und kam hinter den Zimmern auf ein mit verwilderten Sträuchern bewachsenes Rechteck, das etwa sechs Meter breit und so lang wie das Gebäude war. Ich stellte mir vor, wie ich rasch um die Ecke bog und dann im Dunkeln stehen blieb, um den Inhalt des Aktenkoffers durch Abtasten zu erkunden. Und ich stellte mir vor, wie ich fand, was ich suchte, und dann den Aktenkoffer wegschleuderte. Er konnte bis zu zehn Meter weit geflogen sein.
    Ich stand, wo sie gestanden haben mochte, und legte einen Viertelkreis vor mir fest. Nun musste ich eine Fläche von ungefähr achtzig Quadratmetern absuchen. Der Boden war steinig und mit Raureif bedeckt. Ich fand jede Menge Zeug. Abfälle und gebrauchte Injektionsspritzen, aus Stanniol gedrehte Crackpfeifen und eine Buick-Radkappe, eine Rolle, die von einem Skateboard stammte, aber keinen Aktenkoffer.
    Das Grundstück wurde durch einen fast zwei Meter hohen Holzzaun begrenzt. Ich zog mich daran hoch und schaute hinüber. Entdeckte ein weiteres Rechteck voller Unkraut und Steine. Keinen Aktenkoffer. Ich ging weiter und kam von hinten an den Empfang des Motels. Dort hatte ich ein schmutziges Milchglasfenster vor mir, das vermutlich zur Personaltoilette
gehörte. Darunter lagen mindestens ein Dutzend ausrangierter Klimageräte. Sie waren so verrostet, als befänden sie sich schon seit Jahren dort. Ich bog um die Ecke und dann nach links auf eine mit Kies bestreute Fläche, auf der zwischen Unkraut ein Abfallbehälter auf Rädern stand. Ich öffnete den Deckel. Der Behälter war zu drei Vierteln mit Müll gefüllt. Wieder kein Aktenkoffer.
    Ich überquerte die Straße und den leeren Parkplatz und sah mir das Striplokal an. Es war still und fest verriegelt. Alle Leuchtreklamen waren ausgeschaltet, und ihre kleinen gebogenen Glasröhren wirkten kalt und leblos. Ich entdeckte
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