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08-Die Abschussliste

08-Die Abschussliste

Titel: 08-Die Abschussliste
Autoren: Lee Child
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lächelte. Aus akzeptabel würde bald höchst erwünscht werden. In zwei Stunden würde Stockton woanders sein müssen. Jede Menge Partys würden zu Ende gehen, und auf den Straßen würde Chaos herrschen. In zwei Stunden würde er mich anbetteln, den Typen fortzuschaffen. Ich sagte nichts. Der Cop verließ den Raum, und Stockton trat etwas weiter in das Zimmer, wo er mit dem Rücken zu dem Toten stehen blieb und das Fenster mit den zugezogenen Vorhängen anstarrte. Ich nahm den Kleiderbügel mit dem Uniformjackett aus dem Schrank und hängte ihn so an den Rahmen der Badezimmertür, dass die Flurlampe ihn beleuchtete.
    Das Jackett eines Dienstanzugs zu betrachten ist nicht anders, als läse man ein Buch oder säße in einer Bar neben einem Kerl, der einem seine Lebensgeschichte erzählt. Dieses hier hatte die richtige Größe für den Toten auf dem Bett, und auf dem Namensschild stand Kramer, was dem Namen auf den Erkennungsmarken entsprach. Die Ordensspange begann mit einem Purple-Heart-Band mit zwei Eichenlaubkränzen in Bronze für die zweite
und dritte Verleihung des Ordens, was zu den Narben passte. Auf den Schulterstücken glänzten je zwei Silbersterne, die bestätigten, dass er Generalleutnant war. Die Abzeichen auf dem Revers wiesen ihn als Angehörigen der Panzertruppe aus; der Ärmelaufnäher zeigte, dass er zum XII. Korps gehörte. Dazu kamen mehrere Auszeichnungen für Einheiten, in denen er gedient hatte, und ein buntes Sammelsurium von Orden, die bis zu den Kriegen in Korea und Vietnam zurückreichten. Manche dieser Auszeichnungen hatte er sich vermutlich ehrlich verdient, während ihm andere nachgeworfen worden waren. Bei einigen handelte es sich um ausländische Orden, die getragen werden durften, aber nicht getragen werden mussten. Vor mir hing ein ziemlich voll gepflastertes Uniformjackett, relativ alt, gut gepflegt, von der Stange gekauft, nicht etwa maßgeschneidert. Als Ganzes verriet es mir, dass er beruflich, aber nicht persönlich eitel war.
    Ich durchsuchte die Taschen. Sie enthielten nichts außer dem Zündschlüssel des Leihwagens. Er hing an einem Schlüsselring in Form einer »Eins« aus durchsichtigem Kunststoff, in der ein länglicher Zettel steckte, der oben den gelben Aufdruck Hertz trug. Darunter hatte jemand mit schwarzem Kugelschreiber das Kennzeichen des Fords eingetragen.
    Keine Geldbörse. Auch kein loses Kleingeld.
    Ich hängte das Jackett in den Schrank zurück und inspizierte die Hose. Nichts in den Taschen. Ich sah in den Schuhen nach. Sie enthielten nur die Socken. Ich kontrollierte die Mütze. Unter ihr war nichts versteckt. Ich hob den Kleidersack heraus und öffnete ihn auf dem Fußboden. Er enthielt einen Kampfanzug und eine Feldmütze M43. Socken und Unterwäsche zum Wechseln und ein Paar Kampfstiefel aus glänzend geputztem schwarzem Leder. Der Kleidersack hatte ein leeres Fach, das vermutlich für den Kulturbeutel gedacht war. Sonst nichts. Absolut nichts. Ich zog den Reißverschluss wieder zu und stellte den Kleidersack zurück. Ging in die Hocke und sah unters Bett. Nichts.
    »Irgendwas, das uns Sorgen machen müsste?«, fragte Stockton.

    Ich stand auf. Schüttelte den Kopf.
    »Nein«, log ich.
    »Dann können Sie ihn haben«, sagte er. »Aber ich bekomme den Autopsiebericht.«
    »Abgemacht«, sagte ich.
    »Gutes neues Jahr«, sagte er.
    Er ging zu seinem Wagen hinaus, und ich setzte mich wieder in mein Humvee. Nachdem ich mit Code 10-5 einen Sanka angefordert hatte, wies ich meine Sergeantin an, einen Zweimanntrupp mitzuschicken, der Kramers gesamtes persönliches Eigentum auflisten, verpacken und in mein Dienstzimmer schaffen sollte. Ich blieb am Steuer sitzen, bis Stockton und seine Leute im Nebel verschwunden waren. Dann ging ich ins Motelzimmer zurück und holte mir den Zündschlüssel aus Kramers Jackett, um den Ford aufzusperren.
    Im Wageninnern gab es nichts außer dem Mief von Polsterreiniger und einer Kopie des Mietvertrags. Kramer hatte den Wagen am Vortag um 13.32 Uhr auf dem Dulles Airport bei Washington, D. C., in Empfang genommen, ihn mit einer privaten American-Express-Karte gemietet und einen Discountpreis erhalten. Bei Mietbeginn wies der Tacho einen Kilometerstand von 13 215 Meilen auf. Jetzt stand er auf 13 513, was meiner Rechnung nach bedeutete, dass er zweihundertachtundneunzig Meilen gefahren war, was für die kürzeste Strecke von dort nach hier ungefähr hinkam.
    Nachdem ich die Kopie an mich genommen hatte, sperrte ich den Ford wieder
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