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0796 - Luzifer

0796 - Luzifer

Titel: 0796 - Luzifer
Autoren: Achim Mehnert
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nichtexistente Dorf ist wieder aufgetaucht.«
    »Wenn es nur das wäre.« Zamorra deutete durch die Windschutzscheibe, und nun sah Nicole, was er meinte.
    Am Rande des Weizenfelds stand eine Gestalt, die dort bestimmt nichts verloren hatte.
    Bis auf den menschlichen Oberkörper wirkte alles an ihr fremdartig, besonders die ledrige, braune Haut, die gewaltigen Schwingen und das Paar Hörner an ihrem Kopf.
    »Lucifuge Rofocale«, entfuhr es Nicole unwillkürlich. »Aber das ist doch nicht möglich.«
    Denn Lucifuge Rofocale war bekanntermaßen tot.
    ***
    »Ich werde dafür sorgen, dass ihr an euer Ziel gelangt, doch wir können nicht einfach durch die Gegend laufen. Auf normalem Weg gelangen wir niemals dorthin.«
    Rico Calderone betrachtete den alten Mann unauffällig. Merlin war in einen langen, schwarzen Umhang gehüllt, der mit allerlei symbolischen Zeichen versetzt war und haltlos um die hagere Gestalt des Zauberers schlackerte. Der Stoff schluckte das Licht und strahlte eine durchdringende Kälte aus, die einem Normalsterblichen die Lebenskraft entzogen hätte.
    Ein Calderone konnte über solche Taschenspielertricks jedoch nur lachen. Überhaupt hatte er den Eindruck, dass der Alte ihn gehörig unterschätzte, sonst hätte er sich seine völlig überflüssigen Erklärungen gespart. Dass man zur Flammenwand nicht über ein paar Straßen und asphaltierte Wege kam, war selbst den dümmsten Kreaturen der Hölle bekannt.
    »Ich bin überzeugt, du kennst den einzig gangbaren Weg.« Sollte der Alte sich ruhig überlegen fühlen!
    »Dies hier wird uns dabei helfen.« Merlin schwenkte einen hölzernen Stab, der größer war als er selbst. »Denn viele unsichtbare Tore sind verschlossen, aber er wird sie für uns öffnen.«
    »Für mich sieht er aus wie ein knorriger, verdorrter Ast, in dem keine Kraft mehr steckt«, stichelte Stygia und musterte das magische Artefakt des Zauberers skeptisch. »Bist du sicher, dass wir uns nicht auf unsere eigenen Kräfte verlassen sollten?«
    »Dann seid ihr verloren. Mein Stab mag leblos erscheinen, aber nur für Narren. Er wirkt durch mich, durch meine Kraft.«
    Lächerlich! Das klang immer mehr nach Taschenspielerei, denn zweifellos brauchte Merlin seinen Stab nicht, um seine Kräfte wirken zu lassen. Der Knüppel diente lediglich dazu, ihm mehr Imposanz zu verleihen und ihn größer erscheinen zu lassen. Darauf mochten armselige Unterlinge hereinfallen, aber nicht LUZIFERS Ministerpräsident.
    Calderone nahm sich vor, den Alten keine Sekunde aus den Augen zu lassen. Trotz all seiner Macht machte der Spiegelwelt-Merlin einen seltsamen Eindruck auf ihn. Ein Gedanke nahm in seinem Kopf Gestalt an.
    Ein typischer Verlierer. Aber Hauptsache, er führt uns gut. Danach kann er meinetwegen von der Bühne abtreten, am besten gleich gemeinsam mit Stygia.
    »Wir werden ein paar Umwege nehmen müssen«, sagte Merlin. »Niemand darf euch frühzeitig sehen oder von eurer Anwesenheit erfahren. LUZIFER ist zwar hinter der Flammenwand verborgen, aber dafür ist sein Statthalter umso wachsamer. Lucifuge Rofocale ist ihm Auge und Ohr gleichermaßen. Was er erfährt, erfährt auch der KAISER.«
    »Das Gegenstück in unserer Hölle stellt keine Gefahr mehr dar«, antwortete Stygia gehässig. »Nur ein toter Lucifuge Rofocale ist ein guter Lucifuge Rofocale. Anscheinend sind wir euch einen entscheidenden Schritt voraus.«
    Am liebsten hätte Calderone die Fürstin für ihre Arroganz getadelt, aber Merlin durfte nicht erkennen, dass seine beiden Mitverschwörer sich nicht einmal untereinander grün waren. Das hätte ihn vielleicht misstrauisch gemacht.
    »Wir sollten endlich aufbrechen«, forderte er nur. »Denn du hast ganz recht, Merlin. Mit jeder sinnlos vergeudeten Minute wächst die Gefahr unserer Entdeckung.«
    »Dann soll es sein.«
    Der Zauberer hob seinen Stab und donnerte ihn auf den Boden, und sofort veränderte sich die Umgebung.
    ***
    Dicht wallte der Nebel und verwandelte die Landschaft in eine Märchenwelt aus Zuckerwatte. Doch sie war viel gefährlicher, denn der geringste Fehltritt konnte das Ende bedeuten.
    Rechts und links des Weges brodelte das Moor, von dem modriger Geruch aufstieg. Es blubberte und schmatzte, als labten sich tausend Kreaturen an unvorsichtigen Opfern, die nicht aufgepasst hatten, wohin sie ihren Fuß setzten.
    Rico Calderones Füße verschwanden in der dichten Suppe, in der der halbwegs befestigte Weg nur selten zum Vorschein kam. Er machte sich keine Sorgen, dass er
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