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0795 - Entführt in die Totenstadt

0795 - Entführt in die Totenstadt

Titel: 0795 - Entführt in die Totenstadt
Autoren: Christian Montillon
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stand außer Zweifel, dass Höllenwesen hinter Vasus Entführung steckten, denn er war für sie mehr als nur gefährlich. Sein Status als Halbgott, der die Waagschale zwischen Göttern und Dämonen des indischen Subkontinents ausgeglichen halten sollte, machte ihn automatisch zu ihrem Feind. Denn mit Ausgeglichenheit gaben sich die Dämonen nicht zufrieden, sie strebten nach der absoluten Macht.
    Auch die zweite Möglichkeit gefiel ihr überhaupt nicht. Im Gegenteil. Denn ebenso wahrscheinlich war es, dass ihr verhasster Vater über seine Informationskanäle von dem Verschwinden seines Enkelkindes erfahren hatte. Wenn das der Fall war, hatte er sofort versucht, mit ihr Kontakt aufzunehmen. Und da sie nicht erreichbar gewesen war, hatte er bestimmt irgendwelche Schnüffler in ihre Wohnung geschickt.
    Gut bezahlte Schnüffler, die keine offensichtlichen Spuren hinterlassen würden.
    Welcher der beiden Gedankengänge zutraf, konnte sie nicht feststellen. Ihre Enttäuschung und ihre Sehnsucht nach ihrem Kind, ihrem geliebten Honighelden, verhinderten einen Zornesausbruch. Sie ging in ihr Schlafzimmer, in dem-Vasus verwaiste Wiege neben ihrem Bett stand. Der kleine Stoffelefant, dessen Knopfaugen sie über seinem Rüssel niedlich anzuschauen schienen, versetzte ihrem Herzen einen Stich. Vasu hielt ihn beim Schlafen immer in seinem Arm…
    Es klingelte.
    Asha zuckte zusammen. Das würde doch nicht etwa ihr Vater sein? Sie traute ihm in beiden Fällen die Unverschämtheit zu, hier aufzutauchen, ob er es gewesen war, der in ihre Wohnung eingedrungen war oder nicht.
    Widerstrebend riss sie sich vom Anblick der Wiege los und straffte sich. Wer auch immer vor der Tür wartete, sie würde ihn gnadenlos abkanzeln. Sie wollte ihre Ruhe, um morgen die Ermittlungen wieder aufnehmen zu können. Eine letzte verzweifelte Idee hatte sie noch, die ihr möglicherweise den Weg zu den Entführern und damit auch zu ihrem Sohn weisen konnte.
    Sie riss die Wohnungstür auf und schnauzte ein »Was denn?« in den Flur hinaus.
    »Hallo Asha«, begrüßte sie Professor Zamorra.
    Asha starrte ihn verblüfft an. Was hatte der denn hier zu suchen? Natürlich stand seine unvermeidliche Begleiterin Nicole Duval direkt neben ihm. Wie waren die beiden bloß hierher gekommen? Widerwillig musste sie sich eingestehen, dass sie mal wieder zur richtigen Zeit am richtigen Ort waren.
    Zumindest aus deren Blickwinkel heraus. Was Asha selbst betraf, so konnten ihr die beiden Franzosen gestohlen bleiben, und das posaunte sie ihnen auch mit zornfunkelnden Augen entgegen. »Was wollt ihr hier? Wenn ihr wegen Vasu hier seid, dann lasst euch gesagt sein, dass ich eure Hilfe nicht brauche. Warum mischt ihr euch ständig in alles ein? Versteht ihr, was ich euch mit den folgenden Worten mitteilen will? Lasst - mich - in - Ruhe!«
    Sprach’s und donnerte die Tür wieder zu.
    ***
    Nicole kochte vor unterdrückter Wut. Asha brachte sie mal wieder zum Rasen.
    »Na das hätten wir uns schon vorher denken können, Chef«, meinte sie. Sie kam mit der mehr als nur cholerischen Art der indischen Inspectorin noch schlechter zúreeht als Zamorra.
    »Sie ist verzweifelt, weil man ihr den Sohn genommen hat«, lenkte Zamorra ein, obwohl auch ihm Ashas schwer so zu bezeichnende »Begrüßung« auf den Magen geschlagen war. Am liebsten hätte auch er sofort kehrt gemacht und den Staub aus New Delhis Straßen von seinen Füßen geschüttelt.
    »Jetzt nimm sie bloß nicht in Schutz«, winkte Nicole ab. »Trotz ihrer offensichtlichen Angst und Liebe zu ihrem kleinen Halbgott ist sie nach wie vor ein Kotzbrocken geblieben.«
    Zamorra musste schmunzeln, und das tat in dieser Situation gut. Er spürte, wie sich seine innere Anspannung abbaute. »Halbgott ist treffend gewählt, Nici. Bei jeder anderen Mutter würde ich in dieser Bezeichnung leichte Kritik lesen, doch bei Asha trifft sie tatsächlich zu…« Zamorra drückte Nicole einen Kuss auf die Wange und wurde wieder ernst. »Doch obwohl sie ein Kotzbrocken ist, bleibt sie Vasus Mutter, und ich bleibe sein Künder«, beharrte er. »Und obwohl ich mir diese Rolle nicht ausgesucht habe, fällt es mir leichter, sie zu akzeptieren als manch andere, die mir im Lauf der Jahre aufgedrückt worden ist.«
    Nicole schloss kurz die Augen und atmete geräuschvoll aus. »Nun denn«, murmelte sie vor sich hin und drückte erneut den Klingelknopf. Wider Erwarten wurde ihnen tatsächlich innerhalb einer Sekunde geöffnet. Asha musste unverändert direkt
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