Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0795 - Entführt in die Totenstadt

0795 - Entführt in die Totenstadt

Titel: 0795 - Entführt in die Totenstadt
Autoren: Christian Montillon
Vom Netzwerk:
Seite aus und schleifte die zerfetzten Reste eines grau gewordenen Leichenhemdes hinter sich her. So war der Weg auf der von undefinierbarem grauem Pulver überzogenen Gasse für den Toten frei.
    Er blickte sich nicht zu der jämmerlichen Gestalt um, sondern schlurfte stur geradeaus weiter. Wenige strähnige Haare hingen ihm weit in den aufgeworfenen Nacken. Er war einer der ältesten Bewohner der Totenstadt Yamapura. Die Reste seines vor ewigen Zeiten gestorbenen Verstandes konnten keine zeitliche Einordnung vornehmen. Das einzige, das er könnte, war existieren und alles, was ihn in irgendeiner Weise hinderte, aus dem Weg schieben oder vernichten.
    Bis er eines Tages selbst vernichtet werden würde.
    Er wusste nicht, wo er sich befand, hatte keine Ahnung davon, dass es ihn nach seinem Tod als Mensch in eine andere Dimension verschlagen hatte. Zu seinen Lebzeiten hatte er nie von der legendären indischen Totenstadt gehört.
    Yamapura hatte ihren Namen aufgrund ihres Herrschers erhalten. Yama, der Totengott, war der uneingeschränkte Herr in dieser Stadt. Eine nahezu unendliche Zahl von Leichen bevölkerte Yamapura. Dennoch begegneten sie einander selten, denn Yamapura war größer als jede irdische Metropole. Wo dort das Leben pulsierte, herrschte hier der Tod.
    Als es Yama nach Äonen zu eintönig geworden war, hatte er begonnen, auch andere Wesen hier anzusiedeln. Sterbliche, die als Opfer für die Leichen dienen konnte. So mancher ergötzender Kampf war seitdem abgelaufen…
    Doch die Sterblichen waren keine wirklichen Gegner für die Toten. Der Ausgang jeder Begegnung stand von vorne herein fest, und das war auf Dauer nicht befriedigend. Also brachte-Yama eine dritte Partie in das Spiel ein. Er durchstreifte Dimensionen und Welten und suchte nach Furcht erregenden Kreaturen und dämonischen Monstern. Die grauenhaftesten entführte er in seine Totenstadt.
    Seitdem war in Yamapura alles möglich. Dämonen und Ungeheuer jeglicher Schattierung fristeten hier ihre Existenz, auch ihnen gelang es nicht, von hier zu entkommen. Nur wenn Yama selbst oder sein Bote Yamapura einen Weg öffneten, wurden die Dimensionen für einen Rückweg durchgängig.
    Lange Zeit verging, undYama herrschte über seine Totenstadt. Seine Position war unangreifbar, und so beschloss er eines Tages, dass er zu Höherem berufen war. Die engen Grenzen seiner-Totenstadt befriedigten ihn nicht mehr. Er mochte nicht mehr nur über ein Heer von Leichen und einige hundert Monstren gebieten.
    Yama beobachtete die Götterwelt, besah sich das Treiben der Dämonen und der Sterblichen. Er wusste stets über ihre Ränkespiele Bescheid, analysierte jeden Machtwechsel und dessen Potential für seine eigenen dunklen Pläne.
    Dann stieß er auf ein Phänomen, das es ihm wert schien, in genaueren Augenschein genommen zu werden. Vasu reinkarnierte wieder einmal, diesmal unter Umständen, die ihn verletzlich machten. Er schickte sich an, die Möglichkeit zu nutzen und den Halbgott in seine Gewalt zu bringen, solange dieser in seiner Gestalt als menschliches Baby hilflos gefangen war.
    Doch Kali, die Schreckliche, kam ihm zuvor.
    Ärgerlich donnerte Yama auf dem Rücken seines Büffels reitend durch die Straßen seiner Totenstadt. Soeben kamen mehr als zehn Leichen nach ihrer Reise aus der Menschenwelt in Yama pura an, doch sie hatten keine Zukunft.
    Yama zog seine schreckliche Keule hervor und schwang seine tödliche Schlinge. Wen er damit einfing, der war rettungslos verloren. Wie ein Berserker wütete Yama zwischen den Neuankömmlingen, und mit jedem Kopf, der auf das graue Etwas fiel, das den Boden der Totenstadt überzog, schwand sein Zorn.
    Dann sah er sich einem grün schillernden Schlangen wesen gegenüber, das seine beiden Mäuler aufriss und geistesgegenwärtig um Gnade winselte. Yama stürmte auf seinem Büffel reitend auf das Schlangenmonstrum zu. Er schwang seine schwere Keule und seine Schlinge. Die Schlinge wickelte sich zielgenau um den Kopf seines Gegners. Ein Schlag mit der Keule ließ das Monster für immer verstummen.
    Wieder verging eine Zeit, diesmal nur einige Wochen, bis sich alles änderte.
    Dann warYamas Gelegenheit gekommen. Er nutzte den Zeitpunkt und schlug zu, ehe ihm wieder jemand anderes zuvorkommen konnte. Er schickte seinen BotenYamaduta auf eine ungewöhnliche Mission. Während er normalerweise die Seelen aus der Menschenwelt in die Heimat der-Toten führte, sollte er diesmal einen Lebenden hierher bringen. Einen Halbgott im
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher