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0795 - Entführt in die Totenstadt

0795 - Entführt in die Totenstadt

Titel: 0795 - Entführt in die Totenstadt
Autoren: Christian Montillon
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Körper eines Babys.
    Yamaduta bediente sich selbst einiger Lakaien, denn er wollte sich auf seine eigentliche Aufgabe konzentrieren. Sie erledigten ihren Auftrag rasch und zuverlässig. Als Yamaduta das Baby seinem Herrn übergab, erscholl dessen lautes triumphierendes Lachen durch die ganze Stadt.
    Das Haus, in dem der Schlüssel zu Yamas Triumph auf einem harten Bett gefangen läg, stand am Rande der Totenstadt. Eine schmale Gasse führte hierher. Auf der anderen Seite des Hauses befand sich der kochende und ständig Blasen nach oben schleudernde Geistersumpf, der-Yamapura in allen Richtungen umschloss.
    Niemand hatte den Geistersumpf je überquert. Die Totenstadt hatte weder Ein- noch Ausgang, lediglich ein mächtiges Stadttor. Doch kein Weg führte dorthin, nur durch die Dimensionen war es zu erreichen. Auch der schmale Platz jenseits des Stadttores war vom tödlichen Sumpf umgeben.
    Der Totengott hielt seinen Büffel vor diesem Haus an. Seine rote und grüne Kleidung raschelte, als er das Eingangstor öffnete. »Als ich die gute Nachricht bekam, bin ich aus meinem Palast Kalichi direkt zu dir geeilt, Vasu«, sprach er den gefangenen Halbgott triumphierend an. »Wie stets ist auf meinen Boten Yamaduta absoluten Verlass.«
    Vasu gönnte ihm keine Antwort. Er drehte seinen hilflosen Körper zur Seite.
    »Du wirst für mich der Schlüssel sein, endlich meine Pläne zu verwirklichen«, sagte der Totengott.
    Jetzt wandte Vasu sich um. »Du hast mich gefangen, doch meine Mutter und mein Künder sind bereits unterwegs. Sie suchen mich, und sie werden mich finden.«
    Yama sah in diesem Moment in Vasus Gedanken, wer dessen Künder war. Er zuckte schmerzhaft zusammen und unterdrückte ein Aufbrausen. Er hatte die Begegnung mit diesem Menschen verdrängt, die vor langer Zeit stattgefunden hatte, lange bevor Vasus Bewusstsein in dessen aktuellen Körper geschlüpft war.
    Zamorra. [3]
    »Wenn der Künder an meinen vieräugigen Hunden vorbeikommt, wird er in meiner Totenstadt sterben, bevor er dich findet«, presste er hervor. »Ich werde das, was jetzt noch schläft, auf seine Ankunft vorbereiten.«
    Doch Vasu reagierte nicht mehr. Es ärgerte Yama maßlos, dass das Baby einfach eingeschlafen war, als fühle es sich sicher.
    ***
    Vasu erwachte. Sein Bauch tat ihm weh. Es war ganz oft so, sein kleiner menschlicher Körpêr konnte mit den Stoffwechselvorgängen noch nicht richtig umgehen. Doch sein Verstand, der die Grenzen und Einengungen des menschlichen Körpers schon im Moment der Geburt weit hinter sich gelassen hatte, ermöglichte es ihm, den Schmerz zu ignorieren.
    Er überdachte seine Situation. Es gab nur eine Chance, seine Umgebung zu erkunden, und die wollte er nutzen. Schon einmal hatte er sich verwandelt, seine Fähigkeiten, sein Erbe als Halbgott ausgenutzt. [4] Er vermochte die Gestalt eines Dämonenhauptmanns anzunehmen. Dann war er fähig, sich aufrecht fortzubewegen, die Beschränkungen seines Kleinkindkörpers hinter sich zu lassen.
    Das schäbige und morsche Bett, auf dem eben noch der weit weniger als einen Meter große Körper des Sohnes der Asha Devi gelegen hatte, ächzte mit einem Mal in allen Fugen. Es knarrte bedrohlich, und als der martialisch aussehende Hüne, der die Stelle des Babys eingenommen hatte, sich schwungvoll von ihm herunter schwang, brach es zusammen.
    Eine altindische Kriegergestalt stapfte auf die Tür des Hauses zu und trat sie ein. Rotes Höllenfeuer glomm in den Augen des Kämpfers. Er war in der Art eines in die Schlacht ziehenden altindischen Soldaten gekleidet. Die Metallbeschläge seines Lendenschurzes klirrten, als er das gewaltige Schwert aus der Scheide zog. Ein Helm schützte seinen Kopf. Weit riss er sein gefährlich aussehendes Maul auf, lange Reißzähne glänzten matt im trüben Zwielicht, das in Yamapura herrschte.
    Er versetzte sich in einen lockeren Laufrhythmus. Seine langen, kräftigen Beine brachten ihn dem Zentrum der Totenstadt rasch näher. Zunächst begegnete ihm niemand auf seinem Weg durch die unheimlichen Gassen, doch bald sah er eine Gestalt auf sich zukommen.
    »Im Namen-Yamas!«, schrie das mehrarmige scheußliche Monstrum ihm entgegen. »Bleibe sofort stehen!« Aus seinen vier Händen blitzten dem Dämonenhauptmann, dessen Gestalt Vasu angenommen hatte, vier lange Klingen entgegen. Das Monstrum hatte ihn offensichtlich trotz seiner Verwandlung sofort erkannt.
    »Geh mir aus dem Weg und richte Yama aus, dass Vasu nicht so hilflos ist, wie er es glaubt!
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