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0770 - Kind der Finsternis

0770 - Kind der Finsternis

Titel: 0770 - Kind der Finsternis
Autoren: Roger Clement
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Füßen. Er schwebte.
    Zwischen den Fußsohlen des Meisters und dem Boden war ungefähr eine Handbreit freie Luft!
    Zamorra fragte sich, ob der Inder gleich aufwärts geschwebt war oder ob er erst später den Boden unter den Sohlen zu Gunsten des Luftraums aufgegeben hatte.
    Eigentlich machte es keinen Unterschied. Die entscheidendere Frage war: Kam diese Fähigkeit aus Meister Nandos Innerem heraus? Oder war der Hausherr das nächste Opfer der unsichtbaren Kraft, die sich einen Wirtskörper suchte?
    Zamorra wusste, dass die Sadhus, die Heiligen Männer Indiens, erwiesenermaßen zu unglaublichen Dingen in der Lage waren. Sie durchstachen ihre Zungen und Ohrläppchen mit langen Nadeln, ließen sich lebendig begraben oder reduzierten ihren Pulsschlag so weit, dass sie eigentlich nicht leben konnten.
    Einer von ihnen hatte sich sogar selbst mumifiziert, wie Zamorra wusste. Der Mann trank in regelmäßigen Abständen von einer konservierenden Flüssigkeit, starb unendlich langsam dahin und wurde ebenso unendlich langsam dabei zur anfangs noch lebenden Mumie…
    Aber Meister Nando hatte offenbar nicht vor, eine Kostprobe seiner übermenschlichen Fähigkeiten zu geben. Denn er gab sich nicht mit dem Schweben über dem Fußboden zufrieden.
    Stattdessen raste er plötzlich und unerwartet auf Zamorra zu!
    Die Attacke kam so überraschend, dass weder der Dämonenjäger noch seine Gefährtin rechtzeitig reagieren konnten. Ganz zu schweigen von Merlins Stern, der sich immer noch völlig passiv verhielt.
    Zamorra schaffte es zwar, instinktiv die Arme hochzureißen.
    Der hoch gewachsene und durchtrainierte Dämonenjäger war dem dürren Guru körperlich haushoch überlegen. Jedenfalls schien es dem Betrachter so.
    Doch Zamorra konnte nicht verhindern, dass Meister Nando ihn umschlang wie ein Ringer seinen Gegner. Zamorra war gewiss mindestens doppelt so schwer wie der dürre Inder.
    Trotzdem riss Meister Nando den Dämonenjäger von den Beinen. Dabei ließ er ihn nicht los.
    So kam es, dass die beiden Männer auf die Statue von Gandharva zuflogen. Nicole war durch den Angriff zur Seite geschleudert worden. Sie wirbelte herum, wollte ihrem Gefährten zu Hilfe kommen.
    Doch stattdessen musste sie mitansehen, wie der Guru und der Dämonenjäger gegen die Statue prallten und in der nächsten Sekunde verschwanden!
    Instinktiv versuchte Nicole, zu retten, was zu retten war. Sie rief das Haupt des Siebengestirns von Myrrian-ey-Llyrana per Gedankenbefehl. Vergeblich. Entweder funktionierte das Amulett immer noch nicht richtig oder dieser verflixte Guru hatte Zamorra in eine andere Dimension gezerrt. Über Dimensionsgrenzen hinweg konnte das Kleinod nämlich nicht gerufen werden. Jedenfalls machte es keinen Unterschied.
    Zamorra war entführt worden. Und sie, Nicole, würde dem nächsten schwarzmagischen Angriff mit leeren Händen entgegentreten müssen! Bisher hatte das Amulett ja immer seine Fähigkeiten zurückgewonnen. Aber was nützte das, wenn sie über Merlins Stern nicht verfügen konnte?
    Die Anhänger von Meister Nando trugen nicht gerade dazu bei, die Konzentration der Dämonenjägerin zu erhöhen.
    Angesichts des unerklärlichen Verschwindens ihres Gurus brach unter ihnen eine Panik aus. Sie verhielten sich entsprechend der alten Weisheit bist du in Gefahr und Zweifel, lauf im Kreis, schrei wie der Teufel!
    Wie sollte Nicole unter diesen Umständen einen klaren Gedanken fassen? Das war der Moment, in dem Asha Devi aus ihrer Trance erwachte.
    »Was ist denn hier los, liebe Nicole?« Die Polizistin stand mit einer gleitenden Bewegung auf und legte der Dämonenjägerin eine Hand auf den Unterarm.
    Trotz ihrer eigenen Aufregung wunderte sich Nicole darüber, wie sanft und freundlich Asha Devi plötzlich war. Die Augen der Inderin glänzten, auf ihren Lippen lag ein Lächeln.
    »Was los ist, Asha? Zamorra ist plötzlich verschwunden, und…«
    »Ja, die Männer!« Die Polizistin zwinkerte Nicole zu und stieß ihr mit dem Ellenbogen vertraulich in die Rippen. »Die Männer machen eben, was sie wollen. Wir können nicht mit ihnen leben und nicht ohne sie. Was wäre das Leben ohne Männer, hm?«
    Nicole wusste nicht, ob sie genervt, verblüfft oder geschockt sein sollte. Mit allem hatte sie gerechnet. Aber nicht damit, dass Asha Devi eine Art vertrauliches Frauengespräch begann, nachdem Zamorra von diesem undurchsichtigen Guru auf eine andere Wirklichkeitsebene gerissen wurde und außerdem jeden Moment ein neuer Dämonenangriff
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