Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0770 - Kind der Finsternis

0770 - Kind der Finsternis

Titel: 0770 - Kind der Finsternis
Autoren: Roger Clement
Vom Netzwerk:
niemals bewusst gesehen. Aber das war ein anderes Kapitel.
    Und zwar eines, das ihre Laune nicht, gerade verbesserte.
    Und das bekam nun Edgar Jones zu spüren!
    Asha Devi stieß ihn so heftig von sich, dass er auf seinen Stuhl zurückplumpste und mitsamt dem Möbelstück umfiel.
    In diesem Moment öffnete sich die Tür. Sergeant Tanu trat ein und legte grüßend die Hand an den Mützenschirm.
    »Verschwinden Sie!«, schnauzte Asha ihren Untergebenen an. »Sehen Sie nicht, dass ich zu tun habe?«
    »Verzeihung, Madam. Aber der Superintendent möchte Sie sofort sprechen. Umgehend, auf der Stelle, ohne Verzögerung. Es tut mir Leid…«
    »Na, da kann man wohl nichts machen.« Die Inspektorin deutete mit einer Kopfbewegung auf den Kinderschänder, der sich nun stöhnend vom Boden erhob. »Bringen Sie den Kerl in den Arresttrakt.«
    »Jawohl, Madam.«
    »Aber seien Sie auf der Treppe vorsichtig, Sergeant!« Sie zwinkerte ihrem Untergebenen zu. »Man kann dort leicht stürzen und sich übel verletzen.«
    »Ich werde darauf achten, Madam«, versprach Tanu mit einem gemeinen Grinsen. Er hatte selbst drei kleine Kinder und wusste genau, welche Verbrechen Edgar Jones begangen hatte.
    Der Sergeant tastete in seiner Hosentasche nach dem eisernen Schlagring, der nicht zu seiner offiziellen Ausrüstung gehörte…
    Dann packte er den Kinderschänder am Kragen und schleifte ihn hinaus. Bevor Asha Devi zum Superintendenten ging, suchte sie noch kurz die Eltern der verschwundenen Kinder auf.
    Die Mütter und Väter im Nebenraum waren höchst aufgebracht. Verständlich, dachte Asha Devi. Wem gefiel es schon, die eigenen Kinder in den Schweigetürmen zu wissen?
    »Bitte retten Sie meine Lata!«, jammerte eine Frau im Sari.
    Sie warf sich mit einer traditionellen Unterwerfungsgeste zu Ashas Füßen auf den Boden und stellte einen Schuh der Inspektorin auf ihren Kopf.
    Asha Devi war unangenehm berührt, obwohl es ihr üblicherweise gefiel, wenn Menschen vor ihr kuschten. Aber diese Darbietung war dann doch zu peinlich.
    »Wir holen die Kinder da raus, das verspreche ich Ihnen!«
    Schnell wandte sich die Inspektorin ab. Sie wollte ihren Vorgesetzten nicht warten lassen.
    Auf dem Weg zum Büro des Superintendenten gingen ihr einige Dinge durch den Kopf.
    Bei einer ärztlichen Routineuntersuchung hatte sich gezeigt, dass Asha Devi vor zwei Jahren schwanger gewesen sein musste. Doch die Inspektorin hatte überhaupt keine Erinnerung daran! Auch nicht an die Geburt oder an ihr Kind, das sie ausgetragen hatte.
    Und dann war ihr die Lösung eingefallen. Asha hatte damals eine einjährige Fortbildung bei Scotland Yard in London gemacht. Das Justizministerium von New Delhi hielt mit typisch indischer Hassliebe zu den ehemaligen Kolonialherren die englische Polizeiausbildung für die beste der Welt.
    Klar, dass man eine Streberin wie Asha Devi daher zur Schulung nach London schickte. Der Witz war nur: Die Inspektorin hatte kaum Erinnerungen an dieses eine Jahr! Und die wenigen Dinge, die ihr einfielen, hatten nichts mit ihr persönlich zu tun. Die Erinnerungsfetzen waren wie Teile von Filmen, die man im Halbschlaf im Fernsehen angeschaut hat.
    Etwas war in diesem einen Jahr mit Asha Devi geschehen.
    Wenn sie wirklich ein Kind ausgetragen hatte, wo war es dann?
    Wer hatte ein Interesse daran, ihr das Baby zu rauben? Falls es überhaupt noch lebte…
    Obwohl Asha Devi ihr Kind niemals gesehen hatte, empfand sie eine starke mütterliche Sehnsucht. Ein Gefühl, das überhaupt nicht zu ihrem Selbstbild passte. Das trug natürlich nicht gerade dazu bei, ihre Laune zu heben.
    Jedenfalls war sie wild entschlossen, nicht nur die Kinder zu befreien, die der Perverse und seine dämonischen Helfer verschleppt hatten. Nein, sie wollte auch unbedingt herausfinden, was aus ihrer eigenen Leibesfrucht geworden war. Koste es, was es wolle…
    Die Sekretärin des Superintendenten trug ebenfalls Uniform.
    Sie betrachtete durch ihre dicken Brillengläser missbilligend Asha Devi, als diese mit einigen Schritten ihrer langen Beine das Vorzimmer durchmaß.
    In den Augen der Sekretärin war die Inspektorin eine anmaßende und selbstgerechte Ziege. Aber jetzt würde Miss Asha Devi ordentlich eins auf den Deckel kriegen. Darauf freute sich die Vorzimmerlady ganz besonders. »Der Sup erwartet Sie schon.«
    »Weiß ich. Das muss ich mir nicht von einer Tippse sagen lassen«, erwiderte Asha Devi unverschämt.
    Dann klopfte sie an die Tür ihres Vorgesetzten. Nachdem dieser
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher