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0770 - Kind der Finsternis

0770 - Kind der Finsternis

Titel: 0770 - Kind der Finsternis
Autoren: Roger Clement
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verschwand für eine Minute visuell.
    Zamorra konnte aber immer noch den weichen Babykörper auf seinem Arm spüren. Dann erschien der Halbgott wieder in seiner Kindgestalt.
    Zamorra schaute ihn näher an. Vasu hatte dieselbe haselnussbraune Hautfarbe wie seine Mutter Asha Devi. Doch seine Augen waren für einen Inder ungewöhnlich hell. Und er trug bereits das Kastenzeichen der hohen Brahmanen-Kaste auf der Stirn.
    »Bist du mein neuer Künder?«, fragte Vasu.
    »Ja, der bin ich. Mein Name ist Zamorra. Aber obwohl ich dein Künder bin, weiß ich nicht so recht, wie wir diese Welt verlassen sollen.«
    »Vielleicht kriege ich das hin«, sagte das Baby. »Ich habe in meinen früheren Leben viele Fähigkeiten gehabt. Aber ich muss mich erst nach und nach wieder daran erinnern. Du hast es ja gesehen, ich kann mich in einen Dämonenhauptmann verwandeln. Aber ich habe leider vergessen, wie man gut kämpft. Die haben mir ganz schön eingeheizt, bevor du gekommen bist. Ich wollte versuchen, alleine zu entkommen.«
    Angesichts dieser kleinen Ansprache war Zamorra nicht überrascht, warum sich ein so junges Baby so gut ausdrücken konnte. Vasu war nur körperlich ein Kleinkind. Er trug die Weisheit von vielen Jahrhunderten in sich. Sie musste nur erst wieder in seinem Bewusstsein an die Oberfläche kommen…
    »Konzentriere dich auf den Ort, von dem aus du hierher gekommen bist«, bat Vasu Zamorra. »Dann gelangen wir gewiss zusammen dorthin zurück.«
    Zamorra schloss die Augen und tat es. Im nächsten Moment stürzten der Mann und das Kind in einen schwarzen Tunnel.
    ***
    Fulham Road, London, England
    Zamorra hatte mit Schwindel zu kämpfen. Er konnte sich nur mit einer Hand abstützen. Auf dem anderen Arm hielt er immer noch das Kind.
    Der Dämonenjäger stellte fest, dass er an einer schmierigen Hauswand lehnte. Die Fulham Road hatte sich verändert.
    Pferdefuhrwerke ratterten vorbei. Am Horizont waren riesige Fabrikschlote zu sehen, die stinkenden Rauch verbreiteten.
    Und aus einem Pub kamen zwei Trunkenbolde in altertümlicher Kleidung getorkelt.
    »He, Jim!«, rief der eine seinem Saufkumpan zu. Er sprach breiten Cockney-Slang. »Guck dir mal den Lackaffen da an! Der hat ein Negerkind auf dem Arm und ist noch besoffener als du!«
    Zamorra war wirklich nicht ganz sicher auf den Beinen. Er schwankte, weil ihn die Zeit- und Dimensionsreise so angestrengt hatte.
    »Mein Fehler«, sagte Vasu. »Ich war noch auf mein letztes Leben fixiert, denn ich wurde zuletzt im Jahre 1877 geboren. Dort sind wir jetzt gelandet. Versuchen wir es noch einmal, Zamorra.«
    »Ich werd verrückt!«, blökte Jim. »Das Negerkind kann sprechen!«
    Im nächsten Moment waren Zamorra und Vasu verschwunden. Jim und sein Freund Harry starrten einander in die verschwiemelten Augen.
    »Jetzt brauche ich einen Drink!«, sagten sie wie aus einem Munde.
    ***
    Meditationszentrum der »Gandharva Society«, Fulham Road, London, England
    Asha Devis gute Laune hielt nicht lange vor.
    »Das sieht Zamorra ähnlich«, grollte sie. »Kaum gibt es ernsthafte Arbeit, schon macht er sich aus dem Staub! Na, ist vielleicht besser so. Sonst pfuscht mir dieser Amateur doch wieder nur in meine Ermittlungen!«
    Nicole Duval versuchte, ihre Wut im Zaum zu halten.
    »Der Chef ist nicht zu seinem Spaß hier! Wir haben uns von Shiva breitschlagen lassen, bei der Suche nach deinem Kind zu helfen! Und was machst du? Du…!«
    »Ich kann mich nicht erinnern, dass ich euch um Hilfe gebeten hätte«, sagte die Inspektorin arrogant. Sie hakte lässig die Daumen in ihr Koppel und ging breitbeinig auf Meister Nando zu.
    »Soll ich dir mal was sagen, großer Guru? Ich glaube dir kein Wort! Ich habe das unbestimmte Gefühl, dass du hier ganz gewaltig im Trüben fischst! Und ich habe meine Methoden, dich zum Sprechen zu bringen…« Unheil verkündend spielte Asha Devi mit ihrem hölzernen Schlagstock. Die Schüler scharten sich schützend um ihren Herrn und Meister.
    »Ihr verkrümelt euch!«, herrschte die Polizistin sie an. »Oder ich buchte euch alle wegen Beihilfe ein!«
    »Beihilfe zu was?«, sagte ein Jüngling. »Auf welcher rechtlichen Grundlage?«
    »Da hast du deine rechtliche Grundlage!«
    Asha verpasste ihm eine Ohrfeige. »Das hier ist kein Spiel, wir haben es hier mit Dämonen zu tun, bei Brahma und Vishnu! Ich werde…«
    In diesem Moment ertönte Gepolter. Die Statue von Gandharva fiel um. Und dort, wo eben noch das Abbild des Gottes gestanden hatte, lagen ein Mann und ein
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