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077 - Zu Gast bei Mr. Vampir

077 - Zu Gast bei Mr. Vampir

Titel: 077 - Zu Gast bei Mr. Vampir
Autoren: Peter Randa
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auf das graue Dach und die Bäume im Hintergrund.
    „Morestier?“
    „Ja.“
    „Und wo ist Juliette?“
    „Hinter der Hecke rechts.“
    Das Haus ist dunkel, nicht ein einziges Fenster ist erleuchtet. Morestier starrt wie hypnotisiert auf das Gebäude, es hat etwas Unwirkliches, Kulissenhaftes … Morestier drängt gewaltsam die Furcht zurück, die in ihm aufsteigt.
    Wo ist Leggatt! Der Engländer ist verschwunden! Er ist im Schatten entkommen!
    Es ist ihm nicht möglich, seine Befürchtungen länger zu unterdrücken. Jeannine sagte ihm, daß das Monster auch in der Dunkelheit sieht. Wo soll er sich verbergen?
    Plötzlich erscheint ihm der Revolver, den er in der Hand trägt, nutzlos. Er reißt sich zusammen. Er strengt seine ganze Willenskraft an. Er darf sich nicht gehenlassen, dieser unsinnigen Furcht nachgeben – er, ein Mediziner! Er versucht ganz laut zu lachen. Es ist alles natürlich, so einfach! Er ist in der Nähe von Colombes vor einem Haus, das mitten im Wald steht, vermutlich gar nicht weit von seiner Klinik entfernt.
    Und Leggatt ist wahrscheinlich verschwunden, um nach Juliette zu sehen und um sie zu beruhigen. Ganz sicher wird er zurückkommen.
    Der Schweiß läuft über seine Stirn. Wo ist Leggatt? Wo ist Juliette? Morestier möchte schreien, aber die Worte bleiben ihm in der Kehle stecken. Wieder spürt er die Angst. Leggatt ist ganz sicher das Monster, und er hat ihm eine Falle gestellt.
    Also muß er reagieren. Soll er versuchen, auf die Straße zurückzufinden und Fauchard holen? Würde er dann zu diesem Haus zurückfinden? Jeannine ist vermutlich drinnen.
    Oder sollte er hierbleiben und bis morgen früh Wache halten? Nein, wenn er nicht sofort etwas unternimmt, wird er verrückt. Die Nacht ist zu entsetzlich.
    Es gibt also nur eine Möglichkeit: in das Haus einzudringen und zu versuchen, sein Geheimnis zu ergründen. Vermutlich ist es auch das, was Leggatt von ihm erwartet, das, was Leggatt in seinem Wahnsinn mit teuflischer Logik vorausgesehen hat.
    Sollte er einen Schuß abgeben, um Fauchard die Richtung zu weisen? Er wagt es nicht, ohne zu wissen weshalb.
    Langsam setzt er sich in Bewegung.
    Die Tür ist offen, eine große Tür aus Glas und Schmiedeeisen.
    Er tritt ein. Sofort nimmt er den ekelerregenden Geruch wahr. Jeannine hat ihn erwähnt. Schlagartig findet Morestier seine Sicherheit wieder. Der Leichengeruch ist etwas Vertrautes für ihn. Nicht in dieser betäubenden Intensität, mag sein, aber er ist nichts, was ihn erschrecken könnte. Die Gedanken an den Tod berühren ihn rein beruflich, sie ängstigen ihn nicht.
    Seine Ruhe ist wiederhergestellt.
     

     

Morestier reißt ein Zündholz an. Der kurze Lichtschein beleuchtet eine große, leere Halle und drei Türen. Links führt eine Treppe nach oben.
    Plötzlich durchschneidet ein schrilles Lachen die Stille.
    „Sind Sie es, Leggatt?“ fragt Morestier.
    Statt einer Antwort fällt hinter ihm die Eingangstür ins Schloß, und ein Schlüssel wird umgedreht.
    Morestier reißt den Revolver hervor und schießt. Die Kugel jagt durch die Halle und bohrt sich in die Wand.
    Wieder das schrille Lachen.
    „Leggatt, sind Sie es?“ Morestier ist nervös und ungeduldig. „Hören Sie mit diesen dummen Spielereien auf! Wozu soll das gut sein?“
    Er schweigt einige Sekunden lang.
    „Ich bin in Ihrer Gewalt, nicht wahr? Das wollten Sie doch! Deshalb haben Sie mich hergebracht!“
    Langsam geht er zurück und lehnt sich an eine Wand, schweißüberströmt.
    Wieder ein Lachen.
    „Leggatt?“
    Das erste Lachen kam von der Eingangstür, das zweite mehr von rechts, und dieses letzte schien vom anderen Ende der Halle zu kommen.
    Morestier schießt noch einmal, blind. Leggatt muß irgendwo hier sein. Er kann jedenfalls nicht in seiner unmittelbaren Nähe sein, sonst würde er sein Atmen oder seine Schritte hören. Schließlich ist Leggatt auch nur ein menschliches Wesen! Ein Wahnsinniger, aber ein Mensch!
    Die Bewegungslosigkeit ist dem Arzt fast unerträglich. Keine Angst und kein Schrecken kann entsetzlicher sein, als die Bewegungslosigkeit in dieser Stille.
    Wo ist die Eingangstür? Rechts? Links? Es scheint Morestier, als müßte sie rechts sein. Es scheint … Er hat völlig die Orientierung verloren.
    Er tastet sich an der Wand entlang, in die Richtung, in der er die Eingangstür vermutet. Die Mauer ist kalt an seinem Rücken.
    Er bleibt stehen.
    Er zwingt sich zum ruhigen und logischen Denken.
    Ich bin in einem Haus, denkt er. Nicht weit von
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