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077 - Die Hexe von Andorra

077 - Die Hexe von Andorra

Titel: 077 - Die Hexe von Andorra
Autoren: Dämonenkiller
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daran. Denn kein Delinquent würde damit rechnen, daß ein verborgener Mechanismus eine Maschinerie in Bewegung setzte, die die Statue zu grausamen Leben erwachen ließ.
    Dorian hätte sämtliche Gewichte entfernen können, dann wäre das Uhrwerk stillgestanden. Aber so viel Zeit hatte er nicht. Er mußte einen einfacheren Weg gehen, der nicht so zeitraubend war.
    Im schwachen Fackelschein betrachtete er die Zahnräder, überlegte sich im Geiste die Übersetzungen und verfolgte die Kraftübertragung von den Gewichten bis hin zu dem Gestänge, das die Bewegung auf den Mechanismus der Eisernen Jungfrau übertrug.
    Das war gar nicht so einfach. Dorian begann zu schwitzen.
    Inzwischen näherte sich auf der anderen Seite der Wand Daniel Clementis der Jungfrau, die er küssen sollte. Auch er schwitzte. Ihm taten alle Knochen weh. Er konnte vor Schmerz kaum einen klaren Gedanken fassen, dennoch überlegte er fieberhaft, welche Falle ihm Quintano stellen mochte. Er war mißtrauisch genug, um sich zu sagen, daß Quintano irgendeine Teufelei plante. Nach allem, was sich Quintano hatte zuschulden kommen lassen, würde er sie nicht so leicht wieder freigeben. Aber so sehr sich Clementis auch anstrengte, er kam nicht dahinter, was Quintano eigentlich plante. Als er nur noch einen Schritt von der Jungfrau entfernt war, spürte er, wie der Boden unter seinem Gewicht etwas nachgab.
    Panik erfaßte ihn. Er dachte: Jetzt passiert es! Aber nichts geschah. Er erreichte die Statue, preßte seine Lippen gegen das hölzerne Gesicht und taumelte mit einem Jubelschrei zurück.
    „Ich habe es geschafft!" rief er, währender auf Quintano zuhumpelte. „Sie müssen Ihr Versprechen halten! Ich habe die Jungfrau geküßt."
    Auf der anderen Seite lehnte sich Dorian erschöpft gegen die Wand. Er hatte gerade im letzten Moment, bevor Clementis auf die Falltür trat, einen Holzkeil zwischen zwei zentrale Zahnräder gesteckt, so daß die gesamte Maschine blockiert war.
    „Geschafft", sagte er zu Sixta, die ihn fragend ansah. „Ich bin sicher, daß Quintano Wort halten wird. Er würde sonst vor seinen Leuten das Gesicht verlieren."
    Sixta deutete auf das Räderwerk.
    „Was hat das zu bedeuten?" fragte sie.
    Dorian erklärte es ihr.
    Quintano starrte verständnislos auf die Eiserne Jungfrau. Er merkte gar nicht, wie sich die Tür in seinem Rücken öffnete und die Familiaren hereinströmten, um sich nach der Ursache des Jubelgeschreis zu erkundigen.
    „Das Gottesurteil hat für mich entschieden", erklärte Clementis ihnen. „Ich habe die Jungfrau geküßt."
    Ein erstauntes Gemurmel wurde laut.
    Quintano näherte sich, vor unterdrückter Wut zitternd, der Statue. Wie konnte sie ihn nur im Stich lassen? Er wußte doch, daß der Beschuldigte mit dem bösen Feind paktierte. Und die Jungfrau mußte das auch wissen. Wie konnte sie den Delinquenten nur freisprechen?
    Es war Quintano unerklärlich, warum die Eiserne Jungfrau nicht funktionierte. Er hatte das Räderwerk kurz zuvor doch persönlich kontrolliert und für in Ordnung befunden. Es war ausgeschlossen, daß etwas klemmte. Oder war es wirklich und wahrhaftig ein Gottesurteil, daß die Jungfrau den Gefangenen nicht in ihre tödliche Umarmung nahm?
    Er starrte auf die Falltüre hinab und trat zuerst mit einem Fuß darauf. Nichts rührte sich. Dann stieß er sich mit beiden Beinen vom Boden ab, sprang auf die Falltür und trampelte darauf herum. Er gab dabei unartikulierte Schreie der Wut von sich.
    Plötzlich verstummte er, als er einen Druck gegen die Schultern verspürte. Mit vor Entsetzen geweiteten Augen sah er, daß sich die Arme der Eisernen Jungfrau auf einmal bewegten, daß sie ihn umarmten und immer fester an sich drückten. Aus ihrem hohlen Inneren schossen rasiermesserscharfe Klingen und nadelspitze Dornen hervor, durchdrangen das blutige Gewand und näherten sich unbarmherzig dem Opfer.
    „Warum hast du das getan, Sixta?" fragte Dorian, nachdem er sich vergeblich bemüht hatte, die einmal angelaufene Maschinerie zum Stillstand zu bringen.
    Kurz zuvor hatte das Mädchen den Keil zwischen den Zahnrädern herausgenommen - gerade in dem Moment, als Quintano mit voller Wucht auf die Falltür gesprungen war.
    „Betrachte es als Gottesurteil!" antwortete sie nur.
    Sie sah Dorian fest in die Augen, und der Dämonenkiller fand in ihnen keine Spur von Reue. Er konnte ihr das nicht einmal übelnehmen, denn nach allem, was Quintano ihr angetan hatte, war ihr Haß gegen ihn
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