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077 - Das Kollektiv

077 - Das Kollektiv

Titel: 077 - Das Kollektiv
Autoren: Stephanie Seidel
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postapokalyptischen Zukunftswelt des Jahres 2519, in die es ihn verschlagen hatten und die er seit nunmehr fast drei Jahren durchstreifte.
    2519? Oder noch 2518? Die Monate waren schwer zu bestimmen bei diesen Gegebenheiten. Vermutlich hatte er mal wieder Weihnachten und Neujahr verpasst, ohne eine knusprige Festtagsgans und Bleigießen und Feuerwerk.
    Nachdenklich hob Matthew den Kopf und sah hinaus in die Ferne jenseits der Baumwipfel, wo irgendwo hinter den Dunstschleiern, vom Licht der sinkenden Sonne beschienen, das gewaltige, rätselhafte Meer lag. Eine sanfte Brise wehte heran undzerzauste sein kurzes blondes Haar.
    Der hiesigen Wetterlage nach hätte es sogar schon März oder April sein müssen. Der Wind war entschieden zu warm für die Jahreszeit. Irgendetwas im Kratersee heizte das Wasser auf und beeinflusste das Klima dieser Region.
    Vor zwei Tagen waren sie aus dem einstürzenden Bergwerk der Narod'kratow entkommen und am Fuße des schneebedeckten Gebirgszugs durch die hügelige Ebene nach Südwesten geritten. Seitdem hatten sie auf jeder freien Fläche diesen Wind gespürt - und wo immer er wehte, hatte die Vegetation ihren Winterschlaf für beendet erklärt.
    Ein Geräusch erklang, wie Eisen auf Stein. Mr. Black drehte den Kopf zur Seite und sah Aruula, die mit der Schwertspitze das dichte Grün beiseite schob; entschlossen, lieber die Klinge als den Fuß einem scharf kantigen Hindernis zu opfern. Sie befand sich längst auf dem Rückweg - keine fünf Schritte mehr von Matthew und Black entfernt - und sagte: »Hier gibt es keinen Pfad! Wir werden die Grasfläche umrunden müssen! Für die Yakks…«
    Aruula sah auf - und erstarrte.
    Noch während sie sprach, hatten sie Miss Hardy hinter sich rufen hören:
    »Ich verschwinde mal kurz in die Büsche!«
    Aruulas Augen weiteten sich. »… wird es sonst…«, führte sie ihren Satz fort, während sie das Schwert hob und losrannte. Vorbei an Mr. Black, der wie angewurzelt dastand, und hin zu Honeybutt.
    Die dunkelhäutige Rebellin sah sie kommen und lächelte noch ahnungslos, während sie am Gürtel ihres Thermoanzugs zerrte. Nicht weit von den wartenden Yakks hatte sie - bis zur Hüfte von Büschen umringt - das perfekte
    »stille Örtchen« gefunden. Dort stand sie nun, mit dem Rücken zu einem Baum, dessen kräftige Wurzeln eine Art natürlicher Latrine formten, während schwarze, in sich geknickte Magerzweige von den unteren Zweigen herab hingen. Wie ein Dach, nur ein paar Zentimeter von Honeybutts Schopf entfernt.
    »… zu gefährlich!« Aruula holte aus und schlug zu.
    »He… was …«, stammelte Miss Hardy, während sie sich duckte und die scharfe Klinge über ihren Kopf hinweg fuhr. Im gleichen Moment fühlte sie sich von Aruula gepackt und zur Seite gerissen - mit solcher Heftigkeit, dass sie stolperte und fast gestürzt wäre.
    »Verdammt, was soll das?!«, schrie sie unbeherrscht und stieß Aruula mit beiden Händen fort. Die schwarze Mähne der Barbarin flog nach hinten, ihre Augen blitzten vor Zorn. Aber nur kurz; dann hatte sie sich wieder unter Kontrolle.
    Wortlos, ohne Eile nahm sie ihr Schwert und spießte ein halbiertes, fettes Spinnentier vom Boden auf, dessen magere Beine sich allmählich entspannten.
    Schlaff und tot hing es an der Klingenspitze, und Miss Hardy machte automatisch einen großen Schritt zurück, als Aruula damit näher kam.
    »Offenes Gelände ist sicherer!«, sagte die Barbarin nur. Mit einem Ruck aus dem Handgelenk befreite sie ihr Schwert von seinem unappetitlichen Anhänger, streifte die Klinge über ein Grasbüschel und ging zu Matt zurück.
    »Was war das?«, fragte er stirnrunzelnd, während Aiko und Black sich um Miss Hardy kümmerten - ein paar aufmunternde Worte, und die Blässe in ihrem Gesicht würde bald wiederverschwinden.
    Aruula zuckte die Schultern. »Ich weiß es nicht«, gab sie zu. »Irgendeine Siragippenart. Der ganze Baum ist voll davon. Vielleicht sind sie giftig, vielleicht harmlos - wer möchte das herausfinden? - Auf dem Feld ist kein Durchkommen für die Yakks. Es besteht nur aus scharfkantigen Steinen und Erdlöchern! Wenn wir versuchen, sie auf die andere Seite zu treiben, werden sie sich die Beine zerschlitzen oder stecken bleiben.«
    »Shit!«, sagte Matt, kickte mit der Stiefelspitze ein verdorrtes Schalentier vom Weg und dachte nach. Aus den Augenwinkeln bemerkte er, wie Aiko und Black die Yakks quer stellten und sich mit verschränkten Armen - Gesicht nach vorn - dagegen lehnten.
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