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0743 - Die Kinder des Adlers

0743 - Die Kinder des Adlers

Titel: 0743 - Die Kinder des Adlers
Autoren: Austin Osman
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Motor. Nicole schrie auf, als der Wagen ins Schlingern geriet und um ein Haar in eine Querdrift geriet.
    Sonnenlicht stach ihnen in die Augen. Vor ihnen breitete sich eine Lichtung aus. Tendyke steuerte den gegenüberliegenden Waldrand an. Sie sprangen ab und wollten sich in Deckung stürzen, als Nicole stutzte.
    In der Mitte der Lichtung lag etwas! Eine flache, helle Erhebung. Zögernd trat sie näher. Unverkennbarer Verwesungsgeruch stieg ihr in die Nase. Noch zwei Schritte, dann blieb sie entsetzt und angewidert stehen. Weiße, wimmelnde Maden bildeten die Umrisse eines Körpers nach. Ein Paar Schuhe, das aus dem ekelhaften Gewimmel herausragte, sagte ihr, wen sie vor sich hatte. Es waren knöchelhohe Leinenschuhe einer französischen Marke.
    Trichon - es gab keine andere Erklärung.
    Wie betäubt ging Nicole zu ihren Begleitern, die ungeduldig auf sie warteten.
    Trichon war tot. Der einzige Ansatzpunkt auf ihrer Suche war verloren.
    In diesem Moment spürte Nicole deutlich, dass Zamorra in der Nähe war. Er war nur eine Handbreit entfernt und doch unendlich weit. Der Gedanke brachte Nicole Duval an den Rand der Verzweiflung.
    In düsteren Gedanken gefangen, ließ sie sich von Tendyke, der die Zusammenhänge ahnte, in die Deckung des dichten Buschwerks schieben.
    Schüsse knatterten. Die Geschosse jagten böse surrend über ihren Köpfen in die Zweige und schickten einen Hagel von Holzsplittern und Blättern über die Köpfe der Fliehenden. Der Hummer Saramangos schob sich auf die Lichtung. Das breite Fahrzeug hatte auf dem Pfad mehr Probleme gehabt als das VW-Käfer-Fahrgestell und war langsamer geworden.
    Jetzt prasselte ein Feuerstoß in den Tank des Fluchtfahrzeugs. Das Benzin explodierte in einer goldenen Feuerblume, dann stieg eine schwarze Rauchsäule wie ein Signal über der Lichtung auf.
    Nicole bemerkte, dass sich Tendyke und der Indianer stritten. Sie redeten aufeinander ein, ohne dass einer den anderen verstehen konnte.
    Der Indianer zuckte schließlich mit den Schultern und ging zurück zur Lichtung. Robert und Nicole wurden von der Frau durch das Dickicht geführt. Sie rannten jetzt so schnell sie konnten, duckten sich unter den Ästen hindurch, sprangen über Wurzeln und niedriges Gebüsch. Der Weg durch die grünliche Dämmerung schien ewig zu dauern.
    Endlich erreichten sie einen Wasserlauf. Es musste ein Nebenarm des Flusses sein, denn das Wasser hatte eine andere Färbung, und das gegenüberliegende Ufer war kaum mehr als zwei Steinwürfe entfernt.
    Die Indianerin stieß einen langen Triller aus, der sich kaum von den vielen Vogelstimmen unterschied. Aber das Signal wurde verstanden. Verborgen in einer halb überschwemmten Bucht auf der anderen Seite hatte ein Einbaum gewartet. Jetzt kam das schlanke Boot wie ein Pfeil quer über den Fluss geschossen und drehte in die Strömung.
    Nicole schaute sich noch einmal um. Sie hätte viel gegeben, um zu erfahren, was sich jetzt auf der Lichtung abspielte.
    ***
    »Ich habe dir doch gesagt, du sollst nicht mitkommen«, sagte Zamorra ziemlich ruppig zu Leo.
    »Ich habe mal wieder nicht gehorcht«, antwortete der Junge trocken.
    »Ein Fehler, glaube es mir.«
    »Hier geschehen ständig Fehler«, mischte sich der Alte ein. »Ohne Fehler gibt es keine Entwicklung. Nimm den Jungen mit dir.«
    »Warum den Jungen? Warum nicht dich?«
    »Weil ich zum Wald gehöre. Wenn ich nur einen Schritt in die tote Welt wage, verwandele ich mich ebenso in Staub wie die herrlichen, uralten Bäume, die jetzt vernichtet werden.«
    »Was soll ich machen? Wie soll ich die tote Welt bekämpfen?«, fragte Professor Zamorra.
    »Ich weiß es nicht. Aber ich weiß, dass du es weißt.«
    »Dann weißt du mehr als ich.«
    Zamorra wollte sich abwenden, um den ersten Schritt in die tote Welt zu setzen, als ihn der Alte mit einer Bewegung zurückhielt.
    »Warte noch einen kurzen Moment. Die Dinge geraten in Bewegung, ich kann es deutlich spüren. Vielleicht kann ich erkennen, was notwendig ist…«
    Damit hielt der alte Mann seine geschlossenen Augen zum Himmel und schien angestrengt zu lauschen.
    ***
    »Die Dinge geraten in Bewegung.« Luiza saß neben Saramango auf der vorderen Sitzbank des schweren Geländewagens.
    Hinter ihnen stand der MG-Schütze, der muskelbepackte Indio mit der Adlertätowierung, dessen Oberkörper aus der Dachluke ragte.
    »Es wird Zeit, dass die Dinge sich bewegen«, brummte Saramango.
    Luiza kicherte und tätschelte Saramango mit ironischer Anteilnahme den Arm.
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