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0742 - Mein Bruder, der Dämon

0742 - Mein Bruder, der Dämon

Titel: 0742 - Mein Bruder, der Dämon
Autoren: Roger Clement
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Gliedern schlenkerte und schlaff sitzen blieb.
    Für einen Moment herrschte Stille im Verhörraum.
    Asha Devi stand mitten im Zimmer. Ihr schönes Gesicht war wutverzerrt. Sie erinnerte in diesem Moment an die indische Kriegsgöttin Durga. Die Fäuste hatte sie in ihre schmalen Hüften gestemmt. Ihre Augen waren so verdreht, dass man kaum noch die Pupillen sehen konnte. Nur noch das Weiße. Die Zähne hatte sie gefletscht wie eine Raubkatze.
    Unzurechnungsfähig.
    Das Wort ging Andrew Gladstone in diesem Moment durch den Kopf. Asha Devi war in seinen Augen ganz eindeutig unzurechnungsfähig. Der Kultguru musste kein Psychologe sein, um das zu erkennen.
    »Ich bin jetzt hier allein mit dir. Und kein Mensch außer Sergeant Tanu weiß, dass du hier bist!«, sagte Asha Devi heiser. »Vielleicht wirst du schon verschwunden sein, wenn er von McDonalds zurückkehrt. Ich werde ihm erzählen, du seist ins Gefängnis überführt worden. Meinst du, er prüft das nach? Schließlich bin ich seine Vorgesetzte…«
    »Was… was haben Sie vor?«
    »Das wirst du schon noch merken.«
    Asha Devi schloss eine Schublade an dem kleinen Tisch auf. Andrew Gladstone zuckte zusammen. Plötzlich wurde seine schwarze Seele erfüllt von dem Wunsch, auf gar keinen Fall das zu sehen, was sich in dieser Schublade befand. Sonst würde er auf der Stelle wahnsinnig werden. Da war er sicher.
    Andrew Gladstone zitterte am ganzen Leib. Er war kein Held. Oft hatte er schon brutale Gewalt angewendet -aber immer gegenüber Schwächeren.
    Diese Polizistin hingegen war ihm über, das musste der englische Sektenguru sich eingestehen.
    Er befand sich in der Gewalt einer unzurechnungsfähigen Beamtin. Asha Devi hatte Recht. Es würde kein Hahn nach ihm krähen, wenn ihm hier in den Verhörzellen der India Demon Police etwas »zustieß«. So hatte Andrew Gladstone sich das Leben in Indien nicht vorgestellt. Er hatte angenommen, in diesem armen Land besonders hemmungslos seinen perversen Neigungen als Dämonenknecht nachgehen zu können.
    Niemals hätte er sich träumen lassen, dass er selbst ohnmächtig in der Gewalt einer kraftvolleren Macht sein würde. Seine Verbündeten aus der Dämonenwelt konnten ihm auch nicht helfen. Die schon gar nicht. Der gesamte Gebäudekomplex der Demon Police war so stark weißmagisch geschützt, wie der Dämonenknecht es noch niemals erlebt hatte.
    Es gab nur eine Möglichkeit, wie er seinen Hals halbwegs aus der Schlinge ziehen konnte.
    »Sie müssen die Schublade nicht öffnen«, sagte Andrew Gladstone mit brüchiger Stimme. »Ich werde reden.«
    Asha Devi zögerte. Sie hatte die Schublade bereits um einige Zentimeter geöffnet. Doch dann stieß die Inspektorin sie mit einer harschen Bewegung wieder zu.
    Sie setzte sich auf den zweiten Stuhl, der auf der Gladstone gegenüberliegenden Tischseite stand.
    »Ich überlege es mir. Übrigens wird alles, was in diesem Raum gesprochen wird, automatisch von Tonbändern aufgezeichnet.« Die Polizistin lächelte böse. »Allerdings bleibt nur das erhalten, was ich nicht lösche.«
    Gladstone nickte. Das wunderte ihn überhaupt nicht, nach dem, was er bisher von Asha Devi mitbekommen hatte. Der hart gesottene Dämonenknecht zitterte wie Espenlaub.
    »Nun beginnt das Verhör«, kündigte die Inspektorin an. »Und ich rate dir, nicht zu lügen. Dafür habe ich nämlich einen sechsten Sinn. - Was tust du in Indien?«
    »Ich… ich habe hier eine Gemeinschaft ins Leben gerufen. Den… den Devils Ashram.«
    »Wozu dient dieser Devils Ashram?«
    Gladstone schwieg. Asha Devi wartete eine halbe Minute. Dann zog sie die Schublade langsam auf.
    »Nein!«, gellte der Dämonenknecht. »Ich… wir… Im Devils Ashram wollten wir Kontakt zu hiesigen Dämonen aufnehmen.«
    »Zu welchen?«
    »Zu einigen Bhutas.«
    Asha Devi maß Gladstone mit einem verachtungsvollen Blick. Als Dämonenpolizistin wusste sie natürlich, wovon die Rede war.
    Ein Bhuta war ein Kobold oder böser Geist, der vorzugsweise auf Verbrennungsstätten oder auf Bäumen lauerte und die Menschen mit Visionen an der Nase herumführte. Bhutas konnten in eine Leiche hineinschlüpfen und sie mit Hilfe ihrer dämonischen Kraft zu einem zombiehaften Pseudoleben erwecken.
    Aber im Grunde waren diese bösen Geister nur drittklassiges Kroppzeug. Es gab in der indischen Mythologie weitaus gefährlichere Dämonen…
    »Bhutas also. Und wie bist du Made überhaupt auf den Gedanken gekommen, Indien mit deiner Dämonenanbeter-Gemeinschaft
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