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073 - Dämonenrache

073 - Dämonenrache

Titel: 073 - Dämonenrache
Autoren: Frank deLorca
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auf Touren kommen. Ein Zufall wollte es, dass ausgerechnet er es war, der Leon Dumarche hinter Gitter gebracht hatte.
    Sein ohnehin kränklichblasses Gesicht war jetzt noch blasser als sonst. Seine Geiernase ragte scharf heraus.
    »Ihre Sekretärin sagte mir«, begann er, »dass Sie eben im Begriff sind, Ihren Mitarbeitern eine Standpauke zu halten. Sie können das wieder abblasen. Die Zeitungen habe ich selbst informiert.«
    »Aber Sie sagten doch noch heute Morgen, dass wir nichts an die Presse weitergeben sollten?«
    »Heute Morgen hatte ich auch noch nicht mit Monsieur Copernic gesprochen. Aber bevor ich Ihnen erkläre, warum ich nun doch die Zeitungen informiert habe, sollten Sie Ihre Mitarbeiter hinausschicken. Außer einem vielleicht. Justin Bourquin hatte doch Nachtdienst?«
    »Ja«, nickte Cerusier, immer noch etwas perplex. Es dauerte eine Weile, bis ein Choleriker im schönsten Wüten wieder auf einen normalen Blutdruck kommt.
    Die Leute hatten verstanden, ohne dass Cerusier sich noch besonders hätte erklären müssen. Sie verließen den Raum. Nur Bourquin blieb neben der Tür mit hängenden Schultern stehen.
    Er hatte seine Uniform nicht an und fühlte sich hier als fünftes Rad am Wagen. Noch nie vorher hatte er das Büro seines Direktors außerhalb seiner normalen Dienstzeiten betreten. Er fühlte sich nicht wohl in seiner Haut.
    Niemand fragte ihn danach. Er wurde noch kleiner, als Kommissar Breton sich an ihn wandte.
    »Also, Monsieur Bourquin. Ich mache Sie darauf aufmerksam, dass nichts von dem, was Sie jetzt hier in diesem Zimmer, hören werden, je an die Außenwelt dringen darf. Nicht mal Ihrer Frau dürfen Sie etwas davon erzählen. Haben wir uns verstanden?«
    »Oui, Monsieur. Naturelment, Monsieur. Ich werde keinen Ton sagen.«
    »Ich weiß, dass ich mich auf Sie verlassen kann«, meinte Kommissar Breton jovial und ließ sich in einen der dicken Polstersessel fallen, die den langen Konferenztisch im Büro umstanden.
    »Und nun zu uns, Monsieur Cerusier. Wir sind inzwischen im Fall Rimbeaud/Merchant ein Stück weiter. Das war auch der Grund, warum ich die Presse eingeschaltet habe. Wir sind bei unseren Untersuchungen auf dermaßen unwahrscheinliche Indizien gestoßen, dass ich es für geraten hielt, die Presse erst einmal anzulügen und ihr gleichzeitig eine Sensation zu liefern, sodass sie eigene Recherchen unterlässt. Der Selbstmord eines Scharfrichters ist so eine Sensation. Das verschafft uns etwas Luft. In den Artikeln stimmen zwar einige Details, aber die Schlussfolgerungen daraus sind vollkommen falsch.«
    »Das ist mir aufgefallen«, meinte Cerusier. Auch er hatte sich gesetzt. Er hatte immer noch gegen sein überschäumendes Temperament anzukämpfen und atmete schwer.
    »Nun, dann werde ich noch mit einigen weiteren Details aufwarten, die Ihnen die Luft ausgehen lassen.«
    Nicht jeder vermochte sich mit Bretons Redensarten anzufreunden, und auch Cerusier schnaubte unwillig. Doch seine Neugierde über das Kommende verdrängte seinen aufkeimenden Unmut.
    Pierre Breton schlug die Beine übereinander. »Wir haben die Fingerabdrücke an der Guillotine, genauer gesagt, am Fallbeil, untersucht. Rimbeaud und seine Leute hatten Handschuhe getragen. Aber Fingerabdrücke gab es trotzdem. Und jetzt halten Sie sich fest: Es sind die von Leon Dumarche, dem Hingerichteten.«
    »Aber das ist doch alles unmöglich!«, entfuhr es Cerusier.
    »Auf den ersten Blick ja«, antwortete Breton. »Aber dann hat mir Monsieur Copernic erzählt, dass der Kopf nach der Hinrichtung noch gelacht hat. Das konnte mich zu diesem Zeitpunkt schon nicht mehr wundern.«
    »Ihr dickes Fell möchte ich haben«, stöhnte Cerusier. »Mir ist das Blut in den Adern gefroren.«
    »Dass ein abgeschnittener Kopf lacht, ist ganz sicher äußerst ungewöhnlich«, räumte Breton ein. »Aber nicht undenkbar. Sie kennen doch sicher auch einige Geschichten aus der glorreichen Revolution, als sie noch nicht so glorreich war. Es sind Sagen überliefert, nach denen verschiedene Köpfe noch durchaus lebendige Reaktionen zeigten, nachdem sie schon gerollt waren. Von einem versoffenen Grafen aus der Ardéche wird überliefert, er hätte seinen Henker danach noch angespuckt.«
    »Aber das sind doch alles Schauermärchen.«
    »Eigentlich müssten Sie es jetzt besser wissen. Sie waren schließlich auch dabei. Ich habe mir gedacht, dass jede Legende ein Quäntchen Wahrheit birgt. Als ich so weit war, waren die anderen Dinge leichter zu fassen. Sie
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