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073 - Dämonenrache

073 - Dämonenrache

Titel: 073 - Dämonenrache
Autoren: Frank deLorca
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auch mit einer Hand so fest, dass der Blick nach oben gerichtet war und der Scharfrichter das Fallbeil sah, wie es niedersauste.
    Die scharfe Klinge schnitt in seinen Hals, fuhr durch Luft- und Magenröhre, durch Adern und Sehnen, durchschlug die Wirbelsäule und trennte den Kopf ab. Blut spritzend fiel er in den Korb.
    Dumarche riss das Fallbeil wieder hoch, und das Blut sprudelte aus dem offenen Halsstumpf. Jetzt war Merchant dran. Dumarche stieg vom Gerüst und ging auf den jungen Mann zu.
    Claude Merchant schwankte. Die Sinne drohten ihm zu schwinden. Dann war Dumarche auch schon bei ihm.
    »Nein! Nicht!«, kreischte der junge Mann in Todesangst, fühlte sich hochgehoben, zum Richtblock geschleppt.
    Dumarche legte den zappelnden Jungen auf den reglosen Rumpf des Scharfrichters, seine freie Hand griff zum Fallbeil.
    Merchant lag – anders wie der Scharfrichter – mit dem Gesicht nach unten. Er spürte, wie das Blut aus dem offenen Halsstumpf des Geköpften sein Hemd durchnässte, und er blickte direkt in den Korb, wo der abgetrennte Kopf Rimbeauds lag und ihn aus weit aufgerissenen Augen anstarrte, das Blut bespritzte Gesicht vor Grauen und Angst verzerrt.
    Dann raste das Fallbeil nieder, traf Merchants Nacken.
    Es gab ein dumpfes Knallen, als die beiden Köpfe im Korb zusammenstießen.
    Noch war der Blutdurst des Massenmörders nicht gestillt. Im Zimmer des Direktors würden jetzt die anderen Zeugen der Hinrichtung sitzen.
    Aber nein. Es war schon zu spät. Es war Sommer, und gegen fünf Uhr wurde es hell.
    Er konnte in dieser Nacht nichts mehr unternehmen. Sein neues Sein vertrug kein Licht, nicht das Licht des Tages.
    Mit dem Ausdruck des Bedauerns in seinen entgleisten Zügen stapfte Dumarche zu seinem leeren Sarg zurück. Ächzend stieg er wieder hinein.
    Kaum dass er lag, löste sich der Kopf vom Rumpf und polterte gegen die Wand der runden Blechwanne...
    ***
    »Wem haben wir diese verdammte Indiskretion zu verdanken?«, brüllte Direktor Cerusier und knallte drei verschiedene Exemplare von Mittagszeitungen auf den Tisch. »Wer, frage ich, hat die Frechheit besessen, der Presse von internen Vorgängen zu berichten?«
    Die Angestellten des Gefängnisses von La Rochelle betrachteten ohne Ausnahme den rot-braun gesprenkelten Teppichboden im Dienstzimmer des Direktors.
    Cerusier tobte. Sein dicker Kopf war hochrot. Seine Stirnglatze glühte.
    »Einer von euch muss es gewesen sein!«, schrie er. »Nur von einem von euch können diese Details stammen!«
    Justin Bourquin räusperte sich. Trotz seiner Nachtschicht war er hierherbeordert worden.
    »Die Polizei ermittelt doch auch«, wagte er zu sagen.
    »Aber die Polizei hat mit Sicherheit nichts an die Presse weitergegeben. Die tappen selbst noch im Dunkeln. Sie haben mit ihren Ermittlungen eben erst begonnen.«
    »Und von uns hat keiner wissen können, wie betrunken Monsieur Rimbeaud und sein Gehilfe waren«, ließ sich Bourquin noch einmal vernehmen.
    »Um das geht es in erster Linie auch gar nicht!« Cerusiers Stimme schnappte über. »Es geht um die Information an sich. Wer hat die Presse darüber informiert, dass der Scharfrichter und sein Gehilfe im Hof unseres Hauses Selbstmord verübt haben? Dass sie betrunken waren, kann ein findiger Reporter auch so herausfinden. Es geht mir um den Erstinformanten. Und der muss hier in diesem Zimmer zu finden sein.«
    »Und der andere Gehilfe des Scharfrichters?« Pfarrer Lelouche war hervorgetreten. »Emile. Er könnte es doch auch gewesen sein. Er hat die Leichen schließlich gefunden.«
    »Emile Pertalt war bis heute früh um zehn Uhr in meinem Büro. Er hatte keine Möglichkeit für irgendwelche Telefonanrufe. Völlig ausgeschlossen.«
    Eines der Telefone auf dem Schreibtisch klingelte. Es war der Hausapparat. Cerusier griff nach dem Hörer.
    »Ich habe Ihnen doch gesagt, dass ich in der nächsten halben Stunde nicht gestört... Warum sagen Sie das denn nicht gleich? Sie sollen reinkommen.«
    Die hohe Tür, die das Direktionszimmer mit dem Sekretariat verband, öffnete sich. Zwei Männer kamen herein. Pierre Breton, ein Kommissar des Morddezernats, und Roland Copernic, der Rechtsanwalt.
    Breton war ein hagerer Mitfünfziger, der sehnsüchtig auf seine Pensionierung wartete. Am liebsten war es ihm, wenn gar nichts passierte, und deshalb fasste er jeden Fall, den man ihm aufbürdete, fast als persönliche Beleidigung auf.
    Trotzdem musste man zugeben, dass er in seinem Beruf tüchtig war. Nur musste Breton erst einmal
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