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073 - Dämonenrache

073 - Dämonenrache

Titel: 073 - Dämonenrache
Autoren: Frank deLorca
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kennen doch auch die Geschichte von Klaus Störtebeker, diesem Freibeuter. Als er geköpft wurde, ist er nochmals aufgestanden und hat die Reihe seiner Freunde abgeschritten. Ich könnte Ihnen noch mehr dieser Sagen erzählen. Dazu sagte mir Rechtsanwalt Copernic noch, dass sich sein Mandant mit Okkultismus und all diesem Kram beschäftigt hat. Er hat mit Hypnose und Posthypnose experimentiert. Den Indizien nach muss ich annehmen, dass Dumarches Rumpf nach dem physischen Tod noch einmal aufgestanden ist. Rimbeaud und Merchant haben wahrscheinlich gerade die Guillotine gereinigt und waren über den Block gebeugt, als der Tote das Fallbeil auslöste. Mit anderen Worten: Dumarche hat sie hingerichtet. Verstehen Sie jetzt, warum ich der Presse diesen Unsinn mit dem Selbstmord des Scharfrichters aufgetischt habe? Die Reporter hätten mich glatt für verrückt erklärt, wenn ich ihnen die Wahrheit erzählt hätte.«
    »Aber diese Theorie – sie entzieht sich aller Realität, aller Vernunft.«
    »Sie wird von Fakten gestützt«, sagte Breton. »Und Fakten sind vernünftig. Etwas Vernünftigeres als Fakten gibt es nicht. – Bourquin!«
    »Ja, Monsieur?«
    Justin Bourquin hatte schweigend zugehört. Er verstand das alles nicht. Schon kamen die Fragen des Kommissars.
    »Würden Sie sagen, dass das Verhalten des Verurteilten ungewöhnlich war, um es einmal gelinde auszudrücken? Es war doch sicher nicht das erste Mal, dass Sie einen Delinquenten auf seinem letzten Gang begleiten mussten.«
    »Nein, Monsieur.«
    »Sein Verhalten war nicht ungewöhnlich?«
    »Doch... Ich meinte, es war nicht das erste Mal, dass... Aber Dumarche... So etwas hatte ich vorher noch nie erlebt.«
    »Was war so anders an ihm?«
    »Er hatte überhaupt keine Angst, so weit ich das beurteilen kann.«
    »Sehen Sie«, triumphierte Kommissar Breton. »Er war von der fixen Idee besessen, seine Hinrichtung zu überleben.«
    »Sie sagen genau, was ich mir auch schon gedacht hatte.« Breton wandte sich wieder an Cerusier, der seine Hände knetete. »Ungewöhnlich wird der Fall immer bleiben, aber zumindest haben wir jetzt eine denkbare Erklärung für die Phänomene bei Dumarches Tod. Der Mörder hat sich in der Einsamkeit seiner Zelle förmlich auf den Gedanken versteift, dass er das Fallbeil überleben würde. Unterstützt durch seine okkulten Studien, war der Selbstbetrug so stark gewesen, dass der Körper noch Befehlen gehorchte, nachdem der Kopf schon längst ab war. Dumarche ist aus seinem Sarg nochmals aufgestanden. Das sagen auch die Fußspuren. Dass er dann Rimbeaud und seinem Gehilfen so böse mitspielte, dürfte ein äußerst bedauerlicher Zufall sein. Vermutlich hat er quasi versehentlich diesen verhängnisvollen Mechanismus ausgelöst. Danach ist die Leiche Dumarches umgefallen, hat mit den Händen die obere Kante des Fallbeils berührt und ist dann die Stufen hinuntergestolpert. Er fiel in seinen Sarg zurück.«
    »Und das glauben Sie?«, fragte Cerusier.
    »Es ist die einzig mögliche Erklärung des Sachverhalts. Ich denke, wir müssen den Tod Rimbeauds und seines Gehilfen zu den Unglücksfällen rechnen. Wobei ich zugebe, dass sie zu den seltsamsten Unglücksfällen zählen, die sich je auf dieser Welt ereignet haben.«
    ***
    In den Abendzeitungen stand zu lesen, dass die Polizei von der Selbstmordtheorie wieder abgerückt sei. Es sei inzwischen vielmehr erwiesen, dass Scharfrichter Rimbeaud und sein Gehilfe Merchant beim Reinigen des Gerätes einem Unglücksfall zum Opfer gefallen seien. Versehentlich sei der Mechanismus der Guillotine ausgelöst worden.
    Auch Victor Lagorge las die dicken Schlagzeilen in der Abendzeitung. Er hatte sie mitgebracht, als er seinen Dienst in der Akademie antrat.
    Wenn man Victor Lagorge, den Lagerverwalter des anatomischen Depots, als schrullig bezeichnete, dann war das eine mehr freundliche Umschreibung seines tatsächlichen Geisteszustandes.
    In Wirklichkeit war Victor schwachsinnig im leichteren Grad. Er war ein gutmütiger Kretin.
    Das ließ ihn auch seine Arbeit besser ertragen. Er musste die Bestandslisten im Leichenlager führen und kontrollieren. Die Studenten der medizinischen Fakultät meldeten bei ihren anatomischen Studien einen ziemlichen Verschleiß an. Jedes Mal wenn Lagorge seinen Dienst antrat, musste er die Formalinbehälter neu ordnen. Die Studenten und das Personal vom Tage gaben sich keine Mühe mit den Gliedmaßen und Organen, die konserviert in den verschiedenen Behältern lagen.
    Victor
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