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072 - Die Schlangengöttin

072 - Die Schlangengöttin

Titel: 072 - Die Schlangengöttin
Autoren: Dämonenkiller
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sie zum Steinaltar. Sie legten sie auf das Tablett mit dem Teig, und der Hohepriester trat hinzu. Er goß ein wenig von der zähen Flüssigkeit aus dem Kelch aus. Dann stellte er ihn ab und bewegte die Hände über den züngelnden, zischenden Schlangen. Er beschrieb seltsame Zeichen in der Luft. Was er murmelte, konnte ich nicht verstehen.
    Ich glaubte, schon Ewigkeiten hier in der Riesenhöhle mit den Stalaktiten zu sein, schwitzte unter meiner Kutte, und mein Kopf schmerzte von den Dämpfen und Dünsten. Ich sehnte mich nach einem einzigen Atemzug frischer Luft. Doch daran war nicht zu denken. Die Zeremonie der Schlangenanbeter lief langsam, aber stetig ab, dem dramatischen Höhepunkt entgegen.
    Der Ophitenpriester hatte die Schlangen auf dem Teig beschworen oder hypnotisiert. Sie wälzten sich auf der weichen Masse. Nach einer Weile scheuchte der Oberpriester sie weg.
    Nun traten die Ophiten wieder vor, wanderten in langer Reihe an dem Altarstein vorbei. Jeder bekam ein Stück von dem von den Schlangen besudelten Teig. Er behielt es in der Hand. Auf seinen Platz zurückgekehrt, berührte er den Kopf der Schlange, die er in der Hand hielt, mit dem Teigstückchen. Der Hohepriester gab das Zeichen dazu. Dann schluckten die Ophiten das Zeug hinunter. Thomas Becker und ich taten nur so. Ich sah neben mir ein bildhübsches junges Mädchen und eine elegante und immer noch schöne Frau, den Schlangenteig essen. Sie machten verzückte Gesichter. Mich würgte es in der Kehle.
    „Nun wollen wir die Schlange küssen, das Symbol Ophits!" rief der Hohepriester. „Nur der echte Ophite, der ganz und gar der Großen Schlange verhaftet ist, kann den magischen Kuß der Brüderschaft mit ihr tauschen. Der Zweifler oder gar Verräter bekommt ihre Giftzähne zu spüren. Ich erschaffe die Schlange!"
    Er goß den zähflüssigen, grünen Inhalt des Kelches auf den schwarzen Altarstein. Erst war es eine gewundene Flüssigkeitsspur, dann erwachte sie zum Leben. Vor unseren Augen wurde das Zeug zu einer Schlange. Sie war grün und richtete sich auf der flachen Steinplatte auf.
    „Tochter Ophits, nimm den Kuß deiner Diener entgegen!" rief der Oberpriester und küßte die Schlange als erster.
    Beim Schlangenclan waren die Bräuche streng. Ich war davon überzeugt, daß die Schlange einen Außenseiter oder einen Verräter sofort erkennen und beißen würde. Sie besaß gewiß magische Fähigkeiten oder wurde von einer der Statuetten der Schlangenkönigin gelenkt und beeinflußt, die ihrerseits die zum Altar Tretenden durchschauen konnte.
    Ich schwitzte noch stärker, denn mir war klar, daß Thomas Becker und ich den Schlangenkuß nicht vermeiden konnten. Verzweifelt suchte ich nach einem Ausweg.
    Die Ophiten traten der Reihe nach zu der grünen Schlange und küßten ihr züngelndes Reptilienmaul. Bestimmt war das Biest hochgiftig. An einem Schlangenbiß zu sterben, war eine der qualvollsten Todesarten.
    Fast alle Ophiten, mehr als zweihundert, hatten jetzt schon die Schlange geküßt. Jemand stieß mich von hinten an. Ich sah über die Schulter in das verzückte Gesicht eines Mannes.
    „Ihr müßt gehen, Brüder. Worauf startet ihr noch? Oder ist euer Herz nicht rein?"
    „Ophit beschirme dich", murmelte ich die traditionelle Formel der Ophiten.
    Dann trat ich vor Thomas Becker in die Reihe. Ein paar Schlangenanbeter gerieten zwischen mich und den Professor. Die Reihe rückte unbarmherzig vor, auf das scheußliche grüne Reptil zu.
    Als nur noch zwei Leute vor mir waren, kam mir ein Gedanke. Ich holte die gnostische Gemme mit dem Ouroboros, der Schlange, die sich selber in den Schwanz biß, unter der Kutte hervor. Den Ouroboros vor der Brust baumelnd, trat ich an die Schlange heran.
    Schon einmal, in einem Hotelzimmer des Ambrakia, hatte ich eine Schlange hypnotisiert. Aber diesmal mußte es schneller gehen. Ich sah die Schlange durchbohrend an, und sie hörte zu züngeln auf. Ich neigte den Kopf weiter nach vorn, aber ich berührte das scheußliche Reptil nicht mit den Lippen.
    Der Oberpriester hatte den Blick zur Stalaktitendecke erhoben, unter der Fledermäuse flatterten, und bekam nichts mit.
    Ich atmete auf. Das war noch einmal gutgegangen. Erleichtert trat ich vom Schlangenaltar weg. An mir war der Kelch vorübergegangen. Aber an Thomas Becker noch nicht. Er schaute mich an und kniff kurz ein Auge zu. Die Reihe rückte vor. Er hatte nicht bemerkt, was ich getan hatte. Ihn würde die Schlange beißen, das war gewiß.
    Ich zögerte bis
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