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072 - Die Schlangengöttin

072 - Die Schlangengöttin

Titel: 072 - Die Schlangengöttin
Autoren: Dämonenkiller
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Als das Ding sich geschwind auf uns zuschlängelte, erkannte ich es. Es war die abgestreifte Haut des Schlangendämons.
    Ich schlug mit dem Degen danach, aber ich konnte die Schlangenhaut nicht aufhalten. Sie lebte und erfüllte den Willen Ophits. Die Schlangenhaut umhüllte den aufbrüllenden Marino und schloß ihn ein. Dumpf und furchtbar hallten seine Schreie durch die Regenbogenhaut.
    Die sechsköpfige Familie floh schreiend aus der Höhle. Ich nahm den Weihwasserbehälter, schüttete die geweihte Flüssigkeit auf das Schlangenvlies und attackierte es mit dem Silberdolch. Aber es nutzte nichts.
    Auch der Baske zog und zerrte an dem Material, ging mit der Klinge darauf los. Er richtete so wenig aus wie ich. Die Schreie meines Bruders gingen in ein Röcheln über, dann erstickten sie vollends. Sein Körper in der Schlangenhaut bewegte sich nicht mehr. Ophits Fluch hatte sich erfüllt. Eine Schlange, die schon keine Schlange mehr war, hatte Marino getötet.
    Pablo Agual riß jetzt zwei brennende Holzstücke aus dem Feuer. Er gab mir eines, und wir rückten der ruhig daliegenden Schlangenhaut zuleibe. Sie brannte schwer, aber wir gaben nicht auf. Es gelang uns, den Körper meines Bruders zu befreien. Ein stinkender Qualm erfüllte die Höhle. Wir mußten husten. Die Augen tränten uns.
    Wir lösten Marino aus der teilweise verkohlten Hülle und trugen ihn aus der Höhle.
    Marino war tot. Es ließ sich auf den ersten Blick nicht genau feststellen, woran er gestorben war. Einige seiner Glieder waren gebrochen, sein Gesicht sowie die Haut an seinem ganzen Körper waren bläulich und grünlich verfärbt, an manchen Stellen stärker, an anderen schwächer. Ich vermutete, daß ein Gift durch seine Haut eingedrungen war und den Tod verursacht hatte.
    Ich schaute mich um. Es war etwa zehn Uhr morgens. Die Sonne schien hell. Ein paar Vögel flogen schreiend vorüber. Von den Menschen, die die Höhlen des Hephaistos-Berges bewohnten, zeigte sich niemand. Sie wollten in nichts hineingezogen werden, was mit dem Schlangendämon und den Ophiten zu tun hatte.
    Ich beugte mich herab und drückte meinem toten Bruder die Augen zu.
    „Wir müssen von hier verschwinden, Pablo, ehe die Mitglieder des Schlangenclans oder gar die Große Schlange selbst uns angreifen."
    Wir trugen Marinos Leichnam zu zweit und entfernten uns von den Höhlen. Ich wußte, daß wir beobachtet wurden. Unter den Höhlenbewohnern befanden sich gewiß auch einige Ophiten.
    Aber es geschah nichts mehr. Niemand griff uns an. Ophit hatte seine Rache an Marino gehabt. Vielleicht waren Pablo und ich dem Dämon gleichgültig.
    Als wir an diesem kühlen Februarmorgen über die kahlen Felder nach Iraklion marschierten, kam ich mir sehr einsam und verlassen vor. Ich wußte, daß ich nie wieder so würde sein können wie andere Menschen. Ich war ein Gezeichneter und ahnte, daß auch mein zukünftiges Leben und die folgenden nicht frei sein würden von Dämonen und ihrem grauenvollen Wirken.
    Wir erreichten die Stadt. Diesmal noch waren mein Gefährte Pablo und ich davongekommen. Doch viele Opfer hatte es gegeben.

    Gegenwart
    Ich erwachte aus dem Traum, der nur Sekunden gewährt hatte, Sekunden, in denen ich einen entscheidenden Lebensabschnitt des Michele da Mosto erlebte. Thomas Becker stand neben mir. Er hatte überhaupt nicht bemerkt, daß ich für Sekunden geistesabwesend gewesen war.
    Ich dachte an jenes Labyrinth aus Megalithen und Menhiren, in das ich Wochen zuvor bei der Seance der Magischen Bruderschaft versetzt worden war, damals, als Doktor Faustus' Geist beschworen werden sollte und die Krönung Alraunes zur Herrin der Finsternis - Hekate III. - stattfand. Damals hatte ich geglaubt, das Labyrinth, dessen Ausdehnung ich nicht erfassen konnte, weil eine Wolkendecke darüberhing, sei das Reich Alraune-Hekates. Wo es sich befand, davon hatte ich keine Ahnung gehabt. Jetzt überlegte ich mir, ob dieses Labyrinth nicht die Unterwelt von Kreta gewesen sein könnte, jene Unterwelt, in die Alraune 1557 von Ophit verbannt worden war. Einiges sprach dafür. Dort, unter dem Abschaum der Dämonen, hatte Alraune sich durchgesetzt und triumphiert.
    Es lag nahe, daß sie dieses Labyrinth noch für ihre Zwecke benutzte. Beim Bodensatz der Schwarzen Familie, bei den selbst unter den Dämonen verachteten und pervertierten Geächteten, war sie zu dem geworden, was sie heute war.
    Gewißheit über meine Vermutungen hatte ich natürlich nicht; ich sah auch keine Möglichkeit, mir
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