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072 - Die Schlangengöttin

072 - Die Schlangengöttin

Titel: 072 - Die Schlangengöttin
Autoren: Dämonenkiller
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welche zu verschaffen.
    Hekate hatte die Unterwelt später wieder verlassen und Ophit sicher für die Verbannung grausam bestraft. Sie hatte die Große Schlange sich unterworfen, und jetzt war Ophit Hekate untertan.
    Ich mußte mich abrupt der Praxis zuwenden, als die Ophiten mit dem großen Ritual begannen. Es war eine Opferfeier, wie sie nur zu besonderen Gelegenheiten abgehalten wurde. Waren Thomas Becker und ich noch unerkannt, oder ließen Ophit und Hekate uns nur einstweilen ungeschoren, um uns mit dem Warten zu quälen?
    Thomas Becker stieß mich an. „Was ist nun, Dorian? Was sollen wir tun?"
    „Wir machen vorerst alles mit und behalten unsere Tarnung bei", antwortete ich ebenso leise. Flötentöne erklangen im Hintergrund. Aus dem Kreis der Ophiten trat ein Hohepriester, ein Mann mit blauer Kutte, einer Kapuze und einem roten Umhang. Er hielt einen Kelch in den Händen, dessen Öffnung fast so groß war wie ein Wagenrad. Zwei Mädchen in grünen Kutten folgten ihm. Sie trugen keine Kapuzen, und ihre Kutten hatten kreisrunde Löcher, die die Brüste entblößten; Schlangen waren darauf tätowiert. Jedes der Mädchen hielt in der linken Hand eine Schlange. In der rechten trugen sie ein Tablett mit einem hellgelben Teig. Vor den Statuetten der Schlangengöttin setzten sie mit gemessenen Bewegungen das Tablett ab. Dann traten sie wieder in die Menge. Der Hohepriester hob den Kelch, und alle verneigten sich tief.
    „Ouroboros", rief er, „gnostische Schlange, Urmutter allen Seins, die du alles in dir vereinigst, wir verneigen uns vor dir!"
    Wir warfen uns wie die anderen Ophiten nieder.
    „Ouroboros, wir neigen uns", murmelte die Menge.
    Das Zeichen der Urschlange war auch auf meine gnostische Gemme eingeprägt - eine Schlange, die sich selber in den Schwanz biß. Ouroboros war es aber nicht, die die Ophiten hauptsächlich verehrten.
    „Ophit", fuhr der Hohepriester fort, „Große Schlange, Mutter der Finsternis, sieh deine Kinder! In Furcht und Verehrung neigen wir uns vor dir und opfern dir. Chtonische Ophit, dunkle Göttin, wir sind deine Sklaven."
    „Ophit, wir sind deine Sklaven", murmelten alle.
    Der Hohepriester setzte den Kelch an und winkte gebieterisch. Ein Schlangenkorb wurde vor den schwarzen Altar gebracht. Ein Ophite im blauen Gewand hockte sich mit der Flöte davor nieder, wir andern hatten uns wieder erhoben.
    Vier schlanke hübsche Mädchen in Schlangenschuppengewändern, die sie wie eine zweite Haut einhüllten, huschten aus dem Kreis der Schlangenanbeter. Jede von ihnen hielt eine Kobra in der Hand.
    Der Flötenspieler blies eine Melodie, und alle anderen Flöten verstummten. Die Schlangenmädchen bildeten ein Quadrat, dessen Mittelpunkt der Korb darstellte. Sie wanden sich, tanzten zu Ehren Ophits.
    Der Deckel des Korbes wurde von innen aufgestoßen. Zuerst tauchte eine Brillenschlange auf, dann erschienen andere Schlangen. An die anderthalb Dutzend Schlangenköpfe hoben sich aus dem Weidenkorb. Die Schlangen bewegten die Oberkörper zum Klang der Flötenmelodie, wie die Mädchen. Der Hohepriester stand im Hintergrund. Ein paar Gehilfen kamen jetzt herbei. Sie brachten Gefäße aus Gold und Silber, mit Diamanten besetzt. Einer trug einen Edelholzkasten. Hinter dem Rücken des Oberpriesters stellten sie die Statuetten der Schlangenkönigin im Halbkreis auf der flachen schwarzen Steinplatte, die als Altar diente, auf. Sie waren barfuß, denn Schuhwerk durfte den geweihten Stein nicht berühren.
    Dann wurde ein kleiner Scheiterhaufen errichtet, Essenzen daraufgegossen und Pulver verstreut.
    Der Hohepriester stellte seinen Kelch auf den Steinaltar. Er goß verschiedene Flüssigkeiten hinein und rührte sie um, fügte Pulver hinzu und warf scheußliche Zutaten in den Kelch. Ein paar Smaragde waren dabei und einige tote Kröten. Das andere Zeug konnte ich nicht erkennen. Es mußten abscheuliche alchimistische Zutaten sein, wie Mehl von Leichenknochen, Mäuseharn, bestimmte Eingeweide von Tieren und vielleicht sogar Menschen, Blut von jungen Mädchen, Tollkirschen und andere Gewächse. Sicher waren die meisten Ingredienzien unter bestimmten Voraussetzungen besorgt worden: um Mitternacht in einer Vollmondnacht, nach einem genau festgelegten Ritual oder dergleichen.
    Die mittelalterliche Alchimie und Magie hatte groteske und grausige Blüten getrieben. Die Ophiten bewahrten diese Tradition bei der Herstellung des Schlangensuds im Kelch.
    Ja, des Schlangensuds, denn ich war überzeugt, daß der
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