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072 - Die Schlangengöttin

072 - Die Schlangengöttin

Titel: 072 - Die Schlangengöttin
Autoren: Dämonenkiller
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Arten und Gattungen. Sie umringten uns, richteten sich züngelnd auf, griffen uns aber nicht an.
    Marino hatte seit jeher eine Abscheu vor Schlangen gehabt. Er riß einem Matrosen die Arkebuse aus der Hand und entzündete die Lunte. Der Schuß krachte, Pulverdampf stieg auf, und das schwere Geschoß fuhr in die Schlangenschar. im nächsten Moment hatte Marino den Degen gezogen.
    „Tötet die Schlangenbrut!" schrie er. „Los, bringt sie um!"
    Er war in diesem Augenblick nicht Herr seiner Sinne. Für ihn war es ein Alptraum, auf der idyllischen Lichtung von Schlangen umringt zu sein. Er schlug mit der blanken Klinge um sich und hatte im Nu eine Bresche in die schuppige Phalanx geschlagen.
    Die Matrosen erwachten aus ihrer Erstarrung. Sie hieben mit Säbeln und Entermessern drein, zerstampften Schlangenleiber mit den Arkebusenkolben und unter den Sandalen.
    Auch ich schlug mit dem Degen zu. Mein Bruder Marino war für mich eine Art Halbgott. Was er tat, mußte richtig sein.
    Marino und ich trugen als einzige hohe Stiefel. Ich hörte einen Matrosen schreien, der von einer nur drei Finger langen Schlange in die Wade gebissen worden war. Schaum vor dem Mund, stürzte er zu Boden und wand sich in Krämpfen.
    Ich köpfte eine Schlange, die so dick wie ein kräftiger Männerarm und fünf Meter lang war. Der kopflose Körper zuckte konvulsivisch und peitschte mit dem Schwanz.
    Überall zuckten und wanden sich geköpfte oder zerteilte und zerstampfte Schlangenkörper. Dann wich die eklige Brut ins Unterholz zurück. Dutzende von sterbenden und verwundeten Schlangen blieben auf der Strecke; und alle bewegten sich noch.
    Marino wischte sich den Schweiß von der Stirn.
    „Der Brut haben wir es aber gegeben." Seine Stimme bebte. „Wir füllen die Wasserfässer, dann folgen wir dem Bach zum Strand."
    Da sprach eine Frauenstimme zu ihnen. Sie klang schrill, und wir konnten nicht feststellen, woher sie kam. Wir hätten auch nicht genau sagen können, in welcher Sprache sie redete. Trotzdem verstand sie jeder.
    „Ihr Elenden!" rief die Frau. „Warum mordet ihr meine Kinder? Diese Insel habe ich ihnen gegeben."
    Wir sahen uns um, aber wir erblickten nur die Vögel, die von unserem Geschrei aufgeschreckt, über der Lichtung kreisten.
    „Du dort mit dem schwarzen Hemd", fuhr die Frauenstimme fort, „du bist der Anführer und schuld an dem Gemetzel unter meinen Lieblingen! Ich verfluche dich! Deine Strafe soll furchtbar sein.
    Eine Schlange, die schon keine Schlange mehr ist, soll dich nach langen Qualen töten."
    Marino schauderte. Er nahm die Arkebuse eines seiner Matrosen und spähte umher.
    „Wer bist du?" fragte er. „Komm heraus aus deinem Versteck, daß ich dich sehen kann, Schlangenkönigin!"
    „Auch ihr andern werdet euerm Schicksal nicht entgehen", rief die Frauenstimme weiter. „Auf sie, meine Kinder! Tötet sie, tötet!"
    Es krachte im Unterholz. Ein riesiger Schlangenkopf schoß hervor, schuppig, in allen Farben des Regenbogens schillernd. Eine fast schenkeldicke, gespaltene Zunge züngelte, und lidlose Augen starrten uns an.
    Wir alle schrien auf. Die Schlange schob sich weiter vor, und jetzt sahen wir, welch gewaltige Ausmaße sie hatte. Sie konnte ein Pferd hinunterwürgen, wenn sie ihre Kiefer ausrenkte. Die giftigen Dolchzähne in ihrem Oberkiefer waren fast armlang.
    „Verdammtes Biest!" brüllte Marino.
    Seine Arkebuse krachte. Mein Bruder war ein todsicherer Schütze, aber entweder verfehlte er die Riesenschlange mit der regenbogenfarbenen Haut, oder die Kugel vermochte ihr nichts anzuhaben. Der Schuß riß uns aus unserer Erstarrung. Schreiend liefen wir in verschiedenen Richtungen davon. Ich rannte mit dem Basken am Bachufer entlang. Überall tauchten zischende Schlangen auf. Wir mußten uns den Weg durch diese Höllenbrut freikämpfen. Selbst aus dem Wasser kamen Schlangen, und sie schnellten sich von den Ästen der Bäume.
    Eine ringelte sich um meinen Hals und biß mir in die Wange. Außer mir vor Ekel, riß ich sie weg und schleuderte sie fort. Zum Glück war sie nicht giftig gewesen.
    Wir hörten die Schreie der Matrosen, die andere Wege eingeschlagen hatten, und die meines Bruders. Wie ich mit dem Basken den Strand erreichte, weiß ich nicht. Wir keuchten. An den Strand folgten uns die Schlangen nicht. Die Riesenschlange war nicht mehr zu sehen. Ob sie einen von unseren Kameraden verschlungen hatte, wußten wir nicht.
    „Ich glaube nicht, daß wir einen von ihnen lebend wiedersehen", sagte Pablo,
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