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071 - Der Hexer mit der Schlangenhand

071 - Der Hexer mit der Schlangenhand

Titel: 071 - Der Hexer mit der Schlangenhand
Autoren: Larry Brent
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Leiche?
    John Modestys
Finger bewegten sich. Die krumige Erde rieselte ihm zwischen den Gelenken
herab, rutschte über Gesicht und Brust.
    Modesty
befreite sich aus den Tüchern und begann dann wie ein Maulwurf, sich durch den
lockeren Boden nach oben zu graben.
    Modesty
arbeitete wie ein Roboter.
    Er atmete
nicht. Sein Herz hatte nicht wieder zu schlagen begonnen, wie man vielleicht
vermuten mochte.
    John Modesty
war nach wie vor tot, und doch bewegte er sich...
    Die Kraft der
unheimlichen Schlange aus vergangenen Tagen war in ihm, und erfüllte seinen
Körper mit dem Leben eines - Zombie.
    Das
frischgeschaufelte Grab wurde von unten her geöffnet, die Erde kraftvoll auf
die Seite geworfen...
    Die Hände
durchstießen den lockeren Humusboden zuerst. Raschelnd bewegte sich das Laub.
Der noch halb von den Tüchern bedeckte Kopf des Toten schob sich durch die
Erde.
    John Modesty
richtete sich auf.
    Mit beiden
Händen zerriß er die umwickelten Tücher und gewann dadurch noch mehr
Bewegungsfreiheit.
    Er schob sich
vollends aus dem Erdloch.
    Eine Mulde
und zerrissene Tücher blieben zurück.
    An John
Modestys Kleidung klebte vereinzelt feuchte Erde. Aber daran störte er sich
nicht. Er klopfte sie nicht mal ab.
    Er reckte
sich, als würde er aus langem Schlaf erwachen.
    An seinem
Hals waren deutlich die blutunterlaufenen Bißwunden zu sehen, die die
Schlangenzähne geschlagen hatten.
    Aus den
Schatten der Bäume löste sich eine Gestalt, deren Blick geradeaus gerichtet
war.
    John Modesty,
der Zombie des Schlangengottes Lao To Hiau, ging zur Straße zurück und sie dann
in Richtung London entlang.
    Viele
Autofahrer sahen den Fremden, dessen Kleidung verschmutzt und zerknittert war.
Sie hielten ihn für einen Herumtreiber und Landstreicher.
    Keiner hielt,
um ihn mitzunehmen.
    Der Untote
folgte einem unheiligen Trieb, war nur noch Hülle, Werkzeug, von dessen
Bestimmung auch der fette Chinese nichts ahnte, dessen Schlangenfinger ihm den
Tod gebracht hatten...
     
    ●
     
    Ächzend ließ
Clair Bellow die Tür ihres Apartments ins Schloß fallen. Die junge, hübsche
Frau stellte ihre Einkaufstüten ab und warf sich auf die Schlafcouch. Mit
nervösen Fingern steckte sie sich eine Zigarette an.
    Noch immer
lief es Clair Bellow eiskalt den Rücken hinab, wenn sie an dieses steinerne
Schlangensymbol dachte, das der junge Bursche ihr urplötzlich vors Gesicht
gehalten hatte. Mit eigenen Augen hatte sie beobachtet, wie die Skulptur
plötzlich zum Leben erwacht war.
    Aber obwohl
die Schlange sie in jenem Moment anscheinend beißen wollte, hatte sie nicht die
geringste Angst verspürt. Die war erst später gekommen, nachdem sie über das
nachgedacht hatte, was ihr zugestoßen war. Nein, sie war ganz ausgeglichen und
ruhig gewesen, fast sogar zufrieden, einverstanden mit ihrem Schicksal.
    Auf dem
Nachhauseweg hatte sie damit begonnen, ihre Gefühle zu analysieren. Clair
Bellow studierte hier in London Psychologie und Psychiatrie; aber nichts, was
sie in ihren bisherigen Semestern gelernt hatte, trug dazu bei, ihr diese
seltsame Ruhe zu erklären.
    Vielleicht
die Ausgeglichenheit im Angesicht des Todes? Die Gewißheit, einem
unvermeidbaren Schicksal ins Auge schauen zu müssen? Dem Tod nicht entgehen zu
können?
    Sie drückte
die kaum angerauchte Zigarette wieder aus.
    Schließlich
hatte die Schlange ja nicht zugebissen. Und sie hatte gelernt, daß nichts so
gefährlich sein konnte wie eine Selbstanalyse. Jede Eigendiagnose war
abzulehnen. Man vermochte nicht, die Zustände, die in sich selbst abliefen, zu
klären, weil man nicht unbeteiligt an sie herangehen konnte.
    Doch jetzt,
wo alles vorbei war, wuchs ihre Beunruhigung. Gleichzeitig keimte in ihr ein
seltsames, drängendes Gefühl, das sie sich überhaupt nicht erklären konnte. Sie
horchte in sich hinein, bekam dieses Gefühl jedoch nicht zu fassen.
    Aber egal,
alles war vorbei. Die Schlange hatte ihr Leben betreten und wieder verlassen.
    Clair Bellow
konnte allerdings nicht wissen, wie sehr sie sich mit dieser Vermutung irrte...
     
    ●
     
    Die Stirn des
Mannes war nachdenklich gefurcht, als er die Nachricht entgegennahm.
    Der Chef der
PSA machte einen freundlichen, ja vertrauenerweckenden Eindruck. Er trug einen
rosenholz-farbenen Anzug; sein dichtes, graues Haar war nach hinten gekämmt.
Seine Augen wurden von den Gläsern einer Blindenbrille bedeckt.
    Doch schon
der Schreibtisch, hinter dem er saß, wirkte gar nicht mehr so unscheinbar. Im
Gegenteil, er sah eher aus wie
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