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070 - Schreie des Grauens

070 - Schreie des Grauens

Titel: 070 - Schreie des Grauens
Autoren: Dämonenkiller
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nicht zurückhalten. Obwohl..."
    Dorian verstand sie augenblicklich. Sie liebte ihn, und ihr Instinkt hatte eine deutliche Warnung ausgesprochen. Sie fürchtete um das gemeinsame Glück und um Dorians Leben.
    „Ich steige ja nicht in die Hölle hinunter", tröstete er sie und legte den Arm um ihre Hüften. „Ich fliege in eine europäische Großstadt und bin jederzeit durch Telefon zu erreichen. Ich melde mich, wenn ich angekommen bin. Und ich melde mich natürlich auch, wenn ich deine Hilfe brauche, Coco."
    „Ja, natürlich. Aber trotzdem mache ich mir Sorgen."
    Coco ahnte etwas. Sie ahnte Gefahren mitten im Licht der Großstadt. Aber sie nahm sich zusammen. Für Dorian war die selbstgesuchte Aufgabe wichtiger als es ihre undeutlichen Ahnungen und ihre instinktive Abwehr waren. Vielleicht sollte sie ihm nachreisen, wenn die Spannung zu groß wurde.
    „Ich bin bald zurück", versicherte er.
    Sie kannte ihn. In Gedanken befand er sich bereits in München.
    „Und deine Bücher? Die Schriften der Bruderschaft?"
    „Ich bin Mitglied. Das Studium dieser Schriften kann ein wenig warten", vertröstete er sie und sich selbst. „Philosophische Schriften brauchen viel Zeit und Ruhe. Und niemand kann von mir verlangen, daß ich angesichts dieser offenkundigen Vorfälle ruhig bleibe."
    Das war richtig. In zwei Wochen oder noch früher konnte Dorian wieder zurück sein.
    „Du lächelst schon wieder, Coco." Dorian zog sie an sich. „Komm, gehen wir!"
    „Wann willst du fliegen?" fragte sie und nickte Trevor zu.
    „Morgen mittag. British Airways fliegt direkt nach München-Riem", sagte er in seinem perfekten Deutsch.
    „Die Karten? Hotel?"
    „Hotel suche ich mir dort. Das Ticket wird Trevor bestellen, ja? Sind Sie so nett, Sullivan?" „Natürlich", versicherte Sullivan grimmig. „Gehen Sie ruhig Ihren verdammten Sekt trinken!"
    Er sah Coco nach, als wollte er sie mit seinen stechenden Blicken durchbohren. Manche Männer, dachte er, wissen es gar nicht zu schätzen, was sie besitzen. Dann spulte er das Band zurück, schaltete die Geräte ab und legte die Spule ins Archiv zurück.

    Renata Leyser stand vor dem Spiegel und betrachtete sich, während sie mit der harten Bürste ihr Haar bearbeitete, bis es zu glänzen begann und sich dicht an den Kopf anlegte.
    Ich bin schön, sagte sie sich. Aber ich habe nichts davon.
    Während die elektrische Zahnbürste summte, betrachtete sich Renate in dem riesigen Spiegel, einem der wenigen Luxusartikel in ihrer kleinen Wohnung. Sonnenlicht fiel durch das halboffene Fenster. Sie bewohnte das oberste Stockwerk eines der alten Häuser. In einigen Jahren würde es abgerissen werden, aber jetzt genoß sie noch die verwunschene Idylle des zugewachsenen und mit nutzlosem Trödel vollgestopften Hinterhofes.
    Ihr Körper war perfekt, nahtlos braungebrannt vom letzten Sommer. Sie war fast täglich im Ungererbad gewesen, hinter dem Binsenschutzzaun. Lange Beine, eine ungewöhnlich schmale Taille, hoch angesetzte, makellose jugendliche Brüste. Aber es war nicht der Körper eines sinnlichen Weibes, sondern mehr der einer jungen unerweckten Prinzessin. So hatte ihr Freund sie immer genannt. Er hatte sie erweckt.
    Sie duschte sich, zog sich an und ging dann hinunter zur nahen Lebensmittelabteilung des Großkaufhauses mit dem häßlichen Turm aus schwarzen Glasscheiben. Langsam wanderte sie weiter, die Tasche lässig unter dem Arm, bis zu dem Holzgeschäft. Es lag in einem anderen Hinterhof, und manchmal, in stillen Nächten, hörte sie den Inhaber mit der Kreissäge herumhantieren.
    Natürlich wurde Renata angesprochen, mehr als einmal. Sie wußte genau, daß sie jene aufreizende Mischung aus Unschuld und Raffinesse darstellte, wenigstens in den Augen der meisten Männer.
    Sie alle wollten sie schützend und beschützend in die starken Arme nehmen. Sie war nicht daran interessiert; sie schützte sich selbst. Ihr Schutz war eine fast unübersteigbare Mauer; sie hatte sie nach dem Tod Freds errichtet. Seither war es niemandem gelungen, diese Mauer zu durchbrechen. Sie kaufte einige Stücke Holz, viel zu teuer, aber sie arbeitete gern mit diesem halbweichen, dunklen Holz, das nach unerreichbar fremden Ländern roch. Dabei konnte sie so schön träumen.
    Langsam ging sie zurück, nahm die wenige Post aus dem Briefkasten und warf dem Zeichenbrett nur einen flüchtigen Blick zu. Ihre Altbauwohnung war nicht groß, aber sehr gemütlich eingerichtet. Sie setzte sich, essend und Kaffee trinkend, vor das
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