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0698 - Karneval des Todes

0698 - Karneval des Todes

Titel: 0698 - Karneval des Todes
Autoren: Roger Clement
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Kopf noch Gliedmaßen an ihnen erkennen.
    Andere hatten keine Arme, sondern ein zweites Paar Beine an den Schultern. Sie balancierten ihre Champagnerkelche auf den oberen Fußsohlen.
    Dann gab es Amüsierwillige, die wie doppelt belichtete Fotos aussahen. Ihre Konturen verschwammen andauernd.
    Der Haushofmeister war nicht der einzige Geist in dieser munteren Gesellschaft. Auch etliche Gäste schienen feinstoffliche Wesen zu sein.
    Und alle diese Gestalten waren natürlich kostümiert!
    Zamorra und Nicole sahen römische Legionäre und mongolische Reiterkrieger, japanische Geishas und baumlange Bantu-Krieger, Germanen mit Fellkleidung, französische Revolutionäre mit Jakobinermützen und vieles mehr…
    »Champagner?«
    Eine kleine zierliche Frauengestalt hielt den beiden Dämonenjägern ein silbernes Tablett vor die Nasen. Zamorra und Nicole bedienten sich dankend.
    Die Serviererin knickste und verschwand. Sie sah aus wie eine irische Elfe, eine Banshee. Vielleicht war es auch eine.
    Zamorra nahm einen Schluck Champagner.
    »Das ist wirklich eine nette Karnevalsparty«, sagte er, zu dem riesigen Golem aufblickend. »Aber ich dachte, wir sollten der Hausherrin gegen einen gefährlichen Dämon beistehen…«
    »Das sollen Sie auch«, bestätigte der Lehmmensch. »Meine Herrin wird Sie empfangen, sobald sie ihre Kraftübungen beendet… ah, da ist sie ja schon!«
    Ein Raunen ging durch die Menge.
    Anerkennende Zurufe erschollen, als eine zierliche Frauengestalt sich ihren Weg zwischen den seltsamen Gestalten bahnte.
    Ihr Gesicht kam Zamorra und Nicole bekannt vor. Sie hatten es bereits in ihrem Kaminfeuer auf Château Montagne gesehen.
    Der größte Teil des Körpers von Claudia Salvador war durch ein robenartiges Kleid bedeckt.
    Doch auch das üppig wallende Kleidungsstück konnte den fortgeschrittenen Verfall nicht verdecken.
    Die Magierin von Cannaregio war eine Mumie.
    Doch die Mumie lächelte scheu, als sie direkt vor Zamorra und Nicole stand.
    »Meine Ehrengäste! Seien Sie willkommen auf meiner Karnevalsfeier!«
    »Danke«, erwiderte Zamorra. »Aber ich dachte, dass Sie uns aus anderen Gründen hergebeten hätten als zum Feiern.«
    Die Magierin nickte.
    »Leider. Kommen Sie bitte in meine Kammer der Schmerzen.«
    ***
    Claudia Salvador ging voraus.
    Zamorra und Nicole folgten ihr.
    Emilio bildete den Schluss der kleinen Prozession.
    Wieder machten die schrillen Karnevalsgäste bereitwillig Platz. Zamorra wunderte sich, wie viele Gestalten in dem doch nicht allzu großen Saal Platz finden konnten. Nun, da war gewiss auch wieder Zauberei im Spiel…
    Was ihn zu der Frage brachte, warum er früher nichts von dieser Magierin und ihrem Zauber bemerkt hatte. Immerhin war er nicht zum ersten Mal in Venedig. Ungern erinnerte er sich an die Auseinandersetzung mit Amun-Re, vor vielen Jahren, als dieser sich vorübergehend in der Lagunenstadt eingenistet hatte. Damals hatte auch Asmodis seine künstliche Hand erhalten… [3]
    Aber seltsamerweise hatte Zamorra von der Magierin nichts gespürt, auch nichts von ihr gehört. Dabei musste sie zu jener Zeit schon in Venedig gewesen sein, logischerweise, wenn ihre Party bereits seit fünf Jahrhunderten andauerte und die Vorfälle um Amun-Re erst wenig mehr als 15 oder 16 Jahre zurücklagen…
    Man gelangte in die Kammer der Schmerzen, indem man durch ein Labyrinth von Fluren irrte und dann eine schmale Stiege erklomm. Der drei Meter große Golem musste seinen Lehmschädel einziehen.
    Der Raum war fast quadratisch und fensterlos.
    »Warum heißt diese Raum Kammer der Schmerzen?«, fragte Nicole.
    Auf den ersten Blick wirkte das Zimmer wie eine leer geräumte Rumpelkammer. Nur in der Mitte des Zimmers stand ein großer venezianischer Spiegel mit Goldrahmen.
    »Weil ich in diesem Zimmer meine Erinnerungen aufbewahre«, erwiderte die Magierin. »Und die sind leider schmerzhaft. Ich könnte es nicht aushalten, wenn ich sie in meinem Inneren hätte.«
    Sie klopfte mit ihrer rechten Hand auf ihre Brust.
    Jetzt ahnte Zamorra, wozu der Spiegel diente. Er deutete darauf.
    »Können Sie uns dort Ihre Erinnerungen zeigen?«
    Claudia Salvador nickte.
    »Ja. Und ich werde jetzt sofort damit beginnen. Damit Sie verstehen, warum ich es so dringend gemacht habe und wollte, dass Sie sofort von Frankreich herüberkommen.«
    Sie murmelte ein paar unverständliche Worte. Der Spiegel, der bisher blind gewesen war, zeigte nun Bilder. Für einen Moment musste Zamorra an den Tag denken, als er und Nicole
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