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0698 - Karneval des Todes

0698 - Karneval des Todes

Titel: 0698 - Karneval des Todes
Autoren: Roger Clement
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aus…«
    »Dieses Monster geht also auf sein Konto?«
    »Natürlich, Professore Zamorra! Das war nur eine kleine Warnung für Sie. Damit Sie und Signorina Nicole sofort wieder abreisen…«
    »Da kennt uns dieser schwarzmagische Quacksalber aber schlecht!«, knurrte Nicole und streckte kampfeslustig das Kinn vor. »Der wird uns jetzt erst richtig kennen lernen!«
    Zamorra grinste. Manchmal nahm seine Gefährtin ihm die Worte förmlich aus dem Mund.
    Wenn ein Dämon sie einschüchtern wollte, musste er sich schon etwas Besseres einfallen lassen. Denn klein beizugeben war der größte Fehler, den man machen konnte. Dann wurden die Schwarzblüter nämlich erst recht aufmüpfig…
    ***
    Die Gondel bog vom Canal Grande in den Canale di Cannaregio ein. Zamorra und Nicole ließen das Venedig der Karneval-Touristen hinter sich. Die Fantasie der Reisenden kannte keine Grenzen. Viele hatten selbst geschneiderte Kostüme von zu Hause mitgebracht. Doch gab es auch genügend Touristen, die sich auf die klassischen italienischen Verkleidung im Comedia dell'arte-Stil verließen.
    Ein einschlägigen Läden und Verleihern herrscht in der Lagunenstadt natürlich kein Mangel.
    Doch Emilio brachte seine Passagiere nun in ruhigere Gefilde.
    Der Gondel-Verkehr nahm deutlich ab.
    Zwischen den Gassen am Rand des Kanals hingen Wäscheleinen. Die Häuser waren weniger prunkvoll und teilweise renovierungsbedürftig. Einige von ihnen benötigten offenbar schon seit hundert Jahren einen neuen Anstrich.
    »Wir sind gleich da«, sagte der Golem-Gondoliere.
    Obwohl der Kanal vor ihnen in der Dunkelheit lag, spürten Zamorra und Nicole genau, welches Gebäude Emilio ansteuerte.
    Von einem Palazzo gingen seltsame Schwingungen aus.
    Auf den ersten Blick unterschied sich das schmale Haus mit den hohen gotischen Fenstern kaum von den Nachbargebäuden. Abblätternder Putz und Graffiti zeugten davon, dass hier nicht gerade der venezianische Geldadel lebte.
    Und doch war dieser Palazzo völlig anders.
    Der Unterschied ließ sich mit einem Wort ausdrücken.
    Magie.
    Das Gesicht in Zamorras Kaminfeuer hatte sich als Magierin von Cannaregio vorgestellt. Und dieser dunkle Palazzo dort war zweifellos ihr Hauptquartier, ihre Heimstätte.
    Der Golem machte noch ein paar kräftige Schläge mit dem Ruder. Dann legte er an einem schmalen Steg vor dem Palazzo an.
    Wieder war Emilio beim Aussteigen behilflich. Der Golem ging voran. Hinter seinem breiten Rücken betraten Zamorra und Nicole das düstere Gebäude.
    Unwirkliche Musik scholl ihnen entgegen. Erst jetzt bemerkten die beiden Dämonenjäger eine dürre Gestalt mit weißer gepuderter Perücke in der Eingangshalle.
    Er war wohl eine Art Haushofmeister.
    Jedenfalls verneigte sich das Bleichgesicht tief und sagte: »Verzeihung, meine Herrschaften. Aber Sie haben keine Kostüme.«
    »Na und?«
    Zamorra zuckte mit den Achseln. Emilio kam ihm zu Hilfe.
    »Das habe ich vergessen zu erwähnen, Professore Zamorra. Im Haus von Claudia Salvador findet ein großes Karnevalsfest statt. Ich hoffe, das stört Sie nicht.«
    »Dieses Fischmonster hat mich mehr gestört«, entgegnete Zamorra trocken. »Wir sollen uns also verkleiden?«
    »Wenigstens eine kleine Augenmaske sollten Sie aufsetzen«, mischte sich der dürre Perückenträger wieder ein. »Ich muss darauf bestehen.«
    Die beiden Dämonenjäger nahmen aus seinen Händen jeweils eine schwarze Halbmaske entgegen, mit der das Gesicht zwischen Wangenknochen und Stirn bedeckt wurde.
    »Moment mal!«, sagte Nicole und deutete auf den Golem. »Warum muss er sich nicht verkleiden?«
    Der Haushofmeister hob indigniert die Augenbrauen.
    »Erstens gibt es hier nur einen drei Meter großen Golem. Da würde ihn sowieso jeder andere Gast sofort erkennen. - Und zweitens: warum sollte sich ein Golem überhaupt maskieren? Die Maske verbirgt das wahre Ich. Aber ein Golem hat kein Ich, er ist nur ein Klumpen Lehm.«
    »Sie hätten Philosoph werden sollen«, lächelte Zamorra.
    »Ich bin Philosoph, Signore. Oder ich war es. Als ich noch gelebt habe…«
    Und wirklich: bei näherer Betrachtung erwies sich der Haushofmeister als feinstoffliches Wesen.
    »Können wir jetzt endlich weiter?«, fragte Emilio ungeduldig.
    Der Geist mit der gepuderten Perücke machte eine gönnerhafte Handbewegung.
    »Sind Sie beleidigt, weil er Sie einen Klumpen Lehm genannt hat?«, raunte Nicole dem Golem zu.
    »Der kann mich nicht beleidigen, Signorina Nicole. Außerdem stimmt es ja. Ich bin ein Klumpen
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