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069 - Ein gerissener Kerl

069 - Ein gerissener Kerl

Titel: 069 - Ein gerissener Kerl
Autoren: Edgar Wallace
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blieb dort etwa zehn Minuten. Julian war in die Küche zurückgekehrt, um seinen Hunger zu stillen.
    Was geschehen sollte, mußte schnell geschehen. Der Holländer kam in das Wohnzimmer zurück und blickte auf das schlafende Mädchen nieder. Seine Augen weideten sich an ihrer Schönheit. Er beugte sich gerade über sie nieder, als Julian mit einem großen Stück Kuchen in der Hand hereinkam.
    »Was willst du von ihr, Guelder?« rief er drohend.
    Der Holländer richtete sich auf und wandte sich ihm mit einem Lächeln zu.
    »Das wissen nur Gott und ich allein«, schmunzelte er.
    Julians Augen waren getrübt. Er hatte in der Küche den Weinschrank gefunden.
    »Ich möcht's auch wissen, alter Herr«, lallte er. »Ich bin sozusagen der Schutzengel dieser jungen Dame.«
    Guelder antwortete nicht.
    »Du hörst wohl schwer?«
    Reef torkelte auf ihn zu. Er hatte offenbar sehr hastig getrunken, oder der Wein war besonders schwer gewesen. Plötzlich spürte Guelder einen Schnapsgeruch. Aha. Es war leichtsinnig von ihm, die Flasche offen stehen zu lassen und den Weinschrank nicht zu verschließen.
    »Ich hab' mich entschlossen, sie laufen zu lassen«, sagte Reef mit schwerer Zunge. »Ich bin kein Schuft. Ich spiele einem Mädchen, das meine Cousine ist, keinen so gemeinen Streich.«
    Noch immer sagte Guelder nichts.
    »Hör mal, alter Gauner ...« Julian kam noch näher an Guelder heran und schlug ihm derb auf die Schulter. »Laß deine Hände von dem Mädel. Wir sitzen beide in der Patsche. Wir sollten zusammenhalten. Das beste ist, wir schicken sie dem ›gerissenen Kerl‹ zurück.« Er lachte trunken. »Im Grunde sind wir die Gerissenen - die wahren Gerissenen. Also los, laß sie zurück; und dann wollen wir beide uns dünnemachen!«
    »Komm«, befahl Guelder kurz. Er ging voran in das Laboratorium. Nur eine Lampe brannte, jene starke, blendende, über der Diamantenmaschine. Am Ende des Raumes war eine Tür, die mit einer stählernen Querstange verschlossen war. Guelder zeigte auf die Tür.
    »Wenn die Not drängt, und ich warne dich, dann flieh durch die Tür da hinten. Jenseits der Tür ist eine Treppe, die zur Themse führt. Dort liegt ein Boot.«
    »Ausgezeichnet!« Reef betrachtete die Tür mit dem Ernst eines Betrunkenen.
    »Ich nehme an, Mr. Elk wird bald da sein. Ich werde ihn eine Weile aufhalten. Es ist gut, wenn du dann den Weg kennst. Sieh ihn dir schon jetzt mal an.«
    Reef ging auf die Tür zu und faßte die Stahlstange an. Der Holländer beobachtete ihn voll gieriger Erwartung und sah, wie Reefs Körper sich in entsetzlichen Zuckungen wand, hörte ihn röcheln, streckte die Hand nach dem Schalter aus und drehte ihn herum. Reef fiel in sich zusammen. Er hatte kaum den Schlag gefühlt, der ihn getötet hatte.
    Ohne Anstrengung hob Guelder die Leiche auf die Schulter und trug die stille Gestalt die Treppe hinunter ins Bootshaus. Hier warf er ihn wie einen Mehlsack in das Motorboot und holte eine von den schweren Ketten. Er betrachtete sie kurz. Vielleicht würde er die zweite auch noch brauchen. Mit einem langen Stück Draht wand er die Kette um die Fußgelenke des Toten, dann stieß er die Jacht gegen die Flügeltür und sprang auf das Boot. Die Türen öffneten sich weit.
    In wenigen Minuten war er mitten im Strom. Nirgends war ein Wachtschiff zu sehen. Langsam ließ er die Leiche über die Seite des Bootes ins Wasser gleiten. Unter dem Gewicht neigte es sich so weit zur Seite, daß Wasser eindrang .
    Guelder kam ins Bootshaus zurück mit einer Gelassenheit und einer Ruhe, als wäre er nur hinausgegangen, um nach dem Wetter zu sehen.
    Er zog die Kette dicht an das Boot heran.
    Dann ging er hinauf und machte nur halt, um sich zu vergewissern, daß die Türen gut verschlossen waren.
    Ursula schlief noch. Er beugte sich über sie und berührte ihre Wangen mit den Lippen. Dann zog er die Schuhe aus.

32
    Der Verkehrspolizist in der Commercial Road hob die Hand, um einen Zweisitzer anzuhalten, der an ihm vorbeifahren wollte. Der Fahrer achtete nicht auf das Polizeisignal und wäre auch zweifellos entkommen, wenn nicht im kritischen Augenblick ein großer Lastwagen mit Anhänger ihm den Weg versperrt hätte. Der Polizist ging gemächlich auf das Auto zu, ohne seiner Würde etwas zu vergeben. Da machte der Fahrer einen Fehler. Er sprang hinaus und wollte fortlaufen. Doch unglücklicherweise kam gerade aus dieser Richtung ein zweiter Schutzmann zur Ablösung.
    »Zeigen Sie doch mal Ihren Führerschein«, befahl der
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