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069 - Ein gerissener Kerl

069 - Ein gerissener Kerl

Titel: 069 - Ein gerissener Kerl
Autoren: Edgar Wallace
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vor Verlorenheit. Jeder war gegen ihn — Ursula, Braid, Elk; alle versuchten ihn in die Mörderzelle zu schleifen.
    Er hörte wieder ihre Stimme, sah den Chauffeur zur Garteneinfahrt gehen, das Tor öffnen und zur Garage zurückkehren. Das Verdeck des Zweisitzers war hochgeschlagen. Hinter dem Verdeck war Platz für einen Mann. Doch es schien viel leichter, wenn niemand in Sicht war, auf das Trittbrett zu springen, während der Wagen auf die Straße hinausfuhr. Er entschloß sich hierzu, um so mehr, als er hinter dem Rhododendronstrauch in sehr günstiger Stellung war. Er hörte sie den Motor anlassen, hörte sie anfahren, dann fiel das Licht der Scheinwerfer auf sein Versteck.
    Sie fuhr ganz langsam der schmalen Öffnung des Gartentors zu. Da trat er aus dem Gebüsch hervor. Eine Sekunde darauf stand er schon auf dem Trittbrett und schwang sich auf den Sitz neben sie.
    In ihrem Schreck riß sie das Steuer herum und fuhr beinahe gegen den Torpfosten.
    »Fahr weiter!« drohte er. »Wenn du schreist, erwürge ich dich!«
    Eine seiner Hände packte das Steuer. Weniger Ursula als er steuerte den Wagen auf die Straße.
    »Fahr zu!« befahl er und hob die Hand. »Ich muß fortkommen. Man ist mir auf der Spur. Du weißt wohl nicht, was das heißt? Wie ein Hund gehetzt, während du mit deinem Galan Orgien feierst .«
    Sie antwortete nichts. Ihr Herz schlug so laut, daß sie glaubte, er müsse es durch das Brummen des Motors hindurchhören. Als sie die Gestalt plötzlich neben sich hatte auftauchen sehen, war ihr das Blut fast geronnen. Doch, als sie Julian erkannt hatte, wandelte sich der erste Schrecken in eine ausgesprochene, körperliche Angst.
    »Ich werde dich bis Regent's Park fahren und nicht einen Schritt weiter«, sagte sie bestimmt.
    »Du wirst mich dorthin fahren, wohin ich befehle. Und wenn ich dir befehle, mich in die Hölle zu fahren, fährst du dorthin!«
    Sein Ton und seine verzweifelte Entschlossenheit waren nicht mißzuverstehen.
    »Man verfolgt mich wegen Mordes - wegen des Mordes an meinem lieben Onkel. Wenn dein Leben zwischen mir und der Freiheit steht, wird dir wohl nicht fraglich sein, was mit deinem Leben geschieht. Es tut dir um mich nicht leid? Wie hast du eben so schön gesagt? So zwischendurch beim Gekose mit deinem Geliebten sprichst du über mein Leben, meinen Todeskampf, als ob ich eine Figur in einem Theaterstück wäre. Diese Unmenschlichkeit kann ich nun wieder nicht verstehen!«
    Seine linke Hand, die auf dem Kissen des Sitzes lag, berührte plötzlich etwas Kaltes. Es war ein großer Radschlüssel, den der Chauffeur beim Radauswechseln offenbar dort vergessen hatte. Er packte ihn mit einem dumpfen Lachen.
    »Und nun höre mal aufmerksam zu. Ich habe hier einen Schraubenschlüssel in der Hand — du weißt doch, was ein Schraubenschlüssel ist? Ein böses Stück Stahl. Es ist die einzige Waffe, die ich habe, aber sie genügt mir. Damit du's nur weißt — ich habe Frensham erschossen, und es hat meinen Schlaf nicht weiter gestört. Kalten Blutes würde ich auch dich umbringen und dich mit zerschmettertem Schädel liegenlassen, wenn du Lärm schlägst. Auch das würde meinen Schlaf nicht sonderlich beeinträchtigen. Fahr die nächste Straße links! Wenn der Schutzmann dich an der Straßenkreuzung anhält, stopp in einiger Entfernung von ihm ab. Wenn du versuchen solltest, ihn anzurufen ...«
    »Weißt du überhaupt, was du sprichst?«
    Die Kehle war ihr wie zugeschnürt. »Entweder bist du von allen guten Geistern verlassen, oder du bist wahnsinnig.«
    »Damit werde ich mich ganz bestimmt verteidigen, und wenn ich mir den richtigen Verteidiger nehme, werde ich damit freikommen«, höhnte er. »Jetzt geradeaus!«
    Sie mieden die hellerleuchteten Straßen. Sie glaubte, er habe kein bestimmtes Ziel, wolle nur aus London herauskommen.
    Channey-Treppe, Limehouse? Er überlegte angespannt, wo das war. Er kannte Limehouse; denn er hatte einst mit einem Schiffahrtsbüro zu tun gehabt, das dort ein Lager hielt. Jetzt erinnerte er sich an die Treppe; eine enge Passage zwischen sehr hohen Lagerhäusern, mit einer Steintreppe am Ende, die hinab zur Themse führte. Eine Frau war hier einmal ertrunken — er hatte gesehen, wie man den Leichnam die Treppe hinaufschleppte.
    »Wohin fahren wir eigentlich?« fragte sie nach einer Weile. Und dann, als ihr eine erschreckende Möglichkeit aufdämmerte: »Ich fahre nicht aus London heraus! Und wenn du mich umbringst, ich fahre nicht aufs Land!«
    Ihm war nicht
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