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0677 - Yaga, die Hexe

0677 - Yaga, die Hexe

Titel: 0677 - Yaga, die Hexe
Autoren: Werner Kurt Giesa
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veränderte Szene zeigten und die manchmal innerhalb von Minuten wechselte, entging dieser Wechsel den Sinnen der Menschen. Sie glaubten, das, was sie gerade in diesem Augenblick als Bildmotiv auf dem Teppich sahen, wäre unveränderlich von Anfang an, wäre immer schon so gewesen.
    Deshalb machte sich die Spielerin auch keine Gedanken darüber, daß jemand ihr kleines Geheimnis aufdecken würde.
    Sie hatte die absolute Kontrolle. Wo immer einer ihrer Teppiche hing, konnte sie bestimmte Bereiche der Burg beobachten. Nichts entging ihren wachsamen Augen.
    ***
    »Dieser alte Mann unten im Dorf«, sagte Nicole etwas später, als Zamorra und sie sich in Zamorras winziger Kammer trafen, »war tatsächlich um uns besorgt. Um sich und die Leute aus dem Dorf sicher vorrangig, aber - er hatte auch Angst um uns.«
    »Woher weißt du das?« fragte Zamorra.
    »Ich konnte seine Gedanken lesen, ganz kurz nur. Zumindest einen Teil davon«, gestand Nicole. »Es war, als die Reiter uns davonpreschten. Ich wollte wissen, was hier gespielt wird, und da wir auf unsere Fragen keine Antworten bekamen, habe ich versucht, mir diese Antworten telepathisch zu holen.«
    Normalerweise machte Nicole von dieser Fähigkeit keinen Gebrauch. Sie hielt nichts davon, in der Gedankenwelt anderer Menschen herumzuspionieren. Allenfalls wenn Gefahr im Verzug war, oder wie in diesem Ausnahmefall, klinkte sie sich mal ein. Dabei mußte sie allerdings die betreffende Person sehen können; befand sich eine Wand zwischen ihnen, oder verschwand die Person hinter einem Strauch, riß die Verbindung bereits ab beziehungsweise kam erst gar nicht zustande.
    »Der Mann wollte es nicht deutlich sagen, aber er wußte es - hier in der Burg wird Hexerei verübt. So nannte er es in Gedanken. Vielleicht deshalb war auch der erste Gedanke dieses Reiters, der dich platttrampeln lassen wollte, der Verdacht auf Hexerei. Hier in der Burg gibt es angeblich Magie, und die Menschen im Dorf fürchten sie. Für die Leute geht alles Böse von hier aus. Sie trauen sich nur nicht, es deutlich zu sagen. Sie wissen auch, daß die Puppenspielerin hier wohnt. Aber sie wissen nicht, wie sie aussieht - es gibt keine Beschreibung.«
    »Bedauerlich«, sagte Zamorra. »Äußerst bedauerlich. Was wissen sie über die Puppenspielerin? Warum heißt sie so?«
    »Das ging aus den Gedanken des Alten nicht hervor. Wie schon erwähnt - es gibt eben keine Beschreibung. Man munkelt nur, daß sie die wahre Herrin der Burg sei. Daß sie Menschen zu Marionetten machen könne. Zu Puppen. Deshalb wohl die Bezeichnung. Sie spielt mit Menschen wie mit Puppen, aber wie sie es macht, wußte der Alte nicht. Oder vielleicht weiß er es, und ich hatte keine Möglichkeit, es herauszufinden. Es ging ja dann alles viel zu schnell. Wir mußten hinter den Reitern her laufen, und nun sind wir hier… und auch das ist mir nun ein wenig zu schnell gegangen. Wir haben Arbeit…«
    »Diese Art von Arbeit ist nicht gerade etwas, wofür ich mich per Zeitungsannonce bewerben möchte«, sagte Zamorra. »Die Pferdeställe ausmisten, die verdammten Biester striegeln und füttern… wenn's wenigstens darum ging, mit den Tieren umzugehen, sie vielleicht zu dressieren… aber nein. Die niedrigste aller Arbeit.«
    »Und ich als Dienstmagd. Was werde ich tun müssen? Den Boden schrubben, Spinnen und Ratten jagen, Unrat wegbringen, putzen und flicken… Verdammt, Chef, so kommen wir dem Herzog doch auch nicht näher! Wir müssen näher heran. Eventuell als Leibdiener, oder als Kammerzofe seiner besseren Hälfte. Wie auch immer… wir sind zu weit unten in der Hierarchie, und in dieser Zeit können wir nicht einfach die Regeln brechen und an der Sekretärin vorbei ins Chefbüro marschieren. Wenn wir uns dem Herzog nur nähern, wird man uns schon auspeitschen lassen.«
    »Vielleicht brauchen wir ihn auch gar nicht. Immerhin sind wir jetzt in der Burg«, sagte Zamorra. »Schauen wir uns einfach mal um. Manchmal ist es gar nicht so schlecht, zu den unteren Personalschichten zu gehören. Da wird am meisten getratscht und geklatscht. Da weiß man oft mehr als die Herrschaften selber.«
    »Wir suchen nach Baba Yaga, wir suchen nach der Puppenspielerin, und wir suchen nach diesem Wandteppich«, sagte Nicole. »Gibt es hier überhaupt Wandteppiche?«
    »Natürrrlich ist dies äin Schäloß, und natürrrlich gibt äs hierrr Wandtäppiche«, näselte Zamorra hoheitsvoll.
    Nicole stutzte einen Moment und grinste dann spitzbübisch. »Gib's zu -den
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