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0677 - Yaga, die Hexe

0677 - Yaga, die Hexe

Titel: 0677 - Yaga, die Hexe
Autoren: Werner Kurt Giesa
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Aktivität zu größeren Veränderungen kam, die der Zeitstrom nicht ausgleichen konnte. Und das würde sicher geschehen, wenn sie sich am Herzog selbst vergriff. Was nötig sein würde, wenn man sie als Hexe enttarnte und sie sich ihrer Haut wehren mußte.
    Sie mußte einen anderen Weg gehen.
    Den langsamen, sanften Weg. Den Weg der Erniedrigung.
    Sie war nicht mehr das alte Hutzelweib von einst. Das Bad im Jungbrunnen von Merlins Zauberwald hatte sie verjüngt, hatte sie zu einer hübschen jungen Frau werden lassen, und als solche wußte sie sich zu bewegen.
    Für eine junge Frau wie sie würde es schon einen Weg geben, in die Burg zu gelangen.
    Das einzige, was sie brauchte, war Zeit.
    Und davon hatte sie genug…
    ***
    Daß jemand Professor Zamorras Arbeitszimmer betrat, ohne anzuklopfen, war normal. Daß es sich bei dem Besucher um den Zauberer Merlin handelte, nicht.
    Plötzlich stand er da, der hochgewachsene Mann in der weißen Kutte und dem roten Schultermantel, dessen Augen so jung wie die Ewigkeit funkelten.
    Zamorra stutzte und schwenkte mit seinem Drehsessel herum. »Nett, dich auch mal wieder zu sehen, mein Freund. Gut erholt siehst du aus…«
    Das war reiner Hohn. Denn Merlins funkelnde Augen lagen tief in ihren Höhlen, und sein Gesicht wirkte schmal und ausgezehrt unter dem weißen Bart.
    »Es ist an der Zeit«, sagte Merlin.
    »Richtig.« Zamorra erhob sich und drückte dabei ein paar Tasten seines Computer-Terminals, an dem er gearbeitet hatte. Damit aktivierte er das Visofon, die computergesteuerte Bildtelefonanlage, die alle bewohnten Räume von Château Montagne miteinander verband. Er hatte der Einfachheit halber auf Rundruf geschaltet, damit jeder, der sich momentan irgendwo im Château aufhielt, mitbekam, was hier passierte - seine Gefährtin Nicole Duval, Lady Patricia Saris, Butler William, der Jungdrache Fooly, der kleine Sir Rhett und auch Madame Claire, die Köchin, die einmal am Tag aus dem Dorf zum Château hinaufkam und momentan gerade ihres Amtes waltete.
    »Es ist an der Zeit, Merlin«, sagte Zamorra, »daß du uns ein paar Erklärungen lieferst. Als wir deine Hilfe brauchten - als die Menschheit deine Hilfe brauchte, wo warst du da? Wo warst du, als die DYNASTIE DER EWIGEN die Erde angriff und beinahe zerstört hätte? Wo warst du, als Amun-Re erwachte und die Blutgötzen zur Erde holen wollte? Bist du nicht der Diener des Wächters der Schicksalswaage ? Bist du nicht verantwortlich für das, was hier passiert? Was, wenn es uns nicht gelungen wäre, die Ewigen zurückzuschlagen? Was, wenn es uns nicht gelungen wäre, Amun-Re zu töten und Tor und Brücke zur Dimension der Blutgötzen zu versiegeln? Wo warst du, Merlin?« [2]
    »Wer bist du, mich das zu fragen?« erwiderte Merlin leise. »Tat ich nicht schon genug für diese Welt und die Menschen, die sie bewohnen? Half ich nicht deinem Freund Ted Ewigk, als er im Sternenschiff der Ewigen zu sterben drohte?«
    »Du hättest vorher eingreifen können, lange vorher, und nichts wäre so schlimm geworden wie das, was wir erlebten…«
    »… und was uns noch lange verfolgen wird«, warf Nicole Duval ein, die lautlos das Büro betreten hatte. »Die Auswirkungen des Zeitparadoxons sind unabsehbar, sie werden uns wohl noch viele böse Überraschungen bescheren. Es existiert mindestens eine andere Zeitlinie.«
    »Es ist nicht an mir, mich damit zu befassen«, sagte Merlin. »Es ist auch nicht an mir, mich zu rechtfertigen. Denkt ihr, ihr seid die einzigen, um die ich mich zu kümmern habe? Ich bin einer, und der Welten sind viele, die mir anbefohlen wurden. Beschwert euch beim Wächter der Schicksalswaage, wenn ihr könnt, nicht aber an mir. Doch vorher werdet ihr der Puppenspielerin den Wandteppich entreißen. Denn es ist an der Zeit.«
    Langsam ging Zamorra auf Merlin zu, blieb dicht vor ihm stehen.
    »Sag mal, alter Mann«, begann er. »Weißt du überhaupt, was du da faselst?«
    Merlin senkte die weißen Augenbrauen.
    »Ihr werdet ins Jahr 1440 reisen und der Puppenspielerin den Wandteppich entreißen. Denn…«
    »Sei bloß still!« warnte Zamorra. »Gar nichts werden wir tun. Jetzt bist du nämlich erst einmal an der Reihe, eine Schuld abzutragen.«
    »Ich trage längst daran«, erwiderte der alte Zauberer, der schon am Hof des Sagenkönigs Artus und noch viel früher in der Menschheitsgeschichte gewirkt hatte. Wie alt er wirklich war und seit wann er in dieser Funktion auf Erden wandelte, wußte Zamorra nicht. Vielleicht sollte er
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