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0677 - Yaga, die Hexe

0677 - Yaga, die Hexe

Titel: 0677 - Yaga, die Hexe
Autoren: Werner Kurt Giesa
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Spruch hast du aus ›Indiana Jones und der letzte Kreuzzug‹ geklaut. Paß nur auf, daß Indy dir nicht eins auf die Nase haut.«
    Zamorra grinste zurück. »Zitiert, nicht geklaut«, verbesserte er. »Und nicht ich aus dem Film, sondern der Drehbuchautor bei mir, weil ich diesen Spruch jetzt im fünfzehnten Jahrhundert von mir gebe, der Film aber erst im zwanzigsten gedreht wird. Den guten Doctor Jones gibt's jetzt noch gar nicht. Aber Wandteppiche gibt es tatsächlich hier. Ist dir vielleicht nicht aufgefallen, aber ich habe, seit wir hier sind, an den verschiedensten Stellen schon fünf Stück gezählt. Es wird noch erheblich mehr geben. Früher hat man die verwendet, wie wir heute Tapeten an die Wand kleistern. Wer sich keine Wandteppiche leisten konnte, überzog die Wände mit Stoff, wer auch dafür kein Geld hatte, ließ sie von Künstlern oder solchen, die sich dafür hielten, bemalen. Sehr viel später erst wurden dann für noch ärmere Leute Tapeten erfunden.«
    »Mir egal«, sagte Nicole. »Hauptsache, wir finden Baba Yaga und die Puppenspielerin und den Wandteppich. Wenn's davon viele gibt, haben wir allerdings ein Problem.«
    Zamorra nickte langsam.
    »Wir haben ein noch viel größeres«, sagte er. »Wir sollten uns nicht zusammen in dieser Kemenate erwischen lassen. Immerhin sind wir nicht verheiratet, und deshalb hat der Majordomus uns ja auch getrennte Wandschränke -äh, pardon, Zimmerchen zugewiesen.«
    »Wir hätten ja sagen können, daß wir verheiratet seien«, sagte Nicole verdrossen.
    Zamorra hob beide Hände.
    »Und woher hätten wir die Eheringe zaubern sollen? So was gab’s auch schon in dieser Epoche. Notfalls, wenn das Geld für echten Schmuck nicht reichte, aus Holz geschnitzt. Wir werden uns wohl, so lange wir in diesem Château sind, in gewissen Dingen etwas einschränken müssen.«
    »Ich hasse Einschränkungen«, bekannte Nicole.
    ***
    Yaga sah aus ihrem Fenster in die Nacht hinaus.
    Sie wußte, wer heute angekommen war!
    Sie selbst war schon seit ein paar Tagen hier. Auch sie hatte nach einer Arbeit gefragt - und sie erhalten. Niedere Schmutzarbeit. Sie erledigte sie ungern, ließ sich aber nichts anmérken. Sie wartete auf ihre Chance.
    Sie hatte nicht ihren richtigen Namen angegeben, als sie danach gefragt wurde. Sie war mißtrauisch und rechnete damit, daß Merlin sie verfolgen würde oder daß er seinen Vasallen schickte, diesen Zamorra. Und prompt war der heute auch mit seiner Gefährtin aufgetaucht. Yaga beglückwünschte sich zu ihrer Entscheidung, inkognito zu bleiben.
    Und sie hatte ein zweites Mal Glück: Weder Zamorra noch Duval würden sie erkennen als die, die sie wirklich war, sofern sie nicht irgendwie ihre Hexenkräfte spüren konnten; aber damit rechnete Yaga eigentlich nicht. Für Zamorra würde sie ein Mädchen unter vielen sein. Ihr Aussehen von einst, so, wie Zamorra sie kennengelernt hatte, besaß sie durch den Jungbrunnen in Merlins Zauberwald nicht mehr. Sie war keine Baba mehr, keine ›Großmutter‹, wie die Russen sie nannten. Wer sollte sie erkennen?
    Sie erkannte dafür jeden anderen.
    Nur die Puppenspielerin hatte sie noch nicht gefunden. Dabei war die Burg voller Magie, aber es handelte sich um eine Magie, die Yaga fremd war. Sie konnte sie nicht erfassen, und deshalb brauchte sie noch mehr Zeit.
    Sie lachte leise auf.
    Zamorra, ihr alter Feind, war ihr so nah - und dabei so ahnungslos…
    ***
    Lange nach Mitternacht verließ Zamorra seine winzige Kammer und die darin hausenden Wanzen, die ältere Wohnrechte beanspruchten, und beschloß, die Biester schnellstens und ohne langwieriges Anhörungsverfahren zu enteignen und auszuräuchern. Die Zwischenzeit wollte er nutzen, sich ein wenig in der Burg umzusehen.
    Nicole war vor ein paar Stunden in ihrem Quartier verschwunden, um eine Mütze Schlaf zu nehmen und am kommenden Tag fit für die Arbeit zu sein, die auf sie wartete. Auch für Zamorra wäre das sicher vernünftiger gewesen. Aber er wollte sich unbedingt einen kleinen Informationsvorsprung verschaffen.
    Also bewegte er sich durch die nur hier und da von Fackeln erhellten Korridore und stellte dabei fest, wie labyrinthisch diese Burg konstruiert worden war. Die noch immer nicht restlos erforschten Kellergewölbe von Château Montagne waren nur wenig komplizierter.
    An den verschiedensten Stellen stieß er auf Wandteppiche. Warum sie ausgerechnet an diesen bestimmten Stellen aufgehängt worden waren, verstand er nicht; von der Ästhetik her ergab
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