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0676 - Die Höhle des Grauens

0676 - Die Höhle des Grauens

Titel: 0676 - Die Höhle des Grauens
Autoren: Claudia Kern
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sich bis tief in den Gang hinein«, sagte der Druide hinter ihm leise. »Sieh es dir mal genauer an.«
    Zamorra vergaß seinen Ärger, als er näher an die Felsmalerei herantrat. Er sah steil in den Himmel aufragende Felsen, die von dichtem, grünen Wald bedeckt waren. Hier und da waren Treppen in die Felsen geschlagen worden, die zu kleinen Tempeln in schwindelerregenden Höhen führten. Tief unter ihnen zogen Karawanen vorbei, deren Kamele mit Seide und anderen Kostbarkeiten beladen waren. Adelige wurden auf Sänften durch die seichten Furten eines schmalen Flusses getragen, während Bauern ehrfürchtig vor ihnen knieten. Weiter entfernt, auf einem Teil der Zeichnung, den Zamorra im schlechten Licht kaum ausmachen konnte, glaubte er Reisfelder zu erkennen, in denen Männer und Frauen, die breite, helle Hüte trugen, in gebückter Haltung standen. Zamorra ging langsam an den Szenen vorbei, die so realistisch erschienen, als seien sie eben erst fotografiert worden. Mit einer Lupe, da war er sich sicher, hätte er die Falten in den Kleidern der Menschen sehen können.
    Auf einer Bank, die unter einem ausladenden Baum stand, entdeckte er drei Frauen, deren Gesichter halb hinter Fächern verborgen waren. Ihre Finger deuteten nach oben, und sie schienen sich über etwas zu freuen, das sie dort sahen. Der Parapsychologe folgte ihrem Blick, fand aber nichts außer dem vollen Mond, der über den Bergen stand.
    Sein Blick kehrte zurück zu dem kleinen Park, in dem die Frauen saßen. Von ihm führte ein Weg zur großen Straße, die von Karawanen, Ochsenkarren voller Obst und Bauern, die Geflügel vor sich hertrieben, bevölkert war. Sie alle zogen zu einer Stadt, die hinter hohen Mauern lag und deren Dächer im fahlen Mondlicht golden glänzten. Die meisten Häuser hatten kleine Innenhöfe, in denen die Bewohner unter Bäumen saßen, aus Papyrusrollen lasen oder miteinander redeten. Über einigen größeren Häusern, die vermutlich einem offiziellen Zweck dienten, wehten bunte Fahnen, auf die Schriftzeichen gemalt waren, welche Zamorra nicht identifizieren konnte. Sie sahen entfernt chinesisch aus, waren jedoch so abgerundet, daß sie fast schon an Sanskrit oder Bengali erinnerten.
    »Sind wir in China?« fragte er Gryf, ohne seinen Blick von dem Bild zu wenden.
    »Ich denke schon, allerdings bin ich beim ersten Mal auch direkt in die Höhle gesprungen, deshalb kann ich dir das nicht hundertprozentig sagen. Aber du weißt noch immer nicht, was ich dir zeigen will, Zamorra. Sieh dir mal den Marktplatz an.«
    Der Parapsychologe runzelte die Stirn und ließ seinen Blick über die Stadt wandern. Dem Druiden gefiel es anscheinend, sich geheimnisvoll zu geben. Zamorra stutzte, als er den großen Platz fand, der vor einer Art Palast lag. Zuerst bemerkte er nur die Stände, an denen mit Gewürzen, Seide und Tieren gehandelt wurde. Doch dann sah er die langen Pfähle in der Mitte des Marktplatzes. Daran waren Menschen gebunden, die wie wild an ihren Fesseln zu zerren schienen. Um sie herum hatte sich eine Menschenmenge gebildet, deren Fäuste in die Luft erhoben waren. Soldaten sorgten dafür, daß niemand den Pfählen zu nahe kam.
    Eine öffentliche Bestrafung, mutmaßte Zamorra, doch dann erfaßte ihn eine Ahnung. Er trat noch näher an den Fels heran, bis er die Gesichter der johlenden Menge erkennen konnte. Sie waren verzerrt von Haß, die weit aufgerissen Münder schienen den Gefangenen Beschimpfungen entgegenzuschreien.
    Und dann sah er, was Gryf ihm zeigen wollte, sah die spitzen Eckzähne in den Mündern der Menge.
    Vampire!
    Unwillkürlich trat der Dämonenjäger einen Schritt zurück, suchte das Bild erneut ab, bis er die drei Frauen im Park wiedergefunden hatte. Die Fächer bedeckten die Münder von zwei Frauen, aber die dritte hatte ihren nach außen gekehrt und lächelte. Ihre Eckzähne stachen weiß über die rot geschminkten Lippen hervor. Zamorras Blick glitt über das Bild, über die Bauern, die Adeligen, die Priester in ihren Tempeln, die Gelehrten, die in Meditation versunken waren und die Soldaten, die auf den Mauern der Stadt Wache hielten. Jetzt, wo er wußte, wonach er zu suchen hatte, konnte er kaum glauben, daß ihm das vorher entgangen war.
    Es waren Vampire.
    Jede Figur auf der riesigen Zeichnung, abgesehen von den Menschen, die an den Pfählen standen, war ein Vampir.
    Eine ganze Landschaft voller dämonischer Blutsauger…
    »Whow«, sagte Zamorra beeindruckt.
    ***
    »Ich kann nicht glauben, daß er das
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