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066 - Marionetten des Satans

066 - Marionetten des Satans

Titel: 066 - Marionetten des Satans
Autoren: Ann Loring
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kaum die Augen offenhalten konnte.
    „Und jetzt der dritte Akt …“
    Julies Herz begann zu hämmern, und wieder war das Klicken in ihr.
    „Lou wollte etwas ganz Besonderes. Und so etwas gibt es natürlich nicht in diesem Haus. Ich habe praktisch die ganze Stadt abgesucht, Julie, aber endlich fand ich es.
    Ein wunderbares Kleid, gerade das Richtige für die Schlußszene.“
    Tick – tack. Julies Puls raste.
    „Ich habe es draußen in einer Schachtel. Eine Sekunde!“ Merry Roberts eilte hinaus und kehrte mit einer länglichen Schachtel zurück, die sie vorsichtig auf einen Stuhl legte. Langsam hob sie den Deckel ab, schlug das Seidenpapier auseinander und nahm dann das Kleid heraus.
    Weiße Spitze …
    „Nun, was sagen Sie?“
    Genau das Kleid. Ein Duplikat. Es gab keinen Zweifel.
    „Woher – haben Sie das Kleid?“ fragte Julie entsetzt.
    „Ach, irgendwoher. Ich war in so vielen Geschäften.“
    „Woher?“ Trotz aller Anstrengung, sich zu beherrschen, spürte Julie, wie sie Panikgefühle überfluteten.
    „Warum fragen Sie, meine Liebe? Gefällt Ihnen das Kleid nicht?“
    Nimm dich zusammen, sagte sich Julie. Sie warf einen Blick in den Spiegel, sah ihr vom Anprobieren zerzaustes Haar, ihre bleichen Wangen. Ihre Augen waren weit aufgerissen, und sie mußte sich zwingen, nicht laut herauszuschreien.
    „Oh, jetzt fällt es mir wieder ein,
    Julie. Ich habe das Kleid aus einem berühmten Bekleidungshaus. Es wurde von einigen Jahren in einem Stück verwendet …“
    Hochzeitsglocken, murmelte Julie leise.
    Das kleine Vogelgesicht war dicht vor ihr.
    „Interessant, daß Sie das wissen. Nun, wollen Sie das Kleid nicht anprobieren?“
    Alles in Julie wehrte sich dagegen. Als sie das sorgfältig gereinigte Kleid anstarrte, war ihr, als sähe sie einen blaßroten Streifen. Sie sah ihn, wie er mit gierigen Händen die weiße Spitze von ihrem Körper riß … Sie konnte es nicht über sich bringen, das Kleid anzuziehen.
    Noch eine Vision … Eine verzweifelte Katherine Wonderman stopfte das Kleid in ein Kissen …
    Aber dann hatte sie nicht die Kraft, sich gegen die kalten Finger zu wehren, die das Kleid über ihren Kopf streiften. Kalte Finger an ihrem Rücken, die den Reißverschluß schlossen …
    Wie hypnotisiert wandte sich Julie dem Spiegel zu, trat einen Schritt näher. Merry entschwand aus ihrem Blickfeld, und im gleichen Augenblick durchzuckte Julie ein Gedanke. Was war das? Sie war zu schläfrig, um klar zu denken, wandte sich um und sah Merry in einer Ecke stehen. Was war ihr nur in den Sinn gekommen? Was …
    Sie spürte, wie ihre Knie weich wurden …
    Und dann hüllte sie der letzte Alptraum ein …
    Danach würde es nichts mehr geben. Sie wußte, jetzt kam der Höhepunkt. Das spielerische Ritual war vorbei. Alles, was sie vorher miterlebt hatte, war nur Vorbereitung gewesen, Vorspiel zu dem Hauptereignis.
    Heute nacht herrschte eine neue, wildere Atmosphäre. Wie im Fieber bewegten sich die schwarzen Gestalten, aufpeitschende Gesänge, Finger zeigten – nicht auf sie – aber auf das Ding, das schlaff an dem kleineren Kreuz hing, an dem Kreuz, das er trug.
    Sie bemühte sich zu erkennen, was es war, aber sie sah nur die Spitze des Kreuzes, hörte schwache Klagelaute, die immer lauter wurden, je näher die düstere Prozession kam. Winseln, das vertraut klang. Noch immer konnte sie nicht erkennen, was an dem kleinen Kreuz hing. Ein Tier … Sein Kopf hing herab, das Klagegeheul schnitt ihr ins Herz.
    Kalte Nachtluft. Plötzliche Helle. Fackelschein. Ein gewaltiger Schrei erhob sich aus der Menge. Das kleine Kreuz wurde sorgfältig auf den Altar gelegt. Sie hing an dem Kreuz, das aufrecht im Grasboden steckte, und da sah sie es …
    Gargantua! Die Pfoten waren an das hölzerne Kreuz gefesselt, etwas Weißes schimmerte an seinem linken Ohr … Ein Ohrring – ihr vermißter Ohrring glitzerte im Mondlicht.
    Dann langes Schweigen, erwartungsvolle Stille. Er griff nach dem Silbermesser. Immer lauter wurden die Stimmen, ein Schrei … Kam dieser Laut aus ihrem Mund? Ein Stoß in das Hundefell, in den zitternden Bauch, Blut quoll hervor …
    Wehgeschrei, Klagelaute – ein letztes Mal, dann war es still. Hände griffen nach dem gemarterten Tierleib, tauchten in das Blut, schmierten Symbole auf ihren nackten Körper, in ihren Ohren gellte Triumphgeschrei …
     

     
    „Geht es Ihnen wieder gut, Julie? Julie!“ Hände schüttelten sie. „Julie!“
    Sie lag still, zögerte, die Augen
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