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0658 - Blutige Träume

0658 - Blutige Träume

Titel: 0658 - Blutige Träume
Autoren: Werner Kurt Giesa
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ist das auch für mich von großem Nutzen«, erwiderte der Fremde.
    ***
    Ein blonder Wirbelwind stürmte aus dem Haus und auf das kleine Lagerfeuer zu. Auf einem Campingstuhl saß ein Mann in lederner Cowboykleidung, den Stetson tief ins Gesicht gezogen. Das einzige, was fehlte, war der Colt an seiner Seite. Der Mann hatte eine Grillwurst an einem Holzstab befestigt und röstete sie über dem offenen Feuer.
    Ihm gegenüber saß ein dunkelblonder, hochgewachsener Mann mit weißen Jeans und einem offenen Hemd; vor seiner Brust hing eine auffallend verzierte handtellergroße Silberscheibe und reflektierte das Licht des Lagerfeuers, des klaren Sternenhimmels und der vom Haus kommenden dezenten Beleuchtung.
    Ein dritter Mann, mit von Jahr zu Jahr wachsendem Leibesumfang, stand hinter einem der anderen freien Stühle; seinen Sheriffstern hatte er vorsichtshalber vom Hemd genommen und verkündet: »Heute abend bin ich nicht im Dienst!«
    Hin und wieder kam es vor, daß sich Jeronimo Bancroft, Sheriff des Dade County in Floridas Süden, bei Robert Tendyke sehen ließ. Manchmal einfach nur so, dann wieder, wenn man irgendwie miteinander zu tun hatte.
    So wie vor zwei Tagen, als Tendyke und der ihm gegenübersitzende Professor Zamorra eine düstermagische Bedrohung aus der Vergangenheit unschädlich gemacht hatten. Don Manfrede Accosto, der letzte Henker, konnte sein unheilvolles, mörderisches Wirken nicht mehr fortsetzen. Er war tot, der als Calusa-Medizinmann getarnte MÄCHTIGE Ma-Chona geflohen, und mit seinem Verschwinden hatten auch die unsichtbaren Regenbogenblumen zu existieren aufgehört, die über einen Abgrund von mehr als drei Jahrhunderten eine Brücke aus der Vergangenheit in die Gegenwart geschlagen hatten, über die Accosto, letzter spanischer Henker auf amerikanischem Kontinent, bis ins Jahr 1999 gelangen konnte. [1]
    Die Vergangenheit hatte ihn verschlungen; im Jahr 1680 hatte Robert deDigue alias Robert Tendyke ihn mit einem Schuß aus der Vorderladerpistole niedergestreckt.
    Die hübsche Blonde in dünner Bluse und jugendgefährdend kurzem Rock blieb bei den drei Männern stehen und sah zwischen Zamorra und Tendyke hin und her: »Ihr werdet nicht glauben, wer sich in Hialeah aufhält.«
    »Bill Clinton? Saddam Hussein? Slobodan Milosevic? Kenneth Starr?« fragte Tendyke gelassen und achtete darauf, die Wurst nicht anbrennen zu lassen. Auf einem kleinen Tisch ein paar Meter entfernt standen Getränke, Fressalien und Zubehör.
    »Der Papst?« vermutete Zamorra.
    »Elvis Presley!« erklärte Bancroft überzeugt. »Stimmt’s, oder habe ich recht?«
    »Ombre«, erwiderte Monica Peters.
    Zamorra hob die Brauen. »Bist du sicher?« erkundigte er sich.
    »Wir sind absolut sicher«, meldete sich Uschi Peters zu Wort, die ihrer Schwester gefolgt war. »Wir haben ihn eben gesehen. Eben? Na gut, vor zwei Stunden etwa. Aber er war es, ohne Zweifel. Wir haben ihn beide exakt erkannt.«
    Dabei machte sie eine Handbewegung zur Stirn, die Zamorra und Tendyke verstanden. Bancroft mußte nicht unbedingt erfahren, daß die Peters-Zwillinge ihre telepathischen Fähigkeiten eingesetzt hatten.
    Die blonden Mädchen waren äußerlich nicht voneinander zu unterscheiden; selbst Ròb Tendyke, der seit etlichen Jahren mit ihnen zusammenlebte, hatte damit seine Probleme - es sei denn, sie trugen unterschiedliche Kleidung. Was allerdings meist nur außerhalb von Tendyke’s Home der Fall war. Zu Hause und bei Freunden zeigten sie eine erfreuliche Abneigung gegenüber Textilien jeglicher Art. Um so schwieriger war es dann, die beiden Schönheiten auseinanderzuhalten.
    Der Zauberer Merlin hatte die Zwillinge einmal »die zwei, die eins sind« genannt und damit den Nagel auf den Kopf getroffen. Monica und Uschi unternahmen alles gemeinsam, waren unzertrennlich, besaßen die gleichen Vorlieben und dachten in identischen Bahnen. Es kam vor, daß sie sich beim Aussprechen eines Satzes mehrmals mitten im Wort abwechselten.
    Auch ihre Telepathie funktionierte nur, wenn sie beisammen waren. Wurden sie über eine größere Distanz voneinander getrennt, klappte es mit dem Gedankenlesen nicht mehr.
    Tendyke zog die Grillwurst zu sich heran, begutachtete sie und ging dann mit ihr zum Tisch, um sie auf einem Teller abzulegen und nunmehr ein Schnitzel an den Holzstab zu heften. »Okay«, sagte er. »Balgt euch ums Würstchen.«
    »Ist das alles, was du dazu zu sagen hast?« staunte Uschi.
    »Ihr könnt euch ja auch selbst ein paar Würste oder
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