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0657 - Der letzte Henker

0657 - Der letzte Henker

Titel: 0657 - Der letzte Henker
Autoren: Werner Kurt Giesa
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Fundstelle um.
    Vielleicht, überlegte er, war es ein Fehler gewesen, sich Nicole Duval gegenüber so reserviert zu geben. Wenn Zamorra jetzt hier wäre, könnte er mit der Zeitschau-Funk tion seines magischen Amuletts feststellen, was hier wirklich geschehen war…
    Aber dann schüttelte Tendyke den Kopf. Die Zeitschau ließ sich mit größter psychischer Anstrengung bis etwa 24 Stunden rückwärts durchführen; alles andere war tödlicher Leichtsinn, weil dem Körper dermaßen viel Kraft abverlangt wurde, daß es alle Leistungsgrenzen sprengte. Die Tat lag aber bestimmt schon mehr als 24 Stunden zurück.
    Hier war das Strauchwerk, aus dem der Kopf hervorgerollt war…
    Und dahinter… war das die Schleifspur? Dort… die längst vertrocknete Blutlache…
    Irgendwie hatte Tendyke das Gefühl, daß hier etwas nicht stimmte. Wieder mußte er an Accosto denken, und auch an Ma-Chona, den Calusa-Schamanen. Aber das lag doch Jahrhunderte zurück!
    Auch Ma-Chona konnte den Tod nicht überlistet haben.
    DeDigue kehrte mit seinen Gedanken in die Gegenwart zurück, und Tendyke stieg wieder in den Pajero, um einen halben Kilometer weit zu fahren. Verdammt, dachte er ärgerlich auf sich selbst, jetzt habe ich die Ami-Sitten auch schon so verinnerlicht, daß ich nicht mehr in der Lage bin, mehr als ein paar Meter zu Fuß zu gehen…
    Lucie Brenshaws Wohnung in einem kleinen Haus hätte er doch auch zu Fuß erreichen können! Jetzt parkte er vor dem Haus.
    Die Adresse hatte er aus dem Polizeiprotokoll, das Bancroft ihm gezeigt hatte. Tendyke klingelte an. Lucie Brenshaw ließ ihn herein. Von Anfang an machte Tendyke ihr klar, daß er kein Polizist war. »Aber die Polizei hat mich gebeten, bei den Ermittlungen zu helfen, und deshalb möchte ich Sie bitten, mir eine oder fünf Fragen zu gestatten, falls Sie sich in der Lage fühlen, sie zu beantworten. Wenn nicht, gehe ich wieder und werde Sie nicht wieder behelligen…«
    »Nein, bleiben Sie«, wehrte die dunkelhäutige Frau ab. »Ist schon gut, Mister Tendyke. Eine oder fünf Fragen?«
    Er lächelte. »Können auch drei sein. Weiß man vorher nie so genau.«
    »Tendyke… Sind Sie vielleicht der Mann, dem dieses sagenhaft große Grundstück gehört, hinter Florida City direkt an der Grenze zum Nationalpark?«
    Er stutzte. »Wie kommen Sie darauf?«
    »Sie hatten doch vor ein paar Jahren Hunderte von Obdachlosen vorübergehend aufgenommen und versorgt, als der Hurrikan hier den ganzen Landstrich verwüstete! Die Zeitungen haben’s erwähnt… das muß doch eine Unmenge Geld gekostet haben!«
    »Ich hatte die Mittel, die Not ein wenig zu lindern, und ich habe wenig genug tun können, aber ich hatte auch gehofft, daß man das schnell vergessen würde. Darüber zu reden bin ich aber nicht hier. Wann haben Sie Ihren Verlobten zuletzt gesehen?«
    »Am Morgen, ehe er zur Arbeit fuhr. Zum Bautrupp am I 75.«
    »Wirkte er dabei irgendwie anders als sonst?«
    »Nein.«
    »Wissen Sie, ob er sich hin und wieder vom Bautrupp entfernte? Aus welchen Gründen auch immer… zwischen dem 175 und Sweetwater liegen ja doch ein paar Meilen. Ist er vielleicht an diesem Tag der Arbeit ganz ferngeblieben?«
    »Warum fragen Sie das?«
    »Weil ich nach einer Erklärung dafür suche, daß er hier getötet wurde und nicht oben am Everglades Parkway.«
    Sie schluckte. »Ich weiß es nicht«, sagte sie leise. »Das hat mich auch schon der Sheriff gefragt.«
    »Hat Ihr Verlobter jemals den Namen Accosto erwähnt?« fragte Tendyke. »Oder Don Manfrede Accosto?« Brenshaw schüttelte den Kopf. »Oder Ma-Chona?«
    »Wer soll das sein?«
    »Beide sind längst tot, aber ich mußte die Frage stellen, weil ich befürchte, daß Mister O’Cann mit beiden oder einem von ihnen zu tun hatte. Ich danke Ihnen, Miss Brenshaw, und ich werde Sie nicht weiter behelligen. Es sei denn, es gibt eine Möglichkeit, daß ich Ihnen irgendwie helfen kann. Falls Sie durch Mister O’Canns Tod finanzielle Schwierigkeiten bekommen…«
    »Ich schaffe das schon«, sagte sie. Er lächelte. »Mißverstehen Sie das nicht als einen Annäherungsversuch. Ich biete wirklich nur Hilfe an, ohne jede Verpflichtung. Ich lasse Ihnen nicht mal meine Karte hier. Sie können mich über das Büro des Sheriffs nachrichtlich erreichen. Okay?«
    »Okay«, flüsterte sie.
    »Und ich werde alles tun, damit der Mörder zur Rechenschaft gezogen wird«, versprach er. »Viel Glück, Lady.« Er ging.
    Er fühlte, wie sie ihm nachstarrte, hinter der Gardine des
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