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064 - Der Frauenhexer

064 - Der Frauenhexer

Titel: 064 - Der Frauenhexer
Autoren: Earl Warren
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Viktor.“
    „Was denn? Haben Sie jemanden gesehen?“
    „Nein, aber ich hörte eine Stimme. Sie nannte mich‚ Roxane’.“
    Ein paar Statisten und Mitglieder des Drehstabes, die in der Nähe standen, sahen einander an. Viktor Schultz-Breitenberg runzelte die Stirn.
    „Sie haben das deutlich gehört, Linda?“
    „Ja, und ich spürte einen kalten Hauch im Nacken.“
    „Wohl wieder der Witzbold von gestern nacht. Der Vogel kann sich auf etwas gefaßt machen, wenn ich ihn erwische. Bringt mir den ganzen Drehplan durcheinander mit seinen dummen Scherzen. Beruhigen Sie sich, Linda. Ich sehe schnell im Haus nach, dann drehen wir die Szene ab, okay?“
    Linda nickte. Schultz-Breitenberg verschwand im Haus. Kurz danach kam er zurück, zuckte mit den Schultern. Wie erwartet, hatte er niemanden angetroffen.
    Linda und der Regisseur gingen hinter das alte Wirtshaus. Von hier aus hatte man einen schönen Blick auf das Tal, den kleinen Fluß und die Stadt, deren Kern aus einem Marktplatz, einem sehr alten Rathaus und einigen Fachwerkhäusern bestand. Linda setzte sich auf eine Bank, die in einer Laube aus wild wuchernden Rosen stand.
    Rechts von ihr stand eine Kamera auf einer fahrbaren Bühne, die gehoben und gesenkt werden konnte. Eine zweite Kamera nahm Linda von vorn auf.
    Die Szene stammte aus dem Mittelteil des Filmes. Linda – oder Roxane von Falkenfels – wartete auf ihren Geliebten, den Hexenmeister. Eine ernste Aussprache stand bevor. Linda sollte den Mann bitten, von seinem bösen Treiben abzulassen.
    Die Kamera surrte. Linda blickte sorgenvoll über das Tal, wie die Rolle es vorschrieb. Plötzlich spürte sie eine Berührung auf der nackten Schulter. Eine kalte Hand lag dort, ganz leicht. Linda wandte den Kopf. Sie spürte die Berührung, aber sie sah nichts.
    Eine leise Stimme flüsterte: „Roxane, Geliebte.“
    Mit einem Schrei sprang Linda auf. Thorsten Thorn trat hinzu, im schwarzen Umhang und mit bleichem, dämonischem Gesicht.
    „Aus, aus“, schrie Schultz-Breitenberg. „Die Einstellung müssen wir wiederholen. Linda, was war denn los?“
    „Es war … wieder diese Stimme“, flüsterte Linda.
    Ihr Gesicht war leichenblaß. Das hielt Schultz-Breitenberg davon ab, sie heftig anzufahren. Die Kameraleute sahen Linda Scholz merkwürdig an. Würde sie durchdrehen, vielleicht sogar einen Nervenzusammenbruch bekommen?
    Schultz-Breitenberg nahm Linda auf die Seite und sprach väterlich auf sie ein.
    „Also, Linda, was ist los mit Ihnen? Wir haben schon zwei Filme zusammen gemacht. Ich kenne und schätze Sie wegen Ihrer fachlichen Qualitäten, Ihrer Ruhe und Zuverlässigkeit. Sie sind ein Star ohne Allüren. Aber heute kenne ich Sie nicht wieder.“
    „Wie soll ich es Ihnen erklären, Viktor? Ich höre eine Stimme. Sie nennt mich‚ Roxane’, wie jenes Mädchen, das ich zu spielen habe. Und etwas Kaltes berührt mich. Ach, Viktor, was ist das nur?“
    Schultz-Breitenberg atmete tief durch.
    „Versuchen Sie es noch einmal, Linda. Max wird sich ganz in Ihrer Nähe aufhalten. Das ist doch alles nur Einbildung.“
    Gehorsam setzte sich Linda Scholz wieder auf die Bank unter den wilden Rosen.‚ Einstellung 203. Außen. Tag. Zweite.’ Schrieb der Klappenmann auf die Tafel.
    „Ruhe, wir drehen“, rief der Regisseur. Eine laute, elektrische Hupe gab das Signal, daß die Aufnahme begann.
    Das Surren der Kamera war das einzige Geräusch. Das Mikrophon war zwischen den wuchernden Rosen verborgen. Linda Scholz schaute über das Tal.
    Thorsten Thorn in seinem schwarzen Umhang kam um die Ecke des Wirtshauses. Die zweite Kamera erfaßte ihn, begann jetzt gleichfalls zu surren. Thorn setzte sich neben Linda auf die Bank. Linda rückte ein wenig von ihm ab. Er ergriff ihre Hand.
    „Roxane, wie lange haben wir uns nicht gesehen!“ sagte Thorn. „Ich hatte solche Sehnsucht nach dir.“
    Er versuchte, Linda zu küssen, doch sie drehte den Kopf zur Seite.
    „Ich muß mit dir reden, Gilbert. In der Stadt wird allerlei gemunkelt, von Hexensabbaten und dunklem Zauber im Galgenwirtshaus.“
    „Altweibergeschwätz!“
    „Du solltest es ernst nehmen. Mein Vater, Bodo von Falkenfels, wird dich verhaften lassen, wenn die Bauern und Bürger ihn weiter bedrängen. Auch der Abt des Klosters ist gegen dich.“
    Thorn rückte an Linda heran, zog sie an sich. Die Kamera fuhr näher.
    „Glaubst du ihnen etwa, Roxane? Gibst du etwas auf die Stimmen der Verleumder?“
    „Manchmal weiß ich nicht, was ich denken und glauben
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