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0637 - Nackt in die Hölle

0637 - Nackt in die Hölle

Titel: 0637 - Nackt in die Hölle
Autoren: Jason Dark
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niemand auf dem Gelände.
    »Sie ist der erste Schild gegen die bösen Geister, verstehst du das? Diese Hecke ist eine Versicherung. Die Leute haben sie früher angepflanzt, um sich zu schützen. Heute kauft man eine Police.«
    »Aber nicht gegen Geister.«
    »Komm mit.« Er ergriff ihre Hand und hatte es plötzlich ziemlich eilig.
    Jane lief hinter ihm her. Sie folgten einem schmalen Pfad, der etwas anstieg. An bestimmten Stellen ragten graue und rötliche Steine aus dem Erdboden. Einige dieser glatten Steine waren mit fremdartigen Zeichen bemalt worden.
    »Es sind Hexensteine«, erklärte Ritchie seiner Begleiterin auf eine entsprechende Frage hin.
    »Auch zum Schutz?«
    »Ja, gegen Gewitter und Brände. Damals brannten viele Städte ab, weil die Menschen nicht Acht gaben. Die wenigsten Häuser waren aus Stein gebaut, das konnten sich nur die Begüterten leisten. Die armen Teufel, und das waren die meisten, wohnten unter Strohdächern in Holzbuden.«
    »Du kennst dich gut aus.«
    »Das ist meine Berufung.« Er zog Jane noch schneller fort, dann nach links, wo eine mächtige Esche stand, die Jane Collins schon vorher aufgefallen war, weil sie die meisten Bäume mit ihrem dachförmigen Astwerk überragte.
    Ritchie war völlig von der Rolle. Er wirkte hektisch und gleichzeitig ruhig. Widersprüche in sich, die er durch Ausdrücke dokumentierte. Still blieb er stehen, aber mit den Armen fuchtelte er herum und wies gegen den dicken Stamm. »Schau ihn dir genau an!«, flüsterte er. »Sieh richtig hin, Süße.«
    »Klar, das ist ein Baum.« Sie lachte leise. »Eine Esche…«
    »Schön. Und was noch?«
    »Nichts noch!«
    »Doch, Süße, doch.« Er zwinkerte mit den Augen. »Wie heißt du eigentlich?«
    »Jane.«
    »Ah ja, Engländerin.« Er leckte über seine Lippen und kam wieder auf den Baum zu sprechen. »Du siehst hier einen Hexenbaum vor dir. Der Stamm ist magisch geladen.«
    »Tatsächlich?«
    »Nimm es nur nicht auf die leichte Schulter, Jane. Was ich sage, hat alles Gewicht.«
    »Meinetwegen. Ich habe auch nichts dagegen. Ich möchte nur nicht länger hier herumstehen und den Baum anstarren. Kannst du das wenigstens verstehen?«
    »Ich will dir etwas zeigen.«
    »Gut - was denn?«
    Ritchie drehte sich Jane zu. Sein Gesicht hatte einen beinahe andächtigen Ausdruck angenommen.
    »Ich werde dich durch Taten von der Magie des Baumes überzeugen.«
    »Da bin ich gespannt.«
    Er sagte nichts mehr, sondern griff in die Taschen seines Mantels. Aus der Linken holte er einen Nagel hervor, aus der Rechten einen kleinen Hammer. »Kannst du den mal halten?«
    »Sicher - warum denn?«
    »Halte ihn.«
    Jane tat ihm den Gefallen, konzentrierte sich auf Ritchie, der den Nagel mit Daumen und Zeigefinger der Rechten festhielt. Die blanke Spitze zielte in die Tiefe, genau auf den Handballen der linken Hand.
    »Und jetzt schau genau zu!«, flüsterte er. »Ich werde…«
    Jane ahnte, was kam. »Du bist verrückt!«
    »Nein!«, kreischte er in seinem hohen Falsett. »Das bin ich nicht!« In der folgenden Sekunde rammte er den Nagel nach unten und tief in das Fleisch des Handballens.
    Ein Muskel riss. Wie eine rote Fontäne sprudelte das Blut hoch. Er zog den Nagel raus, bleich im Gesicht, die Lippen zusammengepresst, aber ein Leuchten in den Augen.
    »Den Hammer, schnell!«
    Er packte ihn mit der Linken und drückte mit der anderen Hand die Spitze des Nagels in die Rinde der Esche.
    Dann schlug er zu. Mit harten Schlägen trieb er den Nagel tief in den Stamm hinein, bis nur noch sein Kopf als glänzender Fleck hervorschaute.
    Der Hammerstiel war blutverschmiert. Er steckte das Werkzeug, so wie es war, in die Tasche, holte ein Pflaster hervor und ließ sich von Jane die blutende Hand verkleben.
    »Darf ich fragen, was das sollte? Bist du zu einem Masochisten geworden, Ritchie?«
    »Nein, ganz und gar nicht. Das musste ich tun. Kennst du den alten Brauch nicht?«
    »Da bin ich überfragt.«
    »Er stammt aus den Ardennen. In den einsamen Dörfern wird er heute noch praktiziert. Der mit dem eigenen Blut befleckte Nagel wird in den Baumstamm geschlagen, um das persönliche Leid auf das Holz zu übertragen. Meine Schmerzen spürt der Baum, ich leite sie praktisch zu ihm ab. Eine tolle Sache.«
    »Und daran glaubst du?«
    »Klar.«
    »Das ist wie Bleigießen zu Silvester, auch ein heidnischer Brauch, wenn ich mich nicht irre.«
    Er schüttelte den Kopf. »Verdammt, Jane, gerade von dir hätte ich mehr Verständnis erwartet.«
    »Tut mir
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