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0628 - Die Geister vom Leichenbaum

0628 - Die Geister vom Leichenbaum

Titel: 0628 - Die Geister vom Leichenbaum
Autoren: Jason Dark
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Stelle gefunden zu haben, wo wir in den Wald hineingehen mußten.
    »Dann kommen Sie mal mit, Halifax.«
    »Ich kann auch hier warten, wenn Sie so sicher sind, Sinclair.« Plötzlich zierte er sich.
    »Nein, nein. Ich will Sie dabei haben. Vielleicht erinnern Sie sich an gewisse Dinge, wenn Sie die Umgebung sehen.«
    »Wie Sie wollen.«
    Sehr gern begleitete er mich nicht, das sah ich ihm an. Seine Augenbrauen hatte er zusammengezogen. Falten wirkten in seinem Gesicht wie tiefe Furchen.
    Vor einigen Wochen hätte ich den Wald sicherlich noch völlig normal und ohne Schwierigkeiten betreten können. Das war nach den fünf Orkanen nicht mehr der Fall.
    Wir mußten uns den Weg förmlich erobern, uns durch abgerissenes Strauchwerk kämpfen und die umgestürzten Bäume umgehen. Viel war zerstört worden, zuviel, und der Mensch hatte seine Quittung für die Umweltsünden bekommen.
    Neben einem umgestürzten Stamm blieb ich stehen, lehnte mich mit dem Rücken dagegen und wartete auf Halifax, der geduckt näher kam, dann auch stehenblieb.
    »Nun, erinnern Sie sich?«
    Er hob die Schultern. »Es ist schwer, wirklich. Nicht so direkt, wissen Sie.«
    Allmählich wurde ich sauer. »Stellen Sie sich nicht an wie ein kleines Mädchen. Sie sind hier gewesen, zum Henker! Etwas muß doch bei Ihnen haften geblieben sein.«
    »Schon - aber…« Er schaute sich um und hob die Schultern.
    Es war relativ düster. Die hohen Bäume filterten einen Teil des Lichts. Durch das warme Wetter der letzten Tage zeigten einige Zweige schon das erste Frühjahrsgrün. »Wir müßten nach einem besonders dicken Baum Ausschau halten«, erklärte er.
    »Buche, Eiche, Linde…?«
    »Eiche, glaube ich.«
    »Dann los.«
    Er ging noch nicht und malte mit den Händen etwas in die Luft. »Das Wurzelwerk ist herausgerissen worden. Es ragte aus dem Boden, wenn Sie verstehen. Nur diese Finger konnten die Totenschädel halten, die zwischen ihnen klemmten.«
    »Wunderbar. Dann wissen wir ja, auf was wir uns konzentrieren müssen, Halifax.«
    Er ging vor mir her. Ein derartiger Baum, wie er ihn mir beschrieben hatte, mußte doch zu finden sein. Meine Blicke tasteten sich durch den Wirrwarr.
    Über uns wuchsen die Kronen der mächtigen Bäume oft genug zusammen, so daß es schwer war, einzelne herauszufinden. Auch war der Untergrund nie gleich hoch. Unter altem Laub, das eine feuchte Humusschicht bildete, versteckten sich oft Luftwurzeln, die meine Füße manchmal wie zähe Finger umklammern wollten.
    Wir hatten Glück.
    Ich entdeckte ihn, denn als ich nach rechts schaute, da sah ich tatsächlich einen Baum, der sich von seiner Form her von den anderen abhob.
    Ein mächtiger Stamm schob sich in die Höhe. Wie für die Ewigkeit gewachsen. Sein Geäst verteilte sich als Dach, als wollte es andere, niedrigere Bäume schützen.
    Ich rief Halifax an, der stehenblieb, sich umdrehte und sah, daß ich auf den Baum zeigte.
    »Ist er das?«
    »Möglich.«
    Ich war schon auf dem Weg. Hinter mir hörte ich die Schritte des ehemaligen Söldners.
    Vor dem Stamm blieb ich stehen. Er war in der Tat gewaltig: Da mußten mehrere Männer schon einen Kreis bilden, um ihn umfangen zu können. Noch war mir der Blick zum unteren Ende des Stammes durch herumliegendes Geäst und einen umgestürzten Nadelbaum verwehrt.
    Ich kletterte kurzerhand durch die Fichte, drückte die biegsamen Zweige zur Seite, bekam freie Sicht - und erstarrte.
    Halifax hatte nicht gelogen.
    Aus dem Boden schob sich das gelbbleiche Wurzelwerk hervor, als würde es aus zahlreichen Armen, Händen und Fingern bestehen. An einigen der knotigen Wurzelstränge klebte Erde, das alles war normal, ebenso wie das Loch unterhalb des Wurzelwerks.
    Was mich am meisten interessierte und auch schockte, das waren die bleichen Totenschädel, die zwischen dem Wurzelwerk hingen, als hätte man sie dort festgeklemmt.
    ***
    Suko war nicht so leicht aus der Ruhe zu bringen, er hatte sich auch darüber gefreut, ein Fahrzeug geliehen zu bekommen, aber die alte Mühle wollte nicht so recht.
    Als Trenton in Sicht kam, war der Wagen schon zweimal stehengeblieben. Suko hatte ihn jedesmal anschieben müssen, um weiterfahren zu können. Da der Weg herab führte, hatte er auf dem letzten Rest der Strecke Ruhe gehabt.
    Von den drei Schlägern war nichts mehr zu sehen gewesen. Bestimmt hatten die Trenton längst erreicht, und Suko hoffte inständig, daß sie dem Ort mit seinen friedliebenden Bürgern noch nicht ihren Stempel der Brutalität
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