Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0628 - Die Geister vom Leichenbaum

0628 - Die Geister vom Leichenbaum

Titel: 0628 - Die Geister vom Leichenbaum
Autoren: Jason Dark
Vom Netzwerk:
Zuerst beim Militär, dann bei den Söldnern.
    So leicht ließ er sich nicht fertigmachen.
    Irgendwie erreichte er das Unterholz, ein wildes Sammelsurium aus zahlreichen Pflanzen, hohem Unkraut und Farnen.
    Gräser drangen in seinen offenen Mund, schnitten mit ihren scharfen Kanten in seine Lippen, rissen sie blutig, woran sich Halifax nicht störte, denn er war andere Dinge gewöhnt.
    Vielleicht war es genau das Verkehrte, bei diesem Sturm in den Wald zu kriechen, denn gespaltene und fallende Bäume brachten Lebensgefahr, aber der Wald konnte ihm möglicherweise auch die nötige Deckung geben.
    Über ihm tobte eine Hölle. Sie produzierte Geräusche, die er noch nie gehört hatte.
    Da klapperte und schlugen die Zweige gegeneinander, als wollten sie das Stockfechten üben. Da jaulte der Wind, da heulte er wie Tausende von jammernden Seelen, da schrieen Geister ihre Not hinaus, da wirbelten Äste und Zweige durch die Luft wie Papierschlangen, erreichten irgendwann einmal den Boden, schlugen oder streiften gegen Halifax, der das Fluchen eingestellt hatte. Es kostete ihn nur Kraft, und Kraft brauchte er, um zu überleben.
    Auch wenn er die Augen öffnete, konnte er nicht viel erkennen. Um ihn herum war die Welt zu einem rasanten Wirbel geworden. Er zerrte an ihm, die Hände waren einfach überall, etwas klatschte feucht gegen sein Gesicht. Staub drang in seine Augen und wurde erst vom Tränenwasser wieder hinausgespült.
    Irgendwann rutschte er plötzlich, ohne sich festhalten zu können. Er war in eine Mulde gekrochen, sank hinein in das Laub wie in ein großes Kissen.
    Plötzlich überkam ihn ein Glücksgefühl, er lachte in den Sturm hinein, wühlte sogar mit seinen eigenen Händen noch Blattwerk hoch. Die Erleichterung über das Finden dieses Platzes, mußte sich einfach Bahn verschaffen, und er schrie dem Sturm entgegen: »Du kriegst mich nicht, du verfluchter Orkan.«
    Die Worte wurden ihm von den Lippen gefetzt, was ihm auch nichts ausmachte, er kippte nach hinten und schaute in die Höhe, weil er von den Bewegungen des Waldes etwas mitbekommen wollte, um es in seinem Gedächtnis zu bannen.
    Es war eine andere Welt. Obwohl Nacht, wirkte der Himmel nicht so dunkel. Halifax dachte daran, daß der Sturm sogar die Zeiten verschieben wollte. Aus der Nacht machte er den Tag, und aus dem Tag die Nacht, denn ein ähnliches Bild bot der Himmel über den Baumkronen.
    Dunkelheit und fahle Helle. Licht, Schatten und gewaltige Wolkenwülste. Das war schon beeindruckend. Der Himmel zeigte wirklich ein gewaltiges Inferno.
    Weshalb er laut auflachte, wußte Halifax wohl selbst nicht. Vielleicht deshalb, weil er an seinen Onkel dachte, diesen vertrauensseligen Narren, der ihn unbedingt nach so vielen Jahren hatte sehen wollen und sich bestimmt nur wundern würde, denn die Pläne des Neffen sahen ihm gegenüber sehr böse aus.
    Nichts um ihn herum war ruhig. Alles bewegte sich. Die Bäume, der Boden, der Humus, das Krachen und Schlagen war die perfekte Begleitmusik. Je mehr Zeit verging, um so starker gewöhnte sich der Mann an das Inferno und schaffte es zudem, einen klaren Gedanken zu fassen. Die Furcht und die Wut waren etwas zurückgedrängt worden, er konnte darangehen, seine neue Umgebung zu betrachten.
    Trotz der nächtlichen Finsternis sah er den Wald als eine unheimliche Kulisse eines Bühnenbildes an.
    Sie bewegte sich, sie ächzte, sie stöhnte, sie wurde umheult, und selbst mächtige Eichen hatten Mühe, der Gewalt des stürmischen Infernos zu trotzen.
    Ein besonders stark gewachsener Baum mit einem gewaltigen Stamm stand in seiner Nähe. Halifax brauchte nur den Kopf etwas nach links zu drehen, um ihn zu erkennen.
    Einen derartigen Baum hatte er in diesen Breiten noch nie gesehen. Das war schon ein Ereignis, so wuchtig und mächtig, so stark.
    Auch er wurde geschüttelt, als die Böen in ihn hineinfuhren und sich wild auf ihn stürzten.
    Doch der Stamm hielt.
    Oder nicht?
    Halifax hatte sich abwenden wollen, als ihm plötzlich etwas auffiel, was ihm einen Schauer über den Rücken trieb. Eine besonders starke Windbö war gegen den Baum geschlagen und hatte wie gewaltige Hände in die Erde hineingegriffen.
    Davon war die unmittelbare Umgebung des Baumes betroffen worden, und der mächtige Stamm schien sich aufbäumen und noch einmal stark Luft holen zu wollen.
    Er konnte es nicht sehen, aber Halifax wußte sehr genau, daß er totenbleich wurde. Sein Gefühl sagte ihm, daß etwas mit dem Baum geschehen würde. Dabei
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher